Europapokal 1973: Die Kapitäne Frank Ganzera (Dynamo Dresden, links) und Franz Beckenbauer (FC Bayern München)

BR24 Sport FC Bayern gegen Dynamo Dresden: Heißer Tanz im kalten Krieg

Stand: 24.10.2023 09:46 Uhr

Vor 50 Jahren trafen der FC Bayern und Dynamo Dresden im ersten deutsch-deutschen Duell auf internationaler Ebene aufeinander. Das Europapokal-Duell bot auf und neben dem Platz zahlreiche Anekdoten und Geschichten.

Von Victor List, Hannes Nebelung

Am 24. Oktober 1973 traf der FC Bayern München in der zweiten Runde des Europapokals der Landesmeister (der heutigen Champions League) auf Dynamo Dresden. Es war das erste deutsch-deutsche Duell im Europapokal - und in inmitten des Kalten Kriegs politisch extrem aufgeladen. Der 4:3-Sieg der Bayern-Elf um Gerd Müller, Franz Beckenbauer und Uli Hoeneß war spektakulär - und geriet doch fast zur Nebensache.

Begeisterung in der DDR - Leere Ränge in München

Die Auslosung der hochbrisanten Partie hatte drei Wochen zuvor bereits großes Interesse in der DDR-Bevölkerung ausgelöst. Rund 300.000 Karten hätten für das Rückspiel in Dresden verkauft werden können. Dass das Münchener Olympiastadion am 24. Oktober dagegen nicht einmal ansatzweise ausverkauft war, lag wohl auch am Topspiel-Zuschlag von 52 D-Mark für eine Eintrittskarte.

Um der Begeisterung in der DDR Einhalt zu gebieten, startete das Ministerium für Staatssicherheit (MfS), besser bekannt unter der Abkürzung Stasi, die äußerst aufwendige Aktion "Vorstoß". So wurden beispielsweise rund 1.000 parteitreue Zuschauer ausgewählt, die in zwei Sonderzügen zum Auswärtsspiel nach München reisen durften.

Stasi verbietet "Zusammenkünfte jeder Art"

Die Parteiführung der SED hatte zudem eine klare Devise für die Duelle mit dem FC Bayern ausgegeben: "Abzulehnen sind Bankette beider Mannschaften, Rundfunk-, Fernseh- und Presseinterviews mit Spielern, Zusammenkünfte jeder Art, die seitens westdeutscher politischer Behörden, Dienststellen usw. mit der Dresdner Delegation vorgesehen sind." Dynamo war der Stasi untergeordnet und galt als Repräsentant des DDR-Staatsapparats.

Gerd Müller (links) vor halbvollen Rängen im Olympiastadion gegen Dynamo Dresden

Gerd Müller (links) vor halbvollen Rängen im Olympiastadion gegen Dynamo Dresden

Beckenbauer trifft auf "Beckenbauer des Ostens"

Der FC Bayern ging aufgrund seiner prominenten Besetzung als klarer Favorit in die Partie gegen Dynamo Dresden, bei denen der sogenannte "Beckenbauer des Ostens", Hans-Jürgen - besser bekannt als "Dixie" - Dörner im Aufgebot stand. Dörner, der 2022 verstarb, war in seiner Profikarriere nur für Dresden aktiv, für die DDR-Nationalmannschaft absolvierte er 100 Länderspiele. Der Libero Dörner, der bis heute als bester Fußballer in der Geschichte der DDR gilt, erhielt den Beinamen "Beckenbauer des Ostens" aufgrund seiner eleganten Spielweise, die der des "Kaisers" Franz Beckenbauer glich.

Die Gäste aus Sachsen gingen bereits nach einer knappen Viertelstunde durch Rainer Sachse in Führung (13.), doch der Jubel war nur von kurzer Dauer. Vier Minuten später erzielte Willi Hoffmann den Ausgleich für den FC Bayern (17.) und Bernd Dürnberger drehte die Partie schließlich (26.). Doch Dynamo steckte nicht auf und erzielte erneut durch Sachse erst den Ausgleich (34.) und durch Gert Heidler noch vor der Pause die Führung (42.).

In der zweiten Halbzeit meldete sich der FCB in Person von Franz "Bulle" Roth" zum 3:3 (71.) zurück, ehe Gerd Müller die Bayern zum Hinspiel-Sieg schoss (83.). Auch das Rückspiel war umkämpft und torreich. Ein erneut spektakuläres 3:3 reichte der Mannschaft von Trainer Udo Lattek, um in der Addition mit 7:6 in die nächste Runde einzuziehen.

Erfolg über Dynamo ebnet Weg zum Landesmeister-Titel

Am Ende der Saison holte man sich den ersten Titel im Europapokal der Landesmeister. Im Finale in Brüssel rettete Hans-Georg "Katsche" Schwarzenbeck die Münchner mit seinem Treffer zum 1:1 in der 119. Spielminute ins Wiederholungsspiel, das damals noch anstelle eines Elfmeterschießens ausgetragen wurde. Der zweite Anlauf ging mit 4:0 durch die Doppelpacker Uli Hoeneß und Gerd Müller klar an den FC Bayern. In den darauffolgenden zwei Jahren sollten sich die Münchner Europas Krone noch zweimal aufsetzen.

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Quelle: BR24Sport 24.10.2023 - 09:54 Uhr