Motorsport Formel 1 in Spa - "Das Geld hat gesprochen"

Stand: 30.08.2021 12:00 Uhr

Drei Runden hinter dem Safety Car, mehr war nicht - das Formel-1-Rennen in Spa war ein seltsames. Die Rennserie steht nun in der Kritik - und die kommt auch aus dem Fahrerlager.

Nach einem langen Tag in Spa war das kürzeste Rennen der Formel-1-Geschichte ziemlich schnell vorbei - und der Regen fiel noch immer vom Himmel. Sieger Max Verstappen verspritzte pflichtschuldig den Champagner, der Sensations-Zweite George Russell und Weltmeister Lewis Hamilton machten auch mit - zu Feiern gab es nach der Farce in den Ardennen aber wenig.

Start durchgedrückt

Mit aller Macht wollte die Formel 1 trotz des Dauerregens ein Rennen sehen, verlegte den Start stundenlang nach hinten. Die drei Runden im Sprühnebel hinter dem Safety Car waren dann historisch: Ein derart kurzes Rennen hat es nie zuvor gegeben.

Fest steht: Ein Rennen war bei diesen Bedingungen zu gefährlich, der Abbruch eine weise Entscheidung. Aber drei Runden hinter dem Safety Car, um bloß ein offizielles Ergebnis zu haben?

Harsche Kritik

Kritik ließ nicht lange auf sich warten. Der Tenor war sehr oft ein ähnlicher: Der WM-Lauf hätte wohl einfach abgesagt werden sollen. "Das Geld hat gesprochen", sagte Hamilton. Die Formel 1 habe unbedingt ihr Rennen verbuchen wollen.

Ihm taten vor allem die Fans leid, die stundenlang im Regen ausgeharrt und bis zum Schluss auf ein komplettes Rennen gehofft hatten. "Die Fans sollten ihr Geld zurückbekommen", forderte Hamilton: "Aber dass wir quasi ein Rennen gefahren sind, heißt wahrscheinlich, dass sie ihr Geld nicht bekommen. Und ich finde, unser Sport sollte andere Werte haben."

Auch die Medien gingen hart mit der Formel 1 ins Gericht. "In Spa gewinnen Geld und das Unwetter", schrieb die italienische Zeitung "Corriere della Sera". Und "The Guardian" aus England erklärte: "Es lag wenig Würde darin, wie die Formel 1 an einem regendurchnässten Nachmittag in Spa-Francorchamps vorging." Spanische Zeitungen schrieben von "Schande" und "Betrug".

Weitere Einbußen unerwünscht

Natürlich hat die Formel 1 finanzielle Interessen, gerade in Zeiten der anhaltenden Corona-Pandemie. Im vergangenen Jahr konnten nur 17 von 22 Rennen stattfinden, ein herber Verlust. Auch in diesem Jahr wird es in Australien, Japan, China und Singapur keinen Grand-Prix geben. Die Rennen in Mexiko, der Türkei und Brasilien stehen auf der Kippe.

Mit Hochdruck arbeiteten die Macher zuletzt am Rennkalender und sorgten für Ersatz. "Wir versuchen, so viele Rennen wie möglich durchzuführen", sagte Formel-1-Chef Stefano Domenicali.

Weitere Einbußen nur wegen des Wetters wollte man deshalb wohl nicht hinnehmen. Eine Verschiebung auf Montag - wie es sie in der Geschichte der Formel 1 schon gegeben hat - kam nicht infrage, da bereits am Sonntag (05.09.2021) im niederländischen Zandvoort der nächste Grand Prix angesetzt ist und der Tross weiterziehen muss. Den Ausschlag gegeben hat gewiss aber auch die dann unklare Lage in Sachen TV-Rechte.

"Grüner Tisch" statt Schleichfahrt

Eine Absage wäre vor allem für kleinere Teams ein Problem gewesen. Ohne Rennen gibt es keinen Umsatz, vielen Rennställen droht das finanzielle Aus. Das betrifft dann am Ende auch die Fans. Hamilton, der bei Mercedes unter Vertrag steht, hat vor diesem Hintergrund also gut reden. Denn natürlich geht es nicht nur um die Einnahmen aus dem Ticket-Verkauf, sondern auch um TV-Millionen.

Auch sportlich macht die Entscheidung Sinn. Denn die Fahrer, die am Ende mit Punkten dastanden, wurden für ihre Leistung im Qualifying belohnt. "Es hat keine Bedeutung, wie man aufs Podium kommt. Wir haben nicht oft solche Qualifying-Leistungen gehabt", sagte George Russell, der im Williams Zweiter wurde. Ob man dafür hinter dem Safety-Car herschleichen muss, bleibt dahin gestellt. Die Punktevergabe hätte auch am "grünen Tisch" stattfinden können.

"Etwas Besseres einfallen lassen"

Klar ist, dass Änderungen her müssen. "Wir sind nicht stolz auf diesen Sieg", sagte Helmut Marko, Sportchef bei Red Bull: "Der Veranstalter und die Ausrichter haben alles versucht, dieses Rennen über die Bühne zu bringen und dann kam man - damit alle Bedingungen erfüllt sind - zu dieser Kompromisslösung. Ich finde es nicht gut, dass man das Publikum so lange hingehalten hat, das hätte man gleich am Anfang machen können. Man sollte sich für die Zukunft etwas Besseres einfallen lassen."