Der georgische Nationalspieler Zurab Gogava beim EM-Spiel gegen Schweden (imago images/GEPA pictures)

Georgischer Nationalspieler Zurab Gogava Cottbuser Abwehrchef Zurab Gogava springt von vierter Liga auf große Bühne der Handball-EM

Stand: 15.01.2024 10:01 Uhr

Im Liga-Alltag spielt Zurab Gogava als Abwehrchef beim LHC Cottbus in der vierten Liga. Mit der georgischen Nationalmannschaft spielt er nun in bei der Endrunde der Handball-Europameisterschaft in Deutschland. Von Thomas Juschus

Normalerweise heißen für Zurab Gogava die Gegner Grünheider SV, MTV Altlandsberg oder HV Grün-Weiß Werder. Die große weite Handball-Welt könnte kaum weiter entfernt sein. Doch aktuell trifft der georgische Abwehrchef des LHC Cottbus bei der Europameisterschaft in Deutschland mit seiner Nationalmannschaft auf einige der besten Handballer der Welt.
 
Nach zwei erwarteten Niederlagen gegen die Niederlande (29:34) und Schweden (26:42) geht es für den 25-Jährigen zum Abschluss der Vorrunde mit der Nationalmannschaft Georgiens am Montagabend (18 Uhr) auf die Auswahl von Bosnien und Herzegowina. Weil Georgien bereits ausgeschieden ist, steht bereits fest, dass es für Gogava danach zurück in die vierte Liga geht. Schon am kommenden Sonntag steht für ihn und den LHC Cottbus beim HC Empor Rostock II der Auftakt in die Rückrunde der Oberliga Ostsee-Spree an.

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Basketball, Fußball und Rugby sind in Georgien populärer

"Mit den Spielen ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Für mich. Und für Georgien", zieht Gogava trotzdem in fast perfektem Deutsch bereits sein EM-Fazit. Das kleine Land aus dem Südkaukasus hat sich erstmals für die Endrunde qualifiziert, siegte im entscheidenden Spiel gegen die stolze Handball-Nation Ungarn und löste überraschend die Fahrkarte für Deutschland.
 
"Momentan sind Basketball, Fußball und Rugby in Georgien noch populärer. Aber Handball ist am Kommen", sagt der Abwehrspezialist. Mit Giorgi Tskhovrebadze steht einer seiner Landsleute beim deutschen Bundesligisten VfL Gummersbach unter Vertrag, andere Georgier haben es in die Top-Ligen in Spanien, Frankreich und Polen geschafft.
 
Gogava, Spitzname "Zuka", lebt inzwischen seit sieben Jahren in der Lausitz und spielt hier Handball. Damals hatte sich der aus der georgischen Hauptstadt Tiflis stammende 1,95-Meter-Hüne für ein Studium in Deutschland beworben – die Zusage der Brandenburgischen Technischen Universität (BTU) Cottbus-Senftenberg führte ihn nach Süd-Brandenburg. Noch bevor er sein BWL-Studium richtig aufgenommen hatte, suchte er sich mit dem LHC Cottbus einen Handball-Verein. In Tiflis war Gogava seit der C-Jugend am Ball gewesen, spielte auch in U-Nationalmannschaften.

Ausbildung in Lübbenau abgeschlossen

Inzwischen wohnt und lebt Gogava mit seiner ebenfalls aus Georgien stammenden Partnerin in Lübbenau, wo er nach einer Verletzung einige Zeit sogar in der fünften Liga für die TSG spielte. In den "Spreewelten", einem Freizeitbad mit Wellness, Saunabad und Hotel, schloss er eine Ausbildung zum Kaufmann für Touristik und Freizeit ab. Erst am 9. Januar – zwei Tage vor seinem EM-Debüt - legte er erfolgreich die mündliche Prüfung ab.
 
"Ja, das war ganz knapp für mich. Das war der Tag, an dem die georgische Nationalmannschaft aus der Vorbereitung nach Mannheim angereist ist", berichtet Gogava, der künftig im Hotel an der Rezeption arbeiten wird und seine BWL-Vorlesungen inzwischen per Fernstudium in seinem Heimatland vorantreibt.

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Niederlagen gegen Niederlande und Schweden

Gegen die Niederlande lieferte Georgien einen starken EM-Einstand, entschied sogar die zweite Hälfte für sich. Knapp 20 Minuten stand der Abwehrspezialist mit der Rückennummer 24 bei seiner EM-Premiere auf der Platte. "Mit einer Niederlage ist man nie zufrieden. Wir waren auch gegen die Niederlande auf dem Feld, um das Spiel zu gewinnen. Aber uns fehlt die Erfahrung. Hätten wir etwas weniger Fehler gemacht, hätten wir es denen noch schwerer machen können", bilanziert Gogova.
 
Gegen Titelverteidiger Schwedenwar der EM-Neuling im zweiten Gruppenspiel erwartungsgemäß chancenlos. Für Gogava hielt die Partie aber zwei besondere Momente bereit: sein erstes Tor bei einer EM. Und mit Schwedens Jim Gottfridsson verabredete er sich im Hotel zum Trikottausch.
 
Zum Abschluss der Vorrunde trifft Georgien auf Bosnien und Herzegowina, das nach zwei Niederlagen ebenfalls aus dem Turnier ausgeschieden ist. Hier soll Gogava & Co. möglichst noch der erste EM-Erfolg gelingen – nach der Qualifikation wäre das ein weiterer Meilenstein für das Team von Trainer Tite Kalandadze. "Ja, wir planen einen Sieg. Das soll nicht arrogant sein – aber da sehen wir eine Chance", sagt Gogava, der bis zur Europameisterschaft 22 A-Länderspiele (15 Tore) für sein Heimatland gespielt hat.

Gogava will mit Cottbus in die dritte Liga

So oder so: Nach dem Spiel gegen die Süd-Ost-Europäer ist das EM-Abenteuer schon vorbei, was bleibt sind die Erinnerungen: "Ich kann es kaum mit Worten beschreiben. Die Spiele sind auf einem ganz anderen Niveau als in der Oberliga. Es ging gegen Gottfridsson oder Spieler aus Top-Mannschaften wie Barcelona. Einfach überragend", so Gogova.

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Schon am nächsten Sonntag geht es für Gogava mit dem LHC Cottbus zurück in die Oberliga Ostsee-Spree. Seit Januar 2023 trägt der Georgier wieder das Trikot des Vereins, der unter anderem Namen nach der Wende kurzzeitig in der 1. Bundesliga und Anfang und Mitte der 2000er Jahre nochmals sechs Jahre in der zweiten Liga spielte. Hier hat sich der 25-Jährige zu einer echten Stütze entwickelt: "Zuka ist top ausgebildet, sehr zurückhaltend, einfach ein toller und angenehmer Typ", sagt LHC-Präsident Kai-Uwe Weilmünster über seinen Abwehr-Chef.
 
Erklärtes Ziel der Cottbuser, die zuletzt regelmäßig vor mehr als 2.000 Zuschauern in der Lausitz-Arena spielten, ist die Meisterschaft und die Rückkehr in die dritten Liga. In der vorigen Saison schnappte der HSV Insel Usedom den Lausitzern den Aufstieg weg. Die aktuelle Saison läuft bislang aber nach Plan – in die Winterpause ging der LHC als Tabellenführer.

Die EM als Chance

Beim Aufstieg des LHC will Gogava natürlich helfen – und anschließend seine eigene Handball-Karriere forcieren. "Wir haben seit dem verpassten Aufstieg 2023 mehr Motivation, spielen jedes Spiel mit noch mehr Fokus und Leidenschaft. Wir haben diese Saison mit Cottbus eine gute Chance auf den Aufstieg in die dritte Liga. Dabei will ich helfen und alles geben", sagt er.
 
Auch seine eigenen Ambitionen möchte der Georgier vorantreiben – erste Anfragen von anderen Vereinen gäbe es bereits. Da wirkt die EM in Deutschland sicher auch wie ein Schaufenster. "Im Moment bin ich aber voll auf den LHC fokussiert, dann ist alles möglich", sagt Zurab Gogava und fügt an: "Ja, ich möchte mich im Profi-Handball etablieren. Für mich war die EM eine Chance, zu zeigen, dass ich es kann."

Sendung: rbb24, 15.01.2024, 18 Uhr