Paralympics | Biathlon Freudentränen im Schwarzwald - die Gold-Geschichte der Leonie Walter

Stand: 08.03.2022 13:44 Uhr

Das Biathlon-Gold der erst 18-jährigen Leonie Maria Walter im Duell mit Topfavoritin Oksana Schischkowa bei den Paralympics überrumpelt Trainer, Familie und sie selbst. Die Geschichte eines denkwürdigen Vormittages in Zhangjiakou.

Am Montag (07.03.2022) hätten ihre Eltern noch "gestaunt" - darüber, wie sich Leonie Maria Walter im Langlauf-Mammutrennen über die 15 Kilometer im klassischen Stil hinter Teamkollegin Linn Kazmaier ihre zweite unerwartete Bronzemedaille bei diesen Winterparalympics von Peking schnappte.

Emotionaler Anruf in die Heimat

Was die 18-Jährige dann allerdings kaum 24 Stunden später beim Mitteldistanz-Biathlon der sehbeeinträchtigen Konkurrenz am Schießstand und auf der Loipe in Zhangjiakou veranstaltete, führt dazu, dass einem die angemessenen Beschreibungen dafür ausgehen.

Aber die braucht es auch gar nicht. Es genügt, einfach dem Telefonat der neuen Paralympicssiegerin Walter mit ihrer Mutter Renate im heimischen St. Peter, gelegen zwischen Freiburg und Furtwangen, während des Sportschau-Interviews zuzuhören.

"Das ist ja unglaublich, das ist ja unglaublich - wir haben beide geweint, unglaublich. Das ist ja, das ist ja nicht fassbar, Kind!", rief Renate Walter mit freudentränenaufgelöster Stimme durch den Hörer des Smartphones von Sportschau-Reporterin Laura Trust: "Menschenskinder, so was Tolles, alle sind stolz auf euch."

Mit "euch" war die kaum zu Wort kommende Tochter Leonie Maria und der an ihrer Seite stehende Guide Pirmin Strecker gemeint.

Dramatisches Finale gegen Schischkowa

Zuvor hatten beide - einmal mehr - den besten Wettkampf ihres Lebens geleistet, den Walter nach vier fehlerfreien Schießen und zehn Kilometer Langauf in 40:56 Minuten zu Ende brachte. Sie wusste, berichtete Walter dann im ZDF, "mit Null ist immer alles möglich beim Biathlon." Aber zunächst lag sie ausgepowert hinter der Ziellinie, wartete und fragte sich: "'Hat's gereicht, hat's nicht gereicht? Wann kommt die Zeit?'"

Etwas mehr als eine halbe Minute vergingen zwischen dem eigenen Zieleinlauf und jenem ihrer größten Konkurrentin - der bereits viermaligen Paralympicssiegerin Oksana Schischkowa aus der Ukraine.

"Und irgendwann sind alle aufgesprungen, dann war mir alles klar, 'okay, ich hab's!'" Die zwölf Jahre ältere Topfavoritin Schischkowa konnte zwei Fehler im zweiten Schießen nicht mehr herauslaufen. In einem dramatischen Finale lag die 30-Jährige 3,7 Sekunden hinter Walter. Dritte wurde Yue Wang (4 Fehler, +1:54 Minuten) aus China vor Walters Teamkollegin Johanna Recktenwald.

Bundestrainer: "Sie ist einfach eine coole Socke"

Alle Anstrengen und Qualen hatten sich gelohnt. "Leonie! Hammer, oder?! Gold!", fiel ihr Bundestrainer Ralf Rombach noch in die Arme und zeigte sich beeindruckt: Wie sie "in so jungen Jahren die Nerven behält, ist schon sehr besonders. Sie ist einfach eine coole Socke."

Selbst der auch schon 75-jährige Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), hatte Walter auf den letzten Metern im Sprint anfeuernd begleitet. "Das ist über alle Erwartungen hinaus", jubelte Beucher und dachte dabei auch die schon zuvor geholten vier Medaillen von Walter und ihrer Teenager-Zimmernachbarin Linn Kazmaier mit.

"Alle warten hier auf dich in St. Peter", ließ Renata Walter ihre Tochter übrigens kurz vor dem Auflegen noch wissen. Jedoch braucht es angesichts der ausstehenden Wettbewerbe noch ein paar Tage Geduld der daheimgeblieben Liebsten.

Wer weiß, was die kommenden Tage und Wettbewerbe bringen - vielleicht müssen Walter oder Kazmaier bis zum Ende der Spiele in Peking am kommenden Sonntag ja noch mal auf das Podest steigen.