Tennis Billie Jean King: "Immer noch jede Menge Sexismus im Tennis"

Stand: 10.11.2021 20:00 Uhr

"Immer noch jede Menge Sexismus im Tennis", sagt Billie Jean King im Interview. Die 77-jährige Ex-Weltklassespielerin und Vorreiterin für Gleichberechtigung hat eine klare Botschaft.

Von Jannik Schneider

Sie hielt es nicht mehr aus. Noch ehe der Fragensteller seine Frage zu Ende formuliert hatte, fing Billie Jean King an zu lachen – nicht etwa aus Respektlosigkeit: Doch bei bestimmten Themen wird die 77-Jährige noch immer ungeduldig. So sprudelte es aus der 39-maligen Grand-Slam-Siegerin (zwölf Titel im Einzel) sofort heraus.

"Sie haben absolut recht. Es gibt immer noch eine ganze Menge Sexismus, den wir Frauen erfahren", sagte die Amerikanerin in einer kleinen Medienrunde am Rande des Billie-Jean-King-Cups in Prag und nahm damit Bezug auf ein Sportschau-Interview, in dem Andrea Petkovic "latenten Sexismus" und ungleiche Ansetzungen bei Turnieren im Tennissport anprangerte. Die deutsche Tennisspielerin erklärte unter anderem: "Nach Spielen erhalten wir Frauen in den sozialen Medien immer aufreizende Nachrichten und Kommentare. Dort werden immer unsere Outfits diskutiert, wie wir unsere Haare tragen."

Billie Jean King: Blaue Schuhe, Vorreiterin und das "battle of the sexes"

Überrascht war King von diesen Aussagen selbstredend nicht. Sie und ihre Mitstreiterinnen haben die ganze Bandbreite an offen zu schau getragenem Sexismus, an Ungleichberechtigung und unfairen Bedingungen Ende der 1960er und Anfang der 1970er erfahren. Wie keine andere wehrte sie sich gegen die Zustände, kämpfte zunächst für eine Professionalisierung des Sports, wenig später für finanzielle Gleichberechtigung. Unter Androhung eines Boykotts gelang der damals 29-Jährigen 1973 Historisches.

Als erstes (Grand-Slam)-Turnier überhaupt zahlten die Verantwortlichen der US Open der Siegerin erstmals das gleiche Preisgeld wie bei den Herren (damals 10.000 US-Dollar). Im selben Jahr gründete King bei einem Treffen mit mehr als 60 Spielerinnen die WTA-Tour, die bis heute besteht und im Spitzensport der Frauen eine Vorreiterrolle in Sachen Vermarktung und Preisgeld einnimmt. Neun der zehn bestbezahlten Athletinnen der Welt sind laut Forbes Tennisspielerinnen. Um das zu ermöglichen, hatte sich King 1971 mit acht Mitstreiterinnen abgekapselt und Ein-Dollar-Verträge unterzeichnet.

Billie Jean King: "Schafft die bloß aus dem Weg"

Kings Botschaft heute: Keine Sportart steht bei den Frauen so gut da wie Tennis. Verständnis für Petkovic zeigte sie dennoch: "Als ich die French Open gespielt habe, haben wir immer die schlechtesten Plätze und Ansetzungen erhalten so nach dem Motto: Schafft die bloß aus dem Weg. Und das war leider bei vielen Events so", sagte King auf Sportschau-Anfrage. Sie habe als Spielerin immer die direkte Kommunikation gesucht zu den Verantwortlichen. Und das sei auch heute noch der richtige Lösungsansatz.

Billie Jean King: Appel an Männer in Führungspositionen

King traf am Rande des Nachfolger-Wettbewerbs des Fed Cups in Prag in der vergangenen Woche fast alle der teilnehmenden zwölf Nationalmannschaften, suchte das Feedbackgespräch. Und erklärte, was zu tun ist: "Die Menschen in den Führungspositionen, also die, die Turniere führen und über Ansetzungen entscheiden, die müssen sich ändern. Es hilft, wenn man Männer in Führungspositionen sensibilisiert und mit ihnen redet. Sie können einen Unterschied machen."  Als Beispiel nannte sie ITF-Präsident David Haggerty, der nach der Reformierung nun beim Davis Cup und dem Billie-Jean-King-Cup das gleiche Preisgeld ausschüttet.

Haggerty, dem gewieften sportpolitischen Strippenzieher, ist mit dem auf Billie Jean King zugespitzten Re-Branding ein Coup gelungen. Trotz bekannter Probleme (Zuschauermangel bei Spielen ohne Gastgeber) des neuen Wettbewerbs im WM-Format könnte das Event so langfristig einen anerkannten Platz im überfüllten Turnierkalender finden. King verriet gar, dass Haggerty im Hintergrund intensiv versucht hatte, das Teamevent und die WTA-Finals der besten acht Spielerinnen an einem Ort zu verbinden – vergebens. Das Verhältnis zwischen der ITF und der WTA gilt als schwierig. Wie das zu verbessern ist, darauf hatte auch King keine Antwort parat.