Motorsport | Formel 1 Formel 1: Haas-Chef genervt - Mick Schumacher crasht sich unter Druck

Stand: 30.05.2022 21:16 Uhr

Planmäßig soll das Haas-Team für Mick Schumacher eine Zwischenstation auf dem Weg zu Ferrari sein. Doch nach seinen Crashs wächst der Druck, überhaupt bei Haas bleiben zu können - sein Chef ist genervt.

Wenn man sich die nackten Zahlen der immer noch jungen Formel-1-Karriere von Mick Schumacher anschaut, dann kann man sehr schnell zu der Einschätzung gelangen, dass da ein Sohn allein vom Namen seines Vaters lebt. Und dass es vielleicht fahrerisch einfach nicht ausreicht für die Königsklasse.

Aber die erste Annahme ist belegbar falsch, die zweite noch nicht abschließend zu beurteilen.

28 Rennen, 0 Punkte

Die Fakten sind zunächst mal ausgesprochen ernüchternd. 28 Rennen hat der Sohn des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher bislang in der Formel bestritten, in die Punkte ist er dabei kein einziges Mal gefahren.

Dafür war der spektakuläre Crash am Sonntag (29.05.2022) in Monaco bereits sein zweiter Kapitalschaden in dieser Saison, auch beim Qualifying in Saudi Arabien im März hatte er den Haas zu Schrott gefahren. Dazu kommt der Unfall in Miami, als er mit Sebastian Vettel zusammenrauschte und sich damit um die schon sicher geglaubten ersten Zähler in der Königsklasse brachte.

Zu der Null-Punkte-Bilanz muss man allerdings der Fairness halber anmerken, dass der Haas im Jahr 2021 vollkommen unterlegen war. Die ersten 22 punktlosen Rennen sind Schumacher deshalb nicht vorzuwerfen. Im Gegenteil: Mit diesem Auto am 6. Juni 2021 in Aserbaidschan auf Platz 13 und am 1. August in Budapest auf Rang zwölf zu fahren, war brillant. Für seinen Start in die 2022er-Saison lässt sich dieses Kompliment nicht aufrechterhalten.

Teamkollege Kevin Magnussen punktet

Viel Druck hätte er sich bereits im ersten Rennen am 20. März in Bahrain ersparen können, doch da reichte es "nur" zu Rang elf - Punkte bekommen aber nur die ersten zehn. Dass die in diesem Jahr in diesem Auto möglich, ja fast schon zwingend sind, zeigt Schumachers Teamkollege: Der deutlich erfahrenere Kevin Magnussen liegt in der Fahrerwertung nach sieben Rennen auf Rang zehn mit 15 Punkten.

Yuki Tsunoda im eindeutig schwächeren Alpha Tauri hat auch schon elf Zähler gesammelt, Alex Albon im überforderten Williams liegt bei drei, selbst China-Rookie Guanyu Zhou (Alfa Romeo) war schon einmal Zehnter.

Schwere Unfälle stressen das enge Budget

Die Geduld von Haas-Teamchef Günther Steiner scheint sehr strapaziert, was vor allem angesichts der schweren Unfälle im Zusammenhang mit dem knappen Budget des Rennstalls nachvollziehbar ist. Schon vor dem Monaco-Grand-Prix hatte Steiner ziemlich genervt klingend zu dieser Thematik Stellung bezogen: Er wolle seine Fahrer mit Blick auf mögliche Unfallkosten nicht zur Vorsicht mahnen und er gehe auch nicht davon aus, dass die Piloten so sehr ans Budget, "sondern erstmal an die eigene Karriere denken. Und wenn du immer nur Unfälle baust, hast du keine Karriere".

Damit konnte niemand anderes als Schumacher gemeint sein, und Steiner legt nach. Nach dem Rennen in Monaco gab er keine Interviews, sondern ließ sich nur von seiner Presseabteilung in einer sehr interpretationsfähigen Mitteilung zitieren: "Es ist nicht besonders zufriedenstellend, wieder einen schweren Unfall zu haben. Wir müssen sehen, wie es von hier an weitergeht."

Steiners Enttäuschung ist auch ein Lob

Der Nachsatz schließt genau genommen nicht mal einen sofortigen Rauswurf des in der Ferrari-Akademie enorm geförderten Mick Schumacher aus, doch soweit wird es wohl kaum kommen. Wenn man aber Steiners Statement gedanklich um die Worte "so wie zuletzt ganz sicher nicht" ergänzt, dürfte man der Wahrheit ziemlich nahe kommen. Die Enttäuschung, die bei Steiner jetzt schon mehrfach herauszuhören war, beweist aber auch, was er wirklich von Schumacher erwartet: sehr viel.

Steiner will nicht nur die Zeit bis zu einem möglichen Aufstieg des 23-Jährigen zum Stammfahrer bei Ferrari lehrreich begleiten und ihm Fahrpraxis ermöglichen. Steiner will Erfolg, und der bemisst sich in der Formel 1 am Punktekonto.

Immer ein Jahr Anlaufzeit

Was spricht also für eine Weiterbeschäftigung nach seinem 2023 auslaufenden Vertrag? Auf jeden Fall Schumachers Vergangenheit als junger Rennfahrer. Sowohl in der Formel 3 als auch anschließend in der Formel 2 hat er in seinem zweiten Jahr den Titel geholt, allein das rechtfertigt mehr als jeder Nachname seine Chance, sich auch in der Königsklasse zu beweisen.

Dass er dieses eine Jahr zur Anpassung bisher gebraucht hat, bedeutet aber auch, dass er ab sofort liefern muss, denn ein Drittel des zweiten Jahres ist bereits rum. Steiner will keine zerlegten Autos mehr, sondern Top-Ten-Platzierungen. Sonst kann sich zumindest Haas Schumachers Anschlussbeschäftigung nicht mehr leisten, finanziell nicht und auch sportlich nicht. Und dann stünde in der Tat seine gesamte Karriere auf dem Spiel.