Mainz-05-Sportvorstand Heidel im Trainingslager in Schladming

Fußball | Bundesliga Exklusive Einblicke: So funktioniert ein Bundesliga-Transfer bei Mainz 05

Stand: 01.08.2023 08:16 Uhr

Mainz-05-Sportvorstand Christian Heidel gibt einen seltenen Einblick hinter die Kulissen eines Bundesliga-Transfers. Und erzählt, welche Rolle Jürgen Klopp dabei noch immer spielt.

In der Regel finden Bundesliga-Transfers eher im Verborgenen statt. Meistens erfährt die Öffentlichkeit nur, wenn ein Spieler einen Vertrag bei einem neuen Verein unterschrieben hat. Ab und zu stechen Insider ein paar Informationen an die Medien durch. Dann ist schon zu lesen und zu hören, wenn ein Verein Interesse bekundet. Der Weg dorthin bleibt meist verborgen.

YouTube-Video von SWR Sport Fußball : "Mainz 05 schuftet, schwitzt und hat Spaß in Schladming - DEIN FSV #73 | SWR Sport"

Am Rande des Trainingslagers in Schladming hat Mainz-05-Sportvorstand Christian Heidel ein paar exklusive Einblicke ins Transfergeschäft gegeben - oder zumindest: Wie Mainz 05 in solchen Fällen vorgeht. Beispiel: Neuzugang Sepp van den Berg. Seit 2019 war der Innenverteidiger beim FC Liverpool unter Vertrag, dem Team des ehemaligen Mainzer Erfolgscoachs Jürgen Klopp. "Ich hatte letztes Jahr im Sommer ein Gespräch mit Jürgen Klopp. Wir haben ja einen sehr, sehr stetigen Austausch. Da frage ich immer: Ist da irgendeiner, den ihr abgeben wollt? Dann hat er damals schon van den Berg genannt", verrät Heidel im Interview mit SWR Sport. Doch Chefcoach Bo Svensson legte erst einmal sein Veto ein: "Der Bo kannte ihn aus der Jugend in Dänemark und meinte: Ich glaube nicht, dass es das Richtige ist."

Mainz 05 und van den Berg war Liebe auf den zweiten Blick

Doch manchmal braucht es einen zweiten Blick, um zueinanderzufinden. Denn van den Berg wechselte für eine Saison vom FC Liverpool zu Schalke 04 und spielte trotz des Schalker Abstiegs eine überzeugende Saison: "Dann kam er irgendwann zu mir, nachdem van den Berg bei Schalke gespielt hat, und meinte, der ist top. Seitdem haben wir versucht, den Kontakt aufzubauen."

Alle Spieler müssen durch den "Mainz-05-Charakter-Test"

Erst einmal hieß es jedoch warten. "Die Möglichkeit gab es auch erst dann, als der Abstieg von Schalke feststand und der Spieler in der Bundesliga bleiben wollte." Denn erst nach dem letzten Spieltag war klar: Schalke muss wieder runter. Van den Berg kehrte zum FC Liverpool zurück und der Weg war frei für die Mainzer Verantwortlichen.

Sportlich schien alles klar - Zweikampf-Werte, Pass-Quoten, Anzahl der überspielten Gegner - das alles ist in einschlägigen Datenbanken abrufbar. "Wir schauen ja nicht nur auf die sportliche Qualität. Ganz wichtig ist immer, dass so eine Mannschaft funktioniert." Also musste van den Berg zum Bewerbungsgespräch. Das schildert Heidel so: "Man trifft sich. Man lädt die Spieler ein. Der Berater kommt mit, und dann sind alle überrascht, dass ich zum Spieler sage: Jetzt gehst du mal mit dem Trainer in den nächsten Raum rein. Und wir kommen gar nicht mit. Dein Berater bleibt brav hier, wir bleiben hier. Und dann versuche ich zu erklären: Der wichtigste Ansprechpartner in diesem Verein ist dein Trainer. Mit mir hast du eigentlich überhaupt nichts zu tun. Rede mit dem über Fußball, wir reden nicht rein. Rede mit dem zwei Stunden, rede mit dem drei Stunden."

Heidel und Svensson mit viel Überzeugungsarbeit

Heidel baut dann ganz auf die Überzeugungskraft von Bo Svensson: "Bo hat dann eine Art an sich. Und da unterscheidet er sich vielleicht von anderen Trainern, die den Spielern sagen: Du bist der Beste, du bist der Schönste, bei mir spielst du immer 90 Minuten. Bo zeigt ihnen anhand von Videos, was er verbessern will. Er gibt den Spielern das Gefühl, dass er bessere Spieler aus ihnen machen möchte. Und teilweise kommen die Spieler dann zurück und sind etwas verdutzt, denn er hat sie nicht zwei Stunden lang gelobt, sondern er hat auch gesagt: Die Dinge musst du verbessern. Und dann merkt man, ob die Chemie zwischen Trainer und Spieler passt."

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Wann passt ein Spieler zu Mainz 05?

Erst danach ist der Sportdirektor an der Reihe: "Dann geht Bo weg, und ich erzähle den Spielern etwas über Bo. Wie arbeitet er? Was für ein Spieler musst du sein, um in Mainz eine Chance zu haben? Wenn dann der Trainer im Raum ist, ist auch schlecht." Auf diese Weise, so Heidels Hoffnung, bekommt der Spieler einen möglichst kompletten Eindruck, was ihn erwartet, wenn er sich für Mainz 05 entscheidet.

Es folgt eine Zeit des Nachdenkens: "Dann fragen wir nicht: Willst du nach Mainz kommen? Sondern wir sagen: Jetzt fahr erstmal nach Hause, sprich mit deinem Berater, sprich mit deiner Familie. Und in ein, zwei Tagen meldest du dich, und sagst uns, ob es Sinn macht, mit deinem Berater über wirtschaftliche Dinge zu sprechen. Wir sagen dem Spieler aber auch klar: Ich werde mir die Eindrücke von Bo holen, werde auch selbst nochmal in mich gehen und auch wir werden erst in den ein, zwei Tagen sagen, ob du der Richtige für Mainz bist."

Warum Jürgen Klopp für Mainz 05 noch immer wichtig ist

Bei van den Berg waren sich die Mainzer schnell einig. "Das war so ein Mosaikstein, wo wir sagten: Der passt da gut rein. Ich finde, das ist ein Top-Typ." Bei van den Berg kam den Mainzern zugute, dass sie in Liverpool mit Jürgen Klopp einen prominenten Fürsprecher hatten: Er habe von Klopp "nur Gutes über die Stadt und den Verein gehört", sagte der 21-jährige Niederländer. "Er war sehr positiv und ich glaube, er wird genau hinschauen, wie ich spiele."

Die Art der Verhandlungsführung komme bei Spielern und Beratern eigentlich ganz gut an, meint Heidel. Bei van den Berg hat das offensichtlich funktioniert: "Der Spieler hatte sich dann auch sehr schnell für uns entschieden. Die Verhandlungen mit Liverpool waren etwas problematischer und haben sich dann über Wochen hingezogen. Zum Glück hat es dann ein gutes Ende gegeben."