Eisbären-Geschäftsführer Thomas Bothstede (imago images/Matthias Koch)

Eisbären-Geschäftsführer Bothstede "Die Stadt ist mein Zuhause, die Eisbären sind mein Club"

Stand: 16.03.2024 13:10 Uhr

Für den Rekordmeister Eisbären Berlin beginnen am Sonntag die Playoffs. Im Interview spricht Geschäftsführer Thomas Bothstede nicht nur über die Titelchancen, sondern auch über die Nordsee, die nie zufriert, und über seinen Pilotentest bei der Lufthansa.

rbb: Herr Bothstede, beginnen wir aktuell. Am Sonntag beginnen die Playoffs um die deutsche Meisterschaft im Eishockey. Tickets gibt es eigentlich keine mehr. Werden sie oft gefragt, ob Sie noch eine Karte übrighaben?
 
Thomas Bothstede: Ja, ich habe plötzlich ganz viele Freunde in Berlin (lacht). Das ist schon bemerkenswert. Beide Spiele sind quasi ausverkauft und es kann höchstens sein, dass nochmal ein paar Karten zurückkommen. Diese Vorfreude und Euphorie um uns herum ist schon die ganze Saison lang wirklich bemerkenswert.

Leonhard Pfoederl  von den Eisbären Berlin während des Auswärtsspiels in München. Quelle: imago images/Eibner
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Die Eisbären haben den ersten Platz in dieser Saison nur knapp verpasst. Die Leistung war über die gesamte Spielzeit also sehr gut und konstant. Mit Mannheim geht es jetzt gegen den Erzrivalen, der etwas weiter unten in der Tabelle gelandet ist. Fehlt da ein bisschen die Belohnung für die starke Saison, wenn man schon so früh auf so einen großen Konkurrenten trifft?
 
Gute Frage. Ich bin jemand, der sich immer zuerst an die eigene Nase fasst. Wir hatten es selbst in der Hand, Erster zu werden, wenn wir Bremerhaven geschlagen hätten. Dann würden wir jetzt nicht gegen Mannheim spielen. Auf der anderen Seite kann man es sich nicht aussuchen und das wollen wir auch gar nicht. Das Interessante am Sport ist doch, dass alle Meister werden wollen und man am Ende des Tages sowieso jeden schlagen muss.

Sprechen wir mal über Ihre Person. Über Sie findet man im Internet fast keine Informationen. Was man herausfindet, ist, dass Sie an der Westküste in Schleswig-Holstein in Heide geboren sind. Da stellt man sich natürlich sofort die Frage, wie die Beziehung zum Eis entstanden ist. Friert die Nordsee zu?
 
Nein, tatsächlich nicht (lacht). Im richtigen Winter gibt es aber Eisschollen, das ist schön. Ich komme von der Küste und bin ein norddeutscher Jung, fühle mich aber in Berlin sehr wohl.

Sie haben in Hamburg und El Paso, Texas studiert. War das ein Kulturschock?
 
Man muss dazu sagen, dass mein Vater Berufssoldat bei der Luftwaffe war und immer von Heide nach El Paso versetzt worden ist. Mein Bruder ist sogar drüben geboren und lebt auch in Texas. Es ist also quasi meine zweite Heimat. Als ich das erste Mal rüber geflogen bin, war ich noch sehr klein. Und da kommt einem dort alles größer, schneller und weiter vor.

Dann waren Sie jahrelang als Journalist beim Fernsehen tätig, unter anderem für Sat. 1, Premiere und das DSF. Wie kam es dazu?
 
Ich hatte, als ich klein war, zwei Wünsche. Ich wollte entweder Pilot oder Journalist werden. Ich habe dann sogar bei der Lufthansa den Aufnahmetest gemacht und auch bestanden, aber man wusste damals nicht, ob man übernommen wird. Dann habe ich mich für Journalismus entschieden und angefangen Sportwissenschaft im Bereich Medien zu studieren. Mir hat am Ende ein Schein gefehlt, um das Studium zu beenden. Dann habe ich Praktika bei der Zeitung, beim Radio und beim Fernsehen gemacht. Und da bin ich hängen geblieben.

Vermissen Sie etwas von damals?
 
Nein. Es war eine unfassbar geile Zeit, aber jetzt bin ich froh, die Seite gewechselt zu haben.

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Unter den Interessen auf Ihrem Xing-Profil steht unter anderem: Reisen. El Paso haben wir abgehakt, aber was hatte es mit Ihrem Trip nach Katar auf sich?
 
Das war das größte Erlebnis meines bisherigen Lebens. Die haben in Katar versucht, die Fußball-Liga neuaufzubauen, weil sie in der asiatischen Champions League mitspielen wollten und die WM ins eigene Land holen wollten. Zu diesem Zeitpunkt war das noch nicht entschieden. Weil die WM 2006 in Deutschland noch so gut in Erinnerung war, hat Katar sich dann deutsche Experten geholt und ich durfte einer von denen sein. Ich war dann 15 Monate dort und habe sowohl für die Liga, den Verband als auch Klubs im Bereich Marketing und PR gearbeitet. Außerdem habe ich die Stadionsprecherinnen und -Sprecher ausgebildet. Das werde ich nie vergessen.

Zurück in Deutschland zog es Sie dann erstmals zum Eishockey und Sie waren sechs Jahre lang bei den Hamburg Freezers. Da gab es eine große Rivalität zum zweite Anschütz-Klub in der DEL, den Eisbären Berlin, oder?
 
Ja, das muss man schon sagen. Die Hamburg Freezers waren in allen Bereichen der kleine Bruder der Eisbären. Immer wenn wir mit der Anschütz-Gruppe Meetings hatten, war klar, dass die Berliner das größere Team sind. So war es dann leider auch sportlich.

Dann kamen Sie nach Berlin, waren aber noch nicht Geschäftsführer. Eine ehemalige Sat1-Kollegin von Ihnen beschreibt Sie als wahnsinnig lieb, extrem kollegial und einen Um-Alles-Kümmerer. Haben Sie es so dann in Berlin an die Spitze geschafft?
 
Das weiß ich nicht. Meine größten Vorbilder sind meine Eltern. Und die haben meinem Bruder und mir alles mitgegeben, was ging. Mein Bruder ist zum Beispiel auch der beste Freund, den ich habe. Wenn man so erzogen wird, ist es wichtig, dass man seinen Weg weitergeht. Egal ob als redaktioneller Mitarbeiter, Praktikant oder Geschäftsführer. Und das habe ich immer gemacht. Ich bin immer der Thomas geblieben, der Jeans, Sneaker und einen Hoodie trägt. Das habe ich meinen Eltern zu verdanken. Ich bin so wie ich bin und werde mich jetzt im Alter von 54 Jahren auch nicht mehr ändern. Der Beginn in Berlin war zwar sehr schwierig, aber mittlerweile ist die Stadt mein Zuhause und die Eisbären sind mein Club. Das macht viel Spaß.

Zum Abschluss darf natürlich eine Frage nicht fehlen. Vielleicht versuchen wir es aber mal nicht so neutral, sondern mit ein bisschen Druck dahinter. Die Eisbären werden Meister weil…?
 
Weil wir die besten Fans der Liga haben und jedes Heimspiel ein Hexenkessel und für die Gegner sehr schwierig wird. Weil wir meiner Meinung nach die beste Mannschaft haben. Und weil wir meiner Meinung nach auch den besten Trainer haben. Und weil es um uns herum in diesem Jahr eine Euphorie gibt, die ich so in Berlin noch nicht erlebt habe. Gerade nach dem letzten Jahr sind wir sehr heiß und freuen uns so sehr auf die Playoffs. Das merkt man auch in der Kabine. Und deswegen werden wir Meister.

Vielen Dank für das Gespräch.
 
Das Interview führte Jens-Christian Gußmann, rbb Sport. Es wurde für die Online-Fassung gekürzt und redigiert.

Sendung: rbb24 Inforadio, 15.03.2024