DSV-Vorstand Stefan Schwarzbach

Kritik am Weltverband DSV - FIS nicht "auf richtigem Gleis unterwegs"

Stand: 25.10.2023 17:52 Uhr

Der Deutsche Ski-Verband (DSV) geht weiter auf Distanz zum Weltverband FIS. Besonders der Umgang mit dem Thema Nachhaltigkeit sorgt für Streit. DSV-Vorstand Schwarzbach kritisiert, der Weltverband sei nicht "auf dem richtigen Gleis unterwegs".

Von Victor List

Die Pläne von Johan Eliasch, dem Präsidenten des Internationalen Skiverbands FIS, sorgen immer wieder für Diskussionen. Eliasch will das Produkt Skisport globaler entwickeln und vor allem vermarkten. Stefan Schwarzbach, Vorstand Kommunikation des Deutschen Ski-Verbands (DSV), findet das grundsätzlich verständlich. Dennoch rumort's zwischen FIS und DSV.

Es werde "schwierig, wenn bestimmte Rahmenbedingungen verkannt oder ignoriert werden", kritisierte Schwarzbach im exklusiven BR24Sport-Interview am Rande der alljährlichen Einkleidung der DSV-Athleten in München.

Gemeint ist der voranschreitende Klimawandel, der auch vor dem Skisport keinen Halt macht. Resultat dessen: späterer und weniger Schnee auch in hohen Lagen. Beim DSV plädiert man deshalb dafür, den "Kernwinter" zu nutzen und den Terminkalender dementsprechend anzupassen.

Skisport muss sich anpassen

Schwarzbach sieht den Skisport nicht als "Verursacher der Klimakrise", sondern eher als Leidtragenden. Gleichwohl sei klar, "dass wir uns in einer gewissen Weise ändern müssen, damit es funktioniert". Der Weltverband ist da anderer Auffassung, setzt auf immer mehr Rennen an immer mehr Orten.

"Bei uns gibt es ein ganz klares Credo dafür, dass wir die Wintermonate nutzen und dass wir dort auch die Infrastruktur, die vorhanden ist, so nutzen, dass man das verantwortungsbewusst und nachhaltig umsetzen kann", sagte dagegen der DSV-Vorstand Kommunikation, der die Zusammenarbeit mit der FIS scharf kritisiert.

"Paradigmenwechsel" durch Eliasch - und kaum Kommunikation

"Es ist in den letzten Jahren schon sehr schwierig geworden, da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen, weil einfach ein gewisser Paradigmenwechsel stattgefunden hat bei der FIS seit Johan Eliasch Präsident ist", so Schwarzbach: "Das ist ganz klar und das haben wir auch mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass wir da nicht mit allem einverstanden sind, was da aus Oberhofen aus der Zentrale an die nationalen Verbände herangetragen wird - so denn eine Kommunikation stattfindet."

Schwarzbach: Weltverband keine "Top-to-down-Organisation"

Die FIS sei keine "Top-to-down-Organisation", findet Schwarzbach und wünscht sich einen besseren Austausch mit den nationalen Verbänden: "Wir als Verbände haben das Know-how und wissen, wo der Skistiefel drückt, im wahrsten Sinne des Wortes. Und wir hätten auch das Know-how in unseren eigenen Reihen, um Probleme so nachhaltig zu lösen."

Zwar sei die Kommunikation in den letzten Monaten etwas besser geworden, was man auch an der späteren Ansetzung des Weltcup-Auftakts in Sölden (28./29. Oktober) beobachten könne. Dennoch gebe es für Schwarzbach "noch genug Herausforderungen und Fragestellungen, insbesondere, wenn es um die Nachhaltigkeit geht, wo der Weltverband aus unserer Sicht nicht unbedingt auf dem richtigen Gleis unterwegs ist".

Schwarzbach sieht "Greenwashing" bei der FIS

Auch die FIS, die ihre Wettbewerbe als "klimapositiv" bezeichnet, hat sich den Klimaschutz und das Thema Nachhaltigkeit auf die Fahnen geschrieben, geht das aber auf ihre eigene Weise an. Für die positive Bilanz soll eine Zusammenarbeit mit der NGO Cool Earth sorgen, die gegen die Abholzung des Regenwaldes kämpft. Vorsitzender der Organisation ist jedoch FIS-Präsident Johan Eliasch.

Für Schwarzbach ist es "nicht damit getan, dass man sich irgendwelche Zertifikate kauft und versucht, sich irgendwie greenzuwashen. Das ist definitiv nicht der Anspruch, den wir als Skiverband haben, sondern wir wollen und müssen glaubwürdig sein (...) insbesondere auch gegenüber der nächsten Generation, die das zu Recht kritisch sieht".

"Zwei Mal nach Amerika zu fliegen ist nicht nachhaltig"

Außerdem wünscht sich der DSV-Vorstand eine längerfristige nachhaltige Planung, "dass man mit möglichst wenig Hilfsmitteln eine solche Veranstaltung durchführen kann, die man dann aber auch nachhaltig in der nächsten Woche für den Nachwuchs nutzt".

Die "Achillesferse" sei der Transport zu den Austragungsorten: "Wenn wir erstmal vor Ort sind, ist so eine Weltcup-Veranstaltung insgesamt nicht der ganz große Klimatreiber oder Energiefresser, sondern das ist die Anreise."

Deshalb ist für Schwarzbach klar: "Zwei Mal nach Amerika zu fliegen bei den Alpinen ist sicherlich nicht nachhaltig. Da könnte man insgesamt den Kalender straffen." Ein Wunsch, den auch viele ehemalige und aktive Athleten zuletzt geäußert hatten.

Im Video: Wintersportexperte Felix Neureuther über Skisport und Klimawawandel

DokThema

Kooperation mit ÖSV und der Swiss-Ski

Bereits im Januar war am Rande des Weltcuprennens in Kitzbühel bekannt geworden, dass der Deutsche Ski-Verband eine Kooperation mit dem Österreichischen (ÖSV) und dem Schweizerischen Verband (Swiss-Ski) eingegangen ist.

Unter anderem soll "die Planung, Vermarktung und Durchführung von Wettkämpfen in allen FIS-Disziplinen koordiniert und optimiert werden". Die Zusammenarbeit wird aber auch als Allianz gegen Präsident Eliasch gesehen. DSV, ÖSV und Swiss-Ski entfernen sich immer weiter vom Weltverband.

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Quelle: BR24Sport im Radio 25.10.2023 - 08:55 Uhr