FC Bayern Muenchen gegen 1.FC Union Berlin in der Allianz Arena München am 26.02.2023.(Quelle:imago images/hangenfoto)

Unions Niederlage gegen Bayern Die Machtdemonstration

Stand: 27.02.2023 08:35 Uhr

Unions Niederlage in München zeigt den Unterschied zwischen Rekordmeister und Überraschungsteam deutlich auf. Die Bayern haben Union zu ernst genommen, um zu patzen. Dazu kam ein schlechtes Abwehrverhalten der Gäste. Von Till Oppermann

Auch eine 0:3 Niederlage beim FC Bayern kann Urs Fischer nicht den Spaß verderben. Wer den lachenden Trainer von Union Berlin im "DAZN"-Interview nach dem Spiel gesehen hat, wäre ohne Ton wohl kaum auf den Ausgang des Fußballspiels am Sonntagabend gekommen. "Heute muss man sagen: Wir hatten keine Chance", sagte Fischer und wirkte dabei fast lustvoll. Vielleicht weil er sich schon darauf freute, nach der Machtdemonstration des Serienmeisters in den kommenden Wochen eher keine Fragen mehr zum Titelkampf in der Bundesliga beantworten zu müssen.
 
Denn in München wurde klar, was die meisten sowieso schon wussten: Deutscher Meister wird der 1. FC Union in dieser Saison nicht. Muss er aber auch gar nicht. Denn selbst wenn die Bayern in der zweiten Halbzeit nicht reihenweise an Frederik Rönnow gescheitert wären und die Eisernen doppelt so hoch verloren hätten, wäre die Saison weiterhin historisch.

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Klare Dominanz der Gastgeber

Das Tempo der Münchner ließ von Anfang an keinen Zweifel daran, dass sie Union ernst nehmen. So ernst, dass sie im eigenen Stadion zeigen wollten, wer die Nummer Eins im deutschen Fußball ist.
 
Das Starensemble von Julian Nagelsmann stand die meiste Zeit mit allen Feldspielern in der Union-Hälfte und ließ den Ball so schnell laufen, dass sich die Berliner vorkommen mussten, als würden sie in einem Kettenkarussel durch den bayrischen Abendhimmel geschleudert.

Schon nach drei Minuten hätte Thomas Müller das 1:0 erzielen müssen. Es war der erste von vielen Hochkarätern, die noch folgen sollten - und dass, obwohl Union bisher die wenigsten Großchancen in der Liga zugelassen hatte. "Wir wollten heute unterstreichen, welchen Anspruch wir haben", erklärte Nagelsmann nach dem Spiel und fügte an: "Die Art und Weise war ein Gradmesser für uns selbst." Der FC Bayern befand sich im Champions League Modus: Mit 119 Kilometern lief das Starensemble zehn Kilometer mehr als im Saisondurchschnitt und das trotz 65 Prozent Ballbesitz. Das Ergebnis war eine beeindruckende Intensität.

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Fischer sah Klassenunterschied

Union versuchte nach Kräften dagegenzuhalten. Mit 122 Kilometern gingen die Gäste sogar noch etwas weitere Wege. Einzig: Es half nichts. "Die Bayern waren um zwei oder drei Klassen besser als wir", gab Urs Fischer zu. Selten war ein Blick auf den Statistikbogen unnötiger, um zu erkennen, wer das Spiel dominierte. Der hochaufrückende Linksverteidiger Alphonso Davies, Jamal Musiala, Thomas Müller, Kingsley Coman und Stürmer Eric-Maxim Choupo-Moting fegten durch die Berliner Hintermannschaft wie ein Wirbelsturm.
 
Wenn ein Unioner es schaffte, seinen Gegner zu stellen, war hinter ihm direkt der nächste frei für ein Zuspiel. Kamen die Unioner mal, ging der Gegner gnadenlos ins Gegenpressing. Die zweiten Bälle landeten fast allesamt bei den Bayern. Immer wieder holten sie sich Bayern schon im Union-Verteidigungsdrittel den Ballbesitz zurück.

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Keine Entlastung für den FCU

Die Mannschaft habe deshalb nur wenige Verschnaufpausen gehabt, erklärte Innenverteidiger Robin Knoche. "Wenn wir mehr Entlastung bekommen hätten, hätte es vielleicht anders ausgesehen", mutmaßte er. Es gehörte zur Strategie der Münchner, Union möglichst tief vor das eigene Tor zu drücken, um Konter zu verhindern. Hinter der hoch aufgerückten Bayern-Abwehrkette boten sich zwar offene Räume, aber der Weg dorthin war für Union zu weit. "Wir haben die Bälle nur weggeschlagen", befand Fischer, "und dann kommt eben die nächste Welle."

Zumal die Energieleistung gegen Ajax Amsterdam am vergangenen Donnerstag noch in den Knochen steckte: "Wenn man die letzten vier Wochen nimmt, haben wir heute das zehnte Spiel bestritten", rechnete Rani Khedira. Oft reichte es bei Union nur dazu, den Bayern hinterherzulaufen, anstatt selbst aktiv zu werden. Fast 50 Sprints mehr zogen die Gastgeber an. Man müsse "rotzfrech" sein, um in München mitzuhalten wusste Rani Khedira. "Wir stehen eigentlich dafür, dass wir aktiv nach vorne verteidigen, gerade in der ersten Halbzeit waren wir zu passiv."

Abwehrverhalten lässt zu wünschen übrig

Stellvertretend dafür steht Jerome Rousillon, der vor dem 0:1 mit Sicherheitsabstand zusah, wie sein Landsmann Kingsley Coman eine Flanke in die Mitte löffelte. Aber an Rousillons Stelle hätte am Sonntag auch jeder andere Eiserne stehen können. Alle Feldspieler waren defensiv nicht in Normalform. Es wäre möglich gewesen, mit diesem 0:1-Rückstand in die Pause zu gehen, kritisierte Urs Fischer. "Das zweite und dritte Gegentor haben wir wirklich schlecht verteidigt", so der Trainer. So enstand das 0:2 aus einem eigenen Abstoß der Berliner, den De Ligt und Müller mit zwei Kontakten durch die Mitte in Comans Lauf beförderten, der Rönnow umkurvte und einschoss.

Ein kollektiver Fehler, weil nicht nur Siebatcheu und Leite ihre Zweikämpfe verloren, sondern auch der Rest der Mannschaft nicht absicherte. Vor dem 0:3 ließ das Team trotz zahlreicher Spieler im Strafraum dann Musiala im Rückraum sträflich frei, weil alle nur auf den Ball guckten. Fischers Fazit: "Diese Niederlage kann man gut analysieren, da werden wir viele Dinge für uns herausnehmen."
 
Aber erstmal bekämen seine Spieler ein oder zwei Tage frei, um sich zu erholen, so der Trainer. Vor dem nächsten Ligaspiel gegen Köln haben die Unioner ausnahmsweise mal eine ganze Woche, um zu regenerieren. Nicht nur deshalb wäre es sehr verwunderlich, wenn Fischers Mannschaft am nächsten Samstag nochmal so hilflos verlieren würden.

Sendung: rbb24 Inforadio, 27.02.2023, 6:00 Uhr