John McEnroe im Jahr 2022

65. Geburtstag John McEnroe - ein Tennis-Flegel im Wandel der Zeit

Stand: 16.02.2024 07:26 Uhr

Früher verbreitete John McEnroe auf dem Tenniscourt Angst und Schrecken. Heute ist er ein beliebter TV-Experte. Kaum jemand hat sich so verändert wie der nun 65-Jährige.

Wahrscheinlich hat er die größte Metamorphose im internationalen Tennis, vielleicht sogar im gesamten Sport hingelegt: von einem Akteur, der wegen seiner Spielstärke respektiert und wegen seines Charakters und den daraus resultierenden Wutausbrüchen gefürchtet, von manchem sogar gehasst wurde, zu einem, der sich zu einem charmanten, beliebten und geachteten TV-Experten entwickelt hat: John McEnroe ist und war schon immer ein Grenzgänger.

Zu seinem Wandel um 180 Grad hat sich McEnroe nicht erst in seinem fortgeschrittenen Alter von nun 65 Jahren (am 16. Februar 2024 feiert er seinen Geburtstag) entschieden.

Scherze auf eigene Kosten

Früher, in der Umkleidekabinen, da war es sein Markenzeichen, den Gegner vollständig zu ignorieren. Idealerweise, um den Kontrahenten damit einzuschüchtern, um schon einmal eine gelungene Vorarbeit für das anstehende Match und den Sieg zu leisten. Beim Tennis gab es keine Freude und keine Freunde für McEnroe.

Der amerikanische Tennisprofi John McEnroe jubelt über seinen Sieg am 04.07.1981 in Wimbledon

John McEnroe jubelt 1981 über seinen Sieg in Wimbledon

Heutzutage, als mittlerweile langjähriger und erfolgreicher TV-Experte, sind McEnroe solche Psycho-Spielchen völlig fremd. Vielmehr hat der 1959 in Wiesbaden geborene Sohn eines Air-Force-Soldaten schon lange seine selbstironische Seite entdeckt und kann Scherze auch auf seine eigenen Kosten machen. Was für ein Wandel.

Kein Respekt - auch nicht vor Schiedsrichtern

Die Tennisfans, die McEnroe noch live auf den großen Turnieren weltweit haben spielen sehen, werden sich an einen eher ungehobelten, respektlosen, aber dennoch hochtalentierten Spieler erinnern können, der auch vor den Schiedsrichtern nicht Halt machte.

"You cannot be serious (Das kann nicht dein Ernst sein)", schleuderte er den Schiedsrichtern entgegen, wenn er sich wieder einmal benachteiligt fühlte. Und das war noch ein vergleichsweise harmloser verbaler Ausfall. Einmal, bei den Australian Open im Jahr 1990, beleidigte McEnroe den Mann auf dem Schiri-Stuhl derart massiv, dass er daraufhin disqualifiziert wurde.

John McEnroe diskutiert mit dem Schiedsrichter

John McEnroe diskutiert lautstark mit einem Schiedsrichter.

Von den zertrümmerten Schlägern, Blumenkästen, Netzpfosten und so weiter gar nicht zu sprechen. Er verließ auch schon einmal wutentbrannt den Platz, wenn es nicht so lief, wie er es wollte.

Die Zuschauer fühlten sich bestens unterhalten

Die Tennisfans verziehen ihm diese Aussetzer zumeist, weil er etwas zu bieten hatte, das vergleichsweise kaum jemand anderes vorweisen konnte: ein äußerst gefühlvolles Händchen, das ihm viele sportliche Erfolge bescherte.

Sein Serve-and-Volley-Spiel war geradezu atemberaubend. Vier Mal gewann er so die US Open, drei Mal Wimbledon. Zu Beginn der 80er Jahre stand McEnroe 170 Wochen lang an der Spitze der Weltrangliste, gewann 77 Turniere im Einzel und 72 im Doppel. McEnroe hatte einen sehr hohen Unterhaltungswert. Das ist ihm bis heute eigen, auch wenn er mittlerweile seinen natürlichen Witz und Humor für seine Sache nutzt.

Noch heute schlägt er auf der Senioren-Tour auf, wo er die Fans, meist mit inszenierten Wutausbrüchen, bestens unterhält.

John McEnroe, ein liebenswerter Flegel - dass er dieses Urteil nach seiner brillanten Karriere mal hören würde, damit hätte er sicher selbst nicht gerechnet.