Tennis | Frauen Tennisspielerin Iga Swiatek - alles andere als eine Eintagsfliege

Stand: 18.04.2022 08:24 Uhr

Ihr Aufstieg ist kometenhaft - aber anders als viele junge Tennisspierinnen will Iga Swiatek an der Spitze der Tennis-Weltrangliste bleiben. Dabei helfen der jungen Polin auch Kreuzworträtsel und Sudokus.

Das schönste Geschenk war eine richtig fettige Pizza. Direkt nach dem Sieg von Iga Swiatek bei den Miami Open Anfang April gegen Naomi Osaka (6:4, 6:0). Noch auf dem Ergometer sitzend und regenerierend, bekam Swiatek eine große Pappschachtel überreicht. "Wenn man einen Monat lang jeden Tag gesundes Essen isst", teilte sie lächelnd mit und riss sich genüsslich ein großes Stück hinaus. Dieses Stückchen Unvernunft hatte sie sich verdient.

Es war die Belohnung einer überaus erfolgreichen Zeit mit 17 Einzel- und drei Turniersiegen (Doha, Indian Wells und eben Miami) in Folge.

Noch ein paar Tage später war die 20-Jährige dann sogar die Nummer eins der Welt: Nachdem die Australierin Ashley Barty ihre Karriere überraschend beendet hatte und die Nummer zwei Swiatek automatisch auf die Eins hoch rutschte. "Es gibt keine Bessere. Sie ist ein unglaublicher Mensch, eine großartige Tennisspielerin", sagte Barty über ihre Nachfolgerin. Beim WTA-Turnier in Stuttgart gilt Swiatek nun ebenfalls als Topfavoritin auf den Titel.

2020 begann der Aufstieg

Tatsächlich hat die junge Polin einen kometenhaften Aufstieg hingelegt, der erst im Jahr 2020 begann. Bis dahin war Swiatek nur Tennis-Insidern bekannt. Aber das sollte sich eindrucksvoll ändern: Mit gerade 19 Jahren und als 54. der Weltrangliste stürmte sie ohne Satzverlust zum Titel bei den French Open und sicherte sich ihren ersten Grand-Slam-Erfolg.

Swiatek ist alles andere als eine Eintagsfliege, die wie andere Spielerinnen auf einmal auftaucht und danach kaum noch im sportlichen Rampenlicht erscheint - wie etwa Jelena Ostapenko, die 2017 als ungesetzte Spielerin die French Open gewinnen konnte und danach nur noch im großen Becken der Profis mitschwamm.

Swiatek wies in diesen Tagen eindrucksvoll mit ihren Turniersiegen nach, dass sie wohl noch einige Jahre eine gewichtige Rolle auf der WTA-Tour spielen wird.

Intensive mentale Unterstützung

Natürlich weist Swiatek neben einem großen Tennis-Talent einen mindestens genauso großen Arbeitswillen auf. Ohne diese Attribute hat es schließlich noch niemand an die Spitze der Weltrangliste geschafft. Aber Swiatek setzt neben dem obligatorischen Schlagtraining vor allem auf mentale Hilfe, die ihr einen zusätzlichen Kick zu geben scheint.

Die ehemalige polnische Top-Seglerin und heutige Psychologin Daria Abramowicz, die sich nach ihrer Karriere auf die Betreuung von Spitzensportlern spezialisiert hat, begleitet Swiatek seit 2019. Und ihre Aufgaben gehen über die sportlichen Belange hinaus. So geht es bei der Zusammenarbeit mit Swiatek etwa auch um die privaten Angelegenheiten der Spielerin.

Abramowicz spricht mit ihr über ihre Ängste und Träume, über ihre Beziehungen zu anderen Menschen. "Den menschlichen Anker", wie Abramowicz es nennt. Sie unterstützt den menschlichen Reifeprozess Swiateks, ohne dabei den Fokus auf den Sport zu verlieren. "Es ist unmöglich, ein Champion zu werden, wenn man keine grundlegende Freude hat und seine Bedürfnisse als Mensch nicht erfüllt und befriedigt werden", sagte Abramowicz jüngst der "New York Times".

Mathematik statt Stress auf dem Platz

Deshalb greift die Psychologin durchaus aktiv in den Sport ein. Bei Trainingseinheiten lässt sie Swiatek medizinisches Gerät tragen um zu erkennen, wann ihr Stresslevel besonders hoch ist. Dann versucht Abramowicz Lösungen zu finden, wie sie die größten Drucksituationen abmildern kann.

Bei den Australian Open 2020 war Abramowicz etwa aufgefallen, dass Swiatek viel lockerer in ihre Matches geht, wenn sie vorher Aufgaben für die Schule - vorzugsweise in Mathematik - bearbeitete. Mittlerweile hat sie die Schule abgeschlossen, deshalb kümmert sich Swiatek nun statt um Hausaufgaben um Sudokus und Kreuzworträtsel als Aufwärmprogramm und stressreduzierende Maßnahme.

"Ich habe gegen einige der größten Spieler gewonnen. Das kann einen manchmal ganz schön durcheinander bringen", sagte Swiatek jüngst. Mittlerweile ist sie allerdings selbst zu einer großen Spielerin gereift, mit dem Potenzial, den Damen-Tennissport in den kommenden Jahren entscheidend mitzuprägen. "Wir haben uns für den Erfolg vorbereitet", sagt Abramowicz.