Von Links: Demi Vollering und Annemiek van Vleuten bei den niederländischen Meisterschaften im Juni
Tourreporterin

Tour de France Femmes Van Vleuten vs. Vollering: Showdown auf dem Tourmalet

Stand: 28.07.2023 21:09 Uhr

Auf der 7. und vorletzten Etappe wartet der furchteinflößende Tourmalet auf die Fahrerinnen. Dort könnte es auch zu einer Vorentscheidung im Kampf um das Gelbe Trikot bei der Tour de France Femmes kommen. Alle Augen sind auf Annemiek van Vleuten und Demi Vollering gerichtet.

"Ätzend", "lächerlich" und mit Sicherheit noch sehr viel derbere Schimpfwörter fielen beim Team SD Worx nach der fünften Etappe von Onet-Le-Chateau nach Albi. Was war passiert? Demi Vollering, eine der Top-Favoritinnen auf den Gesamtsieg und größte Konkurrentin von Rad-Superstar Annemiek van Vleuten, wurde mit einer 20-sekündigen Zeitstrafe belegt. Sie hätte nach einem Platten den Windschatten ihres Teamfahrzeugs ausgenutzt, um wieder das Hauptfeld zu erreichen.

Strafe für Demi Vollering

Sportschau

Von der Zeitstrafe erfuhr die Niederländerin erst im Ziel. "Das ist sehr enttäuschend. Ich arbeite hart daran, meine Träume zu verwirklichen. Wenn so etwas passiert, macht das keinen Spaß", sagte Vollering noch in der Mixed Zone dem belgischen TV-Sender "Sporza". Ihren hart erarbeiteten, jedoch minimalen Vorsprung vor van Vleuten war sie somit los. Nach der 6. Etappe liegt sie nun noch immer mit zwölf Sekunden hinter van Vleuten zurück. Und das nicht genug: SD Worx-Sportdirektor Danny Stam wurde nach seinen Schimpftiraden gegenüber den Offiziellen auch noch von der Tour de France Femmes ausgeschlossen.

Vollering und van Vleuten tasten sich ab

Bisher blieb das heiß ersehnte Duell van Vleuten gegen Vollering aus. Stattdessen tasten sich die beiden vorsichtig ab, im Rampenlicht stehen andere Fahrerinnen wie Liane Lippert oder die derzeit Führende, Lotte Kopecky. Lediglich in Rodez setzte Vollering eine erste Duftmarke, als sie sich den zweiten Platz hinter Ausreißerin Yara Kastelijn sicherte – dabei aber jubelte, als ob sie gewonnen hätte. Das war ihr hinterher ein wenig peinlich. "Ich habe mir gedacht: Ich jubel einfach mal, dann haben wir wenigstens ein Jubelfoto – und wenn es nicht passt, dann löschen wir es eben", erzählte Vollering nach dem Rennen gegenüber "Radsport News". Wahr ist aber auch, dass sie sich zu diesem Zeitpunkt schon einen größeren Abstand auf van Vleuten erhofft hatte.

Fans und Zuschauer fiebern nun dem Showdown auf dem Tourmalet entgegen. Mit 2.115 Metern ist der Gebirgspass der höchste in den französischen Pyrenäen und ein fester Bestandteil der Männer-Tour-de-France, denn kein Anstieg war häufiger Teil des Programms. Nun dürfen sich zum ersten Mal in der noch kurzen Tour-Geschichte auch die Frauen den 17,1 Kilometer langen und steilen Anstieg hinaufquälen.

Das Streckenprofil der 7. Etappe

Das Streckenprofil der 7. Etappe

Machtdemonstration bei Premieren-Tour

Wenn man Vollering und van Vleuten fragt, ob sie sich auf die Königsetappe freuen, könnten die Antworten nicht unterschiedlicher ausfallen. "Nein, überhaupt nicht. Der Tourmalet bedeutet Leiden", so van Vleuten gegenüber der Sportschau. Diese Frage würden nur Personen stellen, die da selbst noch nicht rauf mussten, ergänzt sie mit einem Grinsen. Ganz anders Vollering. "Die Aussicht da oben soll schön sein, also hoffe ich, als Erste dort anzukommen", gibt sich die 26-Jährige beim Interview selbstsicher. Das kann sie auch, immerhin ist sie als Titelverteidigerin des Bergtrikots zur Tour angereist.

Es ist bei Weitem nicht das erste Mal, dass sich die beiden besten Fahrerinnen ihres Landes ein hochkarätiges Duell liefern. Bereits im vergangenen Jahr hieß es bei der Premieren-Ausgabe der Tour de France Femmes Vollering gegen van Vleuten – mit dem besseren Ausgang für die mehrfache Weltmeisterin und Olympiasiegerin van Vleuten. Wie sie damals ihre vierzehn Jahre jüngere Landsfrau auf der siebten Etappe den Le Markstein hinauf stehen ließ, glich einer Machtdemonstration.

Vollering: Noch einmal kräftig zugelegt

Dieses Jahr könnte der Kampf um das Gelbe Trikot enger ausfallen, denn Vollering hat noch einmal kräftig an Tempo zugelegt. Und das zeigt sich auch in ihren Ergebnissen. Fünfmal war sie bei den Frühjahrsklassikern erfolgreich, darunter auch ein lupenreiner Hattrick mit Siegen beim Amstel Gold Race, dem Flèche Wallone sowie Lüttich-Bastogne-Lüttich. Auf der Schlussetappe der Vuelta, der ersten großen Rundfahrt des Jahres, wäre Vollering sodann fast die Sensation gelungen, doch van Vleuten konnte ihren Neun-Sekunden-Vorsprung noch gerade so ins Ziel retten.

"Annemiek und ich haben dieses Jahr wirklich gezeigt, dass wir miteinander konkurrieren können", so Vollering, die zunächst Eisschnellläuferin war, bevor sie zum Radsport wechselte. Sie würde für den Tourmalet aber auch andere Fahrerinnen wie die derzeit Zweitplatzierte Ashleigh Moolman-Pasio oder Kasia Niewiadoma nicht unterschätzen. Das sieht auch van Vleuten so. "Natürlich lieben die Fans diese Zweikämpfe im Sport, aber ich hätte lieber mehr Fahrerinnen, die um den Etappensieg auf dem Tourmalet mitmischen können."

Träume sind da, um erfüllt zu werden

Bei einem ist sich Vollering sicher, sie sieht sich morgen Abend auf dem Podium, im Gelben Trikot. Das ist zumindest ihr Traum. Und Träume seien dazu da, erfüllt zu werden. "Ich versuche es jedenfalls. Wenn nicht dieses Jahr, dann klappt es halt nächstes Jahr." Gar nicht auszudenken, wenn diese 20-Sekunden-Zeitstrafe am Ende über das Gelbe Trikot entscheiden würde.