Paralympics IPC hat entschieden: Russland und Belarus bei Paralympics am Start

Stand: 02.03.2022 18:27 Uhr

Das Internationale Paralympische Komitee (IPC) hat sich trotz des Angriffskrieges der Russen gegen die Ukraine gegen einen Ausschluss von Russland und Belarus von den 13. Winter-Paralympics entschieden.

Am Mittwoch (2. März) traf sich das IPC und diskutierte über einen Ausschluss Russlands und Belarus' von den Paralympics, die am Freitag eröffnet werden. Trotz des Angriffskriegs dürfen Russland und Belarus bei den Paralympics starten. Dies teilte das IPC nach einer Sitzung am Mittwoch mit.

Russland und Belarus starten neutral

Die Spiele für Menschen mit körperlicher Behinderung dauern bis zum 13. März. Die Athletinnen und Athleten der beiden Länder starten nach dem Beschluss des IPC neutral und unter paralympischer Flagge. Auch die Hymnen dürfen nicht gespielt werden. Zudem wurde Russlands Präsident Wladimir Putin der Paralympische Orden entzogen. Beide Verbände werden außerdem nicht im Medaillenspiegel berücksichtigt.

Parsons: "Paralympische Athleten sind nicht die Aggressoren"

Das IPC wollte damit augenscheinlich die betroffenen Länder bestrafen, aber nicht die Sportler darunter leiden lassen. "Ich erwarte nun von allen Teilnehmern, dass sie die neutralen Athleten wie jeden anderen Athleten bei diesen Spielen behandeln, egal wie schwierig dies auch sein mag", sagte IPC-Präsident Andrew Parsons: "Im Gegensatz zu ihren jeweiligen Regierungen sind diese paralympischen Athleten und Funktionäre nicht die Aggressoren. Sie sind hier, um wie alle anderen an einem Sportereignis teilzunehmen."

Parsons: "Härteste Bestrafung"

Das IPC verurteile zwar "die grobe Verletzung des Olympischen Waffenstillstands durch die russische und die belarussische Regierung", sagte Parsons. Bei der Entscheidung über Maßnahmen sei aber "von grundlegender Bedeutung, dass wir im Rahmen unserer neuen Verfassung gearbeitet haben, um politisch neutral zu bleiben". Parsons sprach von der "härtesten Bestrafung, die wir im Rahmen unserer Verfassung und der aktuellen IPC-Regeln verhängen können".

IOC-Chef Bach: "Respekt" für Paralympics-Zulassung von Russland

Das Internationale Olympische Komitee unterstützt die umstrittene Entscheidung. "Dieser Beschluss ist im Einklang mit den übergreifenden Empfehlungen. Wir haben vollen Respekt für diese Entscheidung", sagte IOC-Präsident Thomas Bach in einer Medienrunde.

DBS: "Beschluss falsches Signal"

Der Deutsche Behindertensportverband (DBS) hat die Entscheidung scharf kritisiert. Der IPC-Beschluss sei "inakzeptabel und in der derzeitigen weltpolitischen Lage ein völlig falsches Signal".

Beucher: "Tiefpunkt in der Geschichte" der Paralympics

Im ZDF-Mittagsmagzin zeigte sich DBS-Präsident Friedhelm-Julius Beucher sehr emotional: "Wir schütteln hier alle den Kopf. Sie starten für Länder, die aktuell im Krieg sind und morden. Das ist ein Tiefpunkt in der Geschichte des Paralympisches Komittees. Wir sind entsetzt und fassungslos."

Er kritisierte den Beschluss auch mit dem Verweis auf andere Sportarten, wo russische und belarussiche Sportler ausgeschlossen sind: "Man hat hier nicht die Kraft und Mut gefunden ein Zeichen zu setzen und da haben unsere Sportler kein Verständnis dafür. Die Paralympics beginnen mit einem Tiefschlag."

Quade: "Schäme mich zutiefst"

Es sei "nicht nachvollziehbar", betonte Chef de Mission Karl Quade, "dass das IPC eine völlig andere Entscheidung trifft als der absolute Großteil der Sportwelt. Seit der Gründung des IPC 1989 bin ich Mitglied der paralympischen Bewegung, doch für diese Entscheidung schäme ich mich zutiefst. Viele nationale Komitees haben totales Unverständnis für diese Entscheidung gezeigt, auch wir."

Am schlimmsten sei es für ihn gewesen, als Parsons die Entscheidung bekannt gab, "da brach nebenan im Russen-Haus der Jubel aus. Das war unglaublich", sagte Quade sichtlich berührt.

Der DBS hatte im Vorfeld sowohl öffentlich als auch in einem Schreiben an das IPC einen Ausschluss der russischen und belarussischen Mannschaften von den Paralympischen Winterspielen in Peking gefordert. Dass sich das IPC nun "auf Regeln und Paragrafen beruft, dafür haben wir keinerlei Verständnis. In einer solchen Situation braucht es moralische und politische Entscheidungen, keine juristischen."

DOSB hält Entscheidung für falsch

Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) stellte sich an die Seite des DBS. Man halte die Entscheidung für falsch, teilte DOSB-Präsident Thomas Weikert mit: "Eine auf Umbenennung in vermeintlich 'Neutrale' basierende Teilnahme unterläuft Absicht und Ziel der Sanktionen, dem eklatanten Bruch des Völkerrechts mit weltweit sichtbaren Zeichen zu begegnen."

IPC-Beschluss erzürnt Ukraines Sportler

Sportler aus der Ukraine haben mit großem Unverständnis auf die Teilnahme russischer und belarussischer Sportler reagiert. "Während russische und belarussische Bomben auf Bürger der Ukraine regnen, hat das Internationale Paralympische Komitee heute jedem ukrainischen Athleten einen weiteren Schlag versetzt", heißt es in einem gemeinsamen Statement der "Athleten der Ukraine" und dem Sport-Bündnis Global Athlete.

Das Verbot der russischen Flagge sei keine angemessene Sanktion, da diese Strafe schon in der Vergangenheit wegen des Staatsdopings ausgesprochen worden sei. "Die autoritären Regime werden jedes Quäntchen der Erfolges ihrer Athleten nutzen, um von ihrem brutalen Krieg abzulenken", hieß es. Die Ukraine-Athleten und Global Athlete gingen zudem das Internationale Olympische Komitee (IOC) scharf an.

"Die heutige Entscheidung ist ein weiteres Beispiel für den Würgegriff, in dem das IOC das IPC hat. Es hat diese Entscheidung beeinflusst", hieß es. Die Funktionäre hätten "Blutvergießen und Profit über Prinzipien und Interessensgruppen" gestellt.

Generalversammlung geplant

Noch in diesem Jahr will das IPC eine Generalversammlung abhalten. Da soll dann darüber abgestimmt werden, ob die Einhaltung des Olympischen Friedens Voraussetzung für die Mitgliedschaft im IPC sei. Bis dahin will das IPC auch keine Veranstaltungen in Russland und Belarus durchführen. 

IOC, FIFA und UEFA zeigen harte Haltung

Zuvor hatten sich das Internationale Olympische Komitee (IOC), zahlreiche Fachverbände sowie die großen Fußballverbände FIFA und UEFA unter steigendem Druck zu einer harten Haltung gegen Russland und Belarus durchgerungen.