Reem Khamis (rechts) im Kampf gegen eine Kontrahentin

NDR-Sport Hamburg: Muslima Reem Khamis ist Sportlerin des Jahres

Stand: 01.03.2024 06:00 Uhr

Die gebürtige Ägypterin Reem Khamis hat im vergangenen Jahr bei internationalen Karate-Wettkämpfen gleich drei Goldmedaillen gewonnen. Seit zehn Jahren lebt die Muslima mit ihrer Familie in Hamburg.

Von Bita Schafi-Neya

Reem Khamis ist fünffache deutsche Karate-Meisterin und führt die Weltrangliste der U21 an. Seit ihrer Einbürgerung kann die gebürtige Ägypterin international für Deutschland starten. Ihr Abitur absolvierte sie mit 1,4 und studiert Maschinenbau.

Reem Khamis findet Halt im Islam

Der Karate-Sport war für Reem Khamis eine wichtige Brücke, um in Norddeutschland Fuß zu fassen und in der deutschen Gesellschaft anzukommen. Auch wenn sie inzwischen seit rund zehn Jahren in Hamburg lebt, bedeutet ihr die ägyptische Kultur sehr viel. Deshalb pflegt sie mit ihrer Familie zu Hause weiterhin ihre Heimatsprache, zelebriert die muslimischen Feiertage, erzählt Reem Khamis: "Mein Leben in Ägypten unterscheidet sich kaum von dem, was ich jetzt habe, weil Sport immer ein Teil meines Lebens, meiner Kultur war. Ich fand es immer schön, dass wir die Feiertage beziehungsweise die kulturellen Aspekte noch feiern können beziehungsweise in unser Leben integrieren können. Es bringt ein Stück Heimat mehr oder weniger mit hier nach Deutschland."

Schon als Kind hat die Muslima den Koran gelesen. Die Religion oder auch Gott geben ihr Halt: "Für mich ist es das 'Gefühl', was man aus der Religion zieht. Wenn es mal nicht so läuft, wie ich es mir wünsche oder erhoffe, ist das so ein Anhaltspunkt, wo ich mich dann wohl fühle. Dementsprechend spielt das eine große Rolle in meinem Leben. In Bezug auf den Sport würde ich behaupten, dass das auch einer der Gründe ist, warum ich momentan erfolgreich bin beziehungsweise woran es liegt, dass ich mich da so durchbeißen kann."

Große Herausforderungen - vor allem während des Ramadan

Ihre Familie empfand den Sport nie als problematisch. Im Gegenteil - ihre Eltern unterstützen sie, wo sie nur können. Sie sei in einem Umfeld aufgewachsen, wo nicht zwischen Mann und Frau unterschieden werde. Auch deshalb brennt sie so für Karate, betont Reem Khamis: "Die Umstellungsfähigkeit, die man als Athlet habe muss, die Schnelligkeit, die Explosivität der Techniken - es ist einfach ein Schachspiel, bei dem man sich immer neu einstellen muss auf die Gegner, auf den Wettkampf allgemein. Ich hätte gedacht, je weiter ich komme, desto entspannter würde ich in jeden Wettkampf reingehen - aber tatsächlich ist das immer eine neue Herausforderung."

Auch wenn sie ehrgeizig ist - Lernen und Leistungssport miteinander zu verbinden, sei herausfordernd, vor allem während des Ramadan: "Man muss sich da leider ein bisschen anpassen beziehungsweise ich muss mir da manchmal Prioritäten setzen. Anstrengender wird es, wenn wir Ramadan feiern und ich fasten muss - dann sind die Trainingseinheiten nicht ganz so angenehm. Aber ich konnte es die letzten Jahre ganz gut meistern und dementsprechend fahre ich damit ganz gut klar."

Reem Khamis (rechts) im Kampf gegen eine Kontrahentin

Reem Khamis (rechts) im Kampf gegen eine Kontrahentin

Viel Training, kaum Freizeit

An sechs Tagen in der Woche trainiert Reem Khamis, da bleibt kaum Zeit für Privates: Urlaube mit der Familie, Kino mit Freunden oder auch Partys feiern am Wochenende - auf all das muss die Karatekämpferin in der Wettkampfzeit verzichten: "Wenn wir einen Wettkampf haben und den ganzen Tag in der Halle sitzen, kriege ich es im besten Fall hin, dass ich zwischendurch im Hotel bin, dann kann ich zwischendurch beten. Leider ist es meistens so, dass ich dann alles am Ende des Tages nachholen muss."

An fünf Tagen in der Woche trainiert Reem Khamis mit ihrem Coach Ralf Becker, um sich auf die Wettkämpfe vorzubereiten: Ihr größter Wunsch ist, dass Karate irgendwann mal olympische Disziplin wird.

Dieses Thema im Programm:
NDR Kultur | Freitagsforum | 01.03.2024 | 15:20 Uhr