Der Berliner Rugby-Profi Oskar Rixen. / @CABriveRugby

Profi in Frankreich Oskar Rixen lebt seinen Rugby-Traum

Stand: 18.10.2022 06:06 Uhr

2012 hatte Oskar Rixen erstmals einen Rugbyball in der Hand. Zehn Jahre später ist ihm gelungen, was vor ihm nur drei Deutsche geschafft haben: Er spielt als Profi in Frankreich in der weltbesten Rugby-Liga.

Von Denis Frank

Wenn Oskar Rixen zuhause auf den Straßen in Dahlem unterwegs ist, zieht er ebenso die Blicke der Passanten auf sich, wie in seiner neuen Wahlheimat Brive-la-Gaillarde im Süden Frankreichs. Während dies in Berlin in der Regel auf die hünenhafte Statur des 2,05-Meter-Mannes zurückzuführen ist, kennt man den 20-Jährigen in Brive mittlerweile als Rugby-Star des örtlichen Profi-Klubs und fragt höflich nach Fotos sowie Autogrammen.

Denn Rixen lebt gerade seinen langgehegten Traum und hat den Durchbruch in der französischen Rugby-Eliteliga Top 14 beim CA Brive geschafft. Rugby ist in Frankreichs Süden, dem Midi, eine Art Religion und die Kleinstadt Brive ist da eher die Regel als eine Ausnahme. In das Stade Amédée-Domenech passt fast exakt ein Drittel der rund 48.000 Einwohner und bei Heimspielen ist es bis zum letzten Platz gefüllt. "Meine erste Profi-Saison in einer dermaßen Rugby-verrückten Stadt zu erleben, ist großartig", sagt Rixen im rbb|24-Interview.

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Als erst vierter Deutscher in die Top 14

Sein Verein Club Athlétique Brive blickt auf eine stolze 112-jährige Tradition, vier französische Vizemeistertitel, sowie einen Europacupsieg im Jahr 1997 zurück. Die sportliche Realität heißt aktuell aber Abstiegskampf in der Top 14 und Rixen ist mittendrin. In der noch jungen Saison hat der Berliner vier Einsätze im schwarz-weißen Maillot von Brive in der zweiten Sturmreihe gefeiert - zwei davon von Beginn - und bereits damit hat Rixen alle Erwartungen übertroffen.
 
Nur drei Deutsche vor ihm haben es in der professionellen Ära seit 1995 überhaupt in die Top 14 geschafft - sie stammten allesamt aus den deutschen Rugby-Hochburgen Heidelberg und Hannover und keinem gelang der Sprung in dermaßen jungem Alter.
 
Der Berliner Rixen wurde im Sommer eigentlich noch als U21-Spieler für die Nachwuchsmannschaft von Brive verpflichtet. Einsätze bei den Profis waren da noch nicht unbedingt abzusehen. Aber wie so oft in seiner noch jungen Karriere konnte Rixen das Trainerteam um den irischen Coach Jeremy Davidson überzeugen.
 
Davidson - zu Wochenbeginn wegen des ausbleibenden Erfolgs entlassen und interimsweise durch Arnaud Mela ersetzt -, spielte einst selbst wie Rixen in der zweiten Sturmreihe. Der junge Berliner beeindruckte ihn nicht nur mit seiner physisch imposanten Statur, sondern auch mit seiner Determination und seinem Arbeitsethos. So hatte es Rixen vor gut zwei Jahren direkt nach dem Abitur aus der Jugend des Berliner Rugby Clubs in die Akademie eines weiteren französischen Topklubs, Stade Français Paris und nun in die ersten Liga geschafft.

Sonderschichten für den Profi-Traum

"Oskars Leistung kann man gar nicht hoch genug einschätzen", sagt Colin Grzanna zu rbb|24. Der ebenso aus Berlin stammende Grzanna hat Oskar Rixens Weg an die Spitze über Jahre hinweg als Jugendtrainer verfolgt und kann als ehemaliger Kapitän des Berliner Rugby Clubs und der deutschen Rugby-Nationalmannschaft sehr gut beurteilen, wie schwer der Sprung aus Deutschland in das französische Profi-Rugby ist. Grzanna betont, dass Rixen schon früh mit seiner Spielintelligenz und seinen technischen Fertigkeiten zu überzeugen wusste und dafür nach dem Training auch immer wieder bereitwillig Sonderschichten einlegte. "Oskar hatte schon früh eine klare Vision und hat alles dafür getan, um sich seinen Traum zu erfüllen", so Grzanna weiter.

Ein weiterer früher Wegbegleiter Rixens ist Uwe Maaser, der diesen ebenso in der Jugend trainierte. 2018 spielte Rixen - eigentlich gerade einmal alt genug um in der U16 aufzulaufen - mit Sondergenehmigung unter Maaser in der U18 des BRC und wurde deutscher Meister. Sein Ex-Trainer ist voll des Lobes über seinen ehemaligen Schützling und erklärt im Gespräch mit rbb|24: "Oskar hat einen absolut vorbildlichen Arbeitsethos, ist immer bereit an sich zu arbeiten und saugt alles über Rugby förmlich in sich auf."
 
Auch Maaser unterstreicht, dass Rixen nicht nur mit seiner imposanten Statur, sondern auch mit seinem Spielverständnis und seinen Ballfertigkeiten zu überzeugen wisse. "Sofern er von schweren Verletzungen verschont bleibt, können wir uns noch auf Einiges von ihm freuen", so die Prognose Maasers, der selbst 15 Jahre lang in der Bundesliga-Mannschaft des BRC spielte.

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Rixen bleibt bescheiden

Oskar Rixen blickt derweil, angesprochen auf seine Zukunft, zunächst noch nicht dermaßen weit voraus. Er wolle sich weiter bei seinem Klub Brive etablieren, bei dem er noch zwei Jahre Vertrag hat und nebenbei sein Studium der Fernuniversität Hagen erfolgreich abschließen. Der junge Berliner hat bereits jetzt eine "steile Lernkurve" hinter sich und erklärt, dass neben der "Aggressivität und dem Tempo" vor allem auch die "taktische Komplexität" in der französischen Eliteliga auf einem ganz anderen Niveau als in Deutschland oder in den Nachwuchs-Teams Frankreich sei. Rixen blieb in den letzten Wochen nicht viel Zeit, um sich nach dem sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser an die neue Umgebung zu gewöhnen.
 
In Toulon stand ihm bei seinem erst vierten Top-14-Einsatz überhaupt mit Cheslin Kolbe einer der größten Rugby-Stars weltweit gegenüber. Der pfeilschnelle Südafrikaner hatte das Springboks genannte Team Südafrikas im WM-Finale 2019 in Japan mit einem unnachahmlichen Solo zum WM-Titel geführt und zählt mit einem geschätzten Jahresgehalt von 1,1 Millionen Euro zu den absoluten Topverdienern des Sports. Nun steppte sich Kolbe durch die Defensive von Brive und trug maßgeblich zum klaren 47:0-Sieg des dreimaligen Europacupsiegers Toulon bei. Vom Star-Status des knapp neun Jahre älteren Cheslin Kolbe Oskar Rixen natürlich noch weit entfernt.

Aber schon nach Rixens zweitem Erstliga-Spiel adelte ihn die Rugby-Bibel "Midi Olympique", eine zwei Mal wöchentlich erscheinende Rugby-Zeitung mit einer Auflage von knapp 100.000, als einen ihrer Stars der Woche. Nicht einmal ein halbes Dutzend Spieler in der gesamten Liga spielen in Rixens Alter auf dessen körperlich besonders beanspruchender Position, auf der normalerweise ältere und erfahrenere Profis eingesetzt werden. Sollte Rixen bei Brive in den kommenden Wochen weiter überzeugen, stehen ihm die Tore zur weiten Rugby-Welt offen.