Paralympics | China-Skepsis "F... Doping!" Oksana Masters schimpft über die Konkurrenz

Stand: 12.03.2022 11:09 Uhr

Fehlende Chancengleichheit durch fragwürdige Klasseneinteilung oder doch Doping? Paralympics-Multitalent Oksana Masters greift am vorletzten Tag der Spiele in Peking die chinesische Konkurrenz verbal an.

Sie hat es wieder getan. Oksana Masters konnte nicht an sich halten, der ganze Frust musste raus. "F... Doping!", schrie sie im Zielraum nach dem 7,5-Kilometer-Langlaufrennen der Frauen in der sitzenden Klasse, während sie sich in die Arme ihres Lebensgefährten Aaron Pike flüchtete. Der hielt ihr die Hand auf den Mund, in der Hoffnung, dass sich die US-Amerikanerin nicht um Kopf und Kragen redet. Doch ein deutlich vernehmbares "I wanna race with honest people" kam noch heraus. Nur mit "ehrlichen Menschen" will sie Rennen bestreiten.

Masters: "Ehrliche, reine und saubere Silbermedaille"

Oksana Masters hatte gerade zum dritten Mal die Silbermedaille gewonnen. Doch vor ihr war eben einmal mehr Hongqiong Yang aus China, die sich erneut Gold umhängen durfte. Wie schon zuvor über die lange Distanz und im Sprint. Nein, dicke Freundinnen werden Masters und die Athletinnen aus dem Paralympics-Gastgeberland China sicherlich nicht mehr.

Bereits nach dem Sprint war Masters wütend durch den Zielraum an der Konkurrentin vorbeigefahren und hatte ihr ein "Du Betrügerin" entgegen geschrien. Später hatte die 32-Jährige kaum weniger eindeutig nachgeschoben: "Am Ende des Tages bin ich so stolz und glücklich über meine ehrliche, reine und saubere Silbermedaille."

Noch kein Rennen außerhalb Chinas

Was Masters damit meinte: Yang war vor den Paralympics international noch nie aufgetreten. Kein Weltcupstart, geschweige denn überhaupt ein Rennen außerhalb Chinas - und dann drei Mal Gold bei den Heimspielen. Eine quasi Unbekannte dominiert die Langlaufrennen. Der Begriff, den die wenigsten aussprechen wollen, rutschte Masters dann eben im Zielraum heraus: "Doping!"

China führt überlegen im Medaillenspiegel

Allerdings ist das nur die eine Facette. Der neuerliche Wutausbruch der gebütigen Ukrainerin ist auch ein weiteres Kapitel neben der bei diesen Paralympics extrem geführten Debatte um die Klassifizierung der Athletinnen und Athleten. Weil Chinas Starterinnen und Starter zuvor eben nicht im Weltcup aktiv waren, wurden sie in Klassen eingeordnet, die offenbar so gar nicht dem tatsächlichen Grad der Beeinträchtigung entsprechen.

Eine Folge: Das chinesische Team führt überlegen den Medaillenspiegel an - fast 60 sind es schon vor dem Schlusstag. Die zweitplatzierte Ukraine nähert sich gerade mal der 30er-Marke. Vor den Winter-Paralympics von Peking hatte China gerade mal eine Medaile überhaupt geholt - Gold im Rohlstuhlcurling 2018 in Pyeongchang.

Von "Klassifizierungsdoping" ist bereits die Rede. Dabei glaubte der paralympische Sport, solche Probleme bereits überwunden zu haben. Doch weil die Einordnung in die Klassen weit vor den Spielen erfolgt und während der Paralympics auch nicht mehr neu klassifziert wird, kommt es teilweise zu eklatanten Leistungsunterschieden in den jeweiligen Klassen.

Beucher: "Fader Beigeschmack"

"Ich dachte, dass die größten Probleme bei Klassifizierung längst überwunden wären", sagte Friedhelm Julius Beucher. Doch bei den nun offenkundigen Ungerechtigkeiten könne man "nicht schweigen", führte der Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS) an: "Das hat einen faden Beigeschmack." Doch Lösungen hatte an den Tagen von Peking auch niemand zur Hand.

"Die Klassifizierungsdiskussion gehört ganz nach oben auf die Agenda des Internationalen Paralympischen Komitees", forderte Beucher zwar. Doch vom IPC war zur Thematik bisher. Der Verband geht das Thema nach Ansicht von Beucher noch nicht mit der nötigen Entschlossenheit an. Gut möglich, dass man Oksana Masters noch häufiger lautsatrk im Zielraum erleben wird, bis sich wieder etwas tut. Ein Beigeschmack rund um die Erfolge von Paralympics-Gastgeber China bleibt auf jeden Fall hängen.