Ein Fußballspieler von hinten mit Kopfverband.

Niederlage auf Schalke Werder im Abstiegskampf nachlässig - jetzt zwei "Bretter"

Stand: 30.04.2023 10:19 Uhr

Werder Bremen hat auf Schalke den vorzeitigen Verbleib in der Fußball-Bundesliga verpasst. Kapitän Friedl warnt vor dem Endspurt gegen die Bayern, Leipzig, Köln und Union Berlin: "Wir müssen uns schnell zusammenraffen, sonst wird es eng."

Von Andreas Bellinger

Kapitän Marco Friedl hockte auf dem Rasen, wollte nichts mehr hören und sehen. Den auf Schalke mitgereisten rund 7.500 Werder-Fans verschlug es abrupt die Sprache. Und Trainer Ole Werner kritisierte nach der in der Nachspielzeit besiegelten 1:2-Niederlage die im zweiten Abschnitt indiskutable Leistung seiner Mannschaft ungewohnt offen: "Mit mehr Effektivität hätten wir das Spiel hier heute gewinnen können."

Ein 30. Spieltag zum Vergessen für Werder Bremen, das in der Euphorie nach dem 4:2-Erfolg bei Abstiegskandidat Hertha BSC eigentlich auf der Agenda hatte, den Verbleib in der Fußball-Bundesliga beim Vorletzten in Gelsenkirchen auch rechnerisch perfekt zu machen. Aber es läuft eben vieles nicht rund bei den Hanseaten.

Trügerische Sicherheit?

Das offensive Traum-Duo Niclas Füllkrug/Marvin Ducksch hat mit seinen Toren und Vorlagen augenscheinliche Schwächen der Bremer in der Kaderbreite übertüncht und dem Aufsteiger eine Sicherheit suggeriert, die fragil ist. Mehr als die Hälfte der Bremer Tore geht auf das Konto dieser beiden Stürmer. Dass für sie nach der Saison eine sportliche Veränderung zumindest im Bereich des Möglichen ist, macht die Aufgabe für die sportliche Leitung um Werner sowie Sportchef Frank Baumann und Fußball-Chef Clemens Fritz auch perspektivisch nicht leichter.

Friedl: "Sind selber schuld"

Einerseits könnten die chronisch klammen Bremer die Einnahmen gut gebrauchen, andererseits hängen sie aber auch am Tropf der beiden "Tor-Maschinen", die als Duo so erfolgreich sind wie Liga-weit kein anderes. "Wir konzentrieren uns auf den Klassenerhalt, alles andere wird man dann sehen", äußert Ducksch das, was auch der wegen anhaltender Wadenprobleme weiter pausierende Nationalspieler Füllkrug zu sagen pflegt.

Ein Ducksch mit einem hochklassig herauskombinierten Führungstor in der 18. Minute war diesmal zu wenig, um die im Abstiegskampf neuen Mut fassenden Schalker in Schach halten zu können. Die eingewechselten Sepp van den Berg (81.) und Dominick Drexler (90.+2) streckten Werder spät, aber verdient nieder. "Wir haben uns selber geschlagen, sind selber schuld", so Friedl in Selbstkritik und Reue.

Stürmer gesucht - wenn Füllkrug und Ducksch gehen

Ein neuer Stürmer - ablösefrei zumal - soll in Dawid Kownacki von Fortuna Düsseldorf bereits gefunden sein. Nach Informationen der "Deichstube" habe sich der 26-jährigen Pole, dem gleichfalls Angebote von Union Berlin, SC Freiburg und Borussia Mönchengladbach vorliegen sollen, aber noch nicht entschieden.

Sollten sich Füllkrug und Ducksch zu einem Wechsel entschließen, wäre Handlungsbedarf, weil eine Rückkehr des an den FC Millwall verliehenen Oliver Burke, der sich in Bremen nicht wertgeschätzt fühlte, kaum zu erwarten ist. Dass Eren Dinkci oder Maximilian Philipp die Lücke schließen können, dürfte nur ein frommer Wunsch sein.

Reicht das Sieben-Punkte-Polster?

Vor allem aber plagen Werder immer wieder unerklärliche Aussetzer in der Verteidigung, die allein in den letzten Wochen etliche Punkte gekostet haben. Sieben Zähler trennen die Bremer vor den letzten vier Spieltagen nun noch vom VfL Bochum auf dem Relegationsplatz - und am nächsten Sonnabend kommen die Bayern ins Weserstadion.

In den letzten acht Begegnungen haben die Werderaner jeweils mindestens zwei Gegentreffer kassiert. Und die Null stand in dieser Saison ohnehin nur viermal in 30 Bundesliga-Partien; davon zweimal gegen Bochum sowie gegen Hertha BSC und den VfB Stuttgart. Werder will offensiv spielen - und das ist gut so. Aber die haarsträubenden Fehler in der Abwehr bremsen den Aufschwung.

Trainer Werner: Leistung nicht wie vorgestellt

Auf Schalke kam ein unerklärlicher Leistungsabfall in der zweiten Halbzeit dazu. "Wir sind zu passiv geworden und haben nicht mehr das auf den Platz bekommen, was wir uns vorgenommen haben", meinte Ducksch im Gespräch mit dem NDR und wich der Frage aus, ob der knappe Vorsprung trotz der bekannt wackligen Defensive nur mehr verwaltet werden sollte: "Wir haben unsere Möglichkeiten liegen gelassen." Trainer Werner wurde deutlicher: "Unter dem Strich war unsere Leistung nicht das, was wir uns vorgestellt haben."

Bayern und Leipzig: "Zwei richtige Bretter"

Als Abwehrchef steht Friedl im Fokus. Zwar wird dem Österreicher attestiert, sich erheblich entwickelt zu haben, doch eine stabile Einheit bildet er mit seinen Kollegen in der Dreierkette vor Torhüter Jiri Pavlenka noch immer nicht - Flüchtigkeitsfehler inklusive.

"Wir müssen schauen, dass wir wieder in die Spur kommen. Solch eine Halbzeit dürfen wir uns nicht noch einmal erlauben; egal, gegen wen", so der 25-Jährige, der mit gemischten Gefühlen an die nächsten Aufgaben denkt: "Wir haben jetzt gegen die Bayern und in Leipzig zwei richtige Bretter vor der Brust." Unangenehm werde es sicher auch gegen Köln und beim Saisonausklang bei Union Berlin. Friedl: "Wir müssen uns schnell zusammenraffen, sonst wird es eng."

Dieses Thema im Programm:
Sportclub | 30.04.2023 | 22:50 Uhr