Dokuserie Generation F Wie viel Risiko ist zu viel? - Downhill-Star Nina Hoffmann am Limit

Stand: 12.04.2022 09:43 Uhr

Die ehemalige Speerwerferin Nina Hoffmann tauscht ihren Speer gegen ein Bike und den Traum von Olympia gegen den vom Gesamtweltcupsieg in einer Risikosportart. Mit Do-it-yourself-Mentalität wird sie zum Shootingstar im Downhill und erfolgreichste deutsche Sportler:in seit über 20 Jahren. Doch: Kann sie sich langfristig gegen top-geförderte, internationale Athletinnen behaupten? Die Dokuserie Generation F begleitete sie eine Saison.

Von Katharina Kestler

"Das habe ich immer im Kopf: Wie lange kann ich das Spiel noch so spielen? Wie lange werde ich noch so erfolgreich sein? Ich warte auf den Tag, an dem ich richtig zurückgeworfen werde und merke: Okay, so stark bist du doch nicht." Nina Hoffman (25) sitzt in ihrem Wohnzimmer in Jena, umringt von Pokalen und Medaillen, das Deutschland-Trikot hängt an der Wand. Es sind nur noch zwei Wochen bis zum Saisonauftakt in Leogang in Österreich. Ninas Gesichtsausdruck verrät, dass sie sich selbst gerade nicht ganz sicher ist, ob in ihr der Stolz über die bisherigen Erfolge oder die Unsicherheit über die Zukunft überwiegen.

Dokureihe "Generation F" in der ARD Mediathek

Es ist eine Szene aus der Dokuserie Generation F. Der Film über Nina Hoffmann ist ein Teil dieses neuen Formats, das Frauen* im Sport in den Mittelpunkt rücken will. Den Film "Wie viel Risiko ist zu viel? - Downhill-Star Nina am Limit" gibt’s ab dem 12. April in der ARD-Mediathek und ab dem 14. April als Serie auf YouTube). Die Geschichte von Nina Hoffmann ist eine über Ehrgeiz und Risiko.

Von der Speerwerferin zur erfolgreichsten deutschen Downhillerin – bis heute

Im Downhill-Mountainbiken hat die 25-Jährige einen Raketenstart hingelegt: Erst seit 2015 fährt sie überhaupt Downhill-Rennen, nachdem sie die Speerwurf-Karriere wegen einer Ellenbogen-Verletzung aufgegeben hat. Bei deutschen Meisterschaften fährt sie seit 2018 ohnehin standardmäßig den Sieg ein.

2020 hat sie ihren ersten Weltcup in Maribor gewonnen und ist unter den Top drei im Gesamtweltcup gelandet. Nina ist damit die erfolgreichste deutsche Sportler:in in dieser Disziplin seit über 20 Jahren: "Ich habe so viele Kommentare gehört: 'Oh endlich fährt eine Deutsche wieder vorne mit. Ich schau mir jetzt auch die Frauen an!‘ Das übt in gewisser Weise schon Druck aus", erzählt sie in der Doku.

Als 1993 in der Disziplin Downhill der erste Weltcup überhaupt ausgetragen wurde, waren mit Jürgen Beneke und Regina Stiefel noch zwei Deutsche ganz oben auf dem Treppchen. Doch seit Mitte der 90er Jahre spielt Deutschland keine entscheidende Rolle mehr in dieser Sportart. Das Spitzenfeld dominierten Engländer:innen, Französ:innen und Amerikaner:innen. Bis Nina kam.

Mit eigenem Team zum internationalen Erfolg

Dabei organisiert und finanziert sich Nina fast komplett selbst, denn für Nischendisziplinen wie Downhill sind die offiziellen Förderungen überschaubar. Für die Teilnahme am Weltcup hatte sie sogar ihr eigenes Team "Nina Hoffmann Racing Stif" gegründet, weil ihr Wunschteam "Santa Cruz Syndicate" - eines der renommiertesten Teams überhaupt - sie 2019 (noch) nicht aufnehmen wollte. Zu groß war ihnen das Risiko, dass Nina Hoffmann kein Star, sondern nur eine Sternschnuppe ist.

Seit Start der Saison 2022 ist Nina die erste Frau im Syndicate-Team – doch bis dahin war sie gemeinsam mit ihrem Teammanager und Coach Sven Heitmann auf sich allein gestellt: "Wir haben das alles zusammen aufgebaut. Ich war immer der Mann im Hintergrund, der Papi für alles außenherum: Training, Anmelden des Teams, Kontakte mit Sponsoren und so weiter", erzählt Sven in der Doku.

Motocross-Training macht Downhill-Bike zum "Spielzeug"

Gemeinsam mit ihm hat Nina auch das Motocrossen, das sie als Kraft-Ausdauer-Trainingsmethode nutzt, entdeckt: Die Bewegungsabläufe bei dem risikoreichen Motorsport sind ähnlich wie beim Mountainbiken, wie Nina im Film erzählt: "Das macht einen schon ein bisschen ruhiger, gelassener und selbstbewusster, wenn man weiß, man hat die Power fürs erste Rennen. Wenn man so ein Hundert-Kilo-Motorrad gefahren ist, dann ist ein Fahrrad ein Spielzeug."

Schwieriger Start in die Saison – reißt die Erfolgssträhne?

Doch neben all dem Trainings- und Orga-Kram ist Sven auch Ninas größte mentale Stütze: "Wenn er sagt: 'Du gehst jetzt noch mal da hoch und rollst da oben aus dem Gate raus.' Wenn er mich pusht, obwohl mir schon alles weh tut und ich keinen Bock mehr habe zu fahren. Das gibt mir sehr viel Selbstbewusstsein", erzählt Nina mit Tränen in den Augen.

Ihr Start in die neue Saison war nämlich alles andere als einfach. Direkt zu Beginn musste Nina herbe Rückschläge einstecken: Gleich zwei Sprünge wurden ihr zum Verhängnis – sowohl körperlich als auch mental. Überwindet Nina den Schock? Kann sie ihre Nerven wieder unter Kontrolle bringen?

Generation F begleitet Nina hautnah bei ihrem Kampf zurück an an die Spitze, denn die ist definitiv ihr Ziel: "Warum soll man als Frau nicht so schnell fahren können wie ein Mann? Ja, ich spreche es nie aus, aber eigentlich habe ich schon das Ziel, nach ganz oben zu fahren. Platz eins."