Motorsport | Formel 1 Formel 1 soll trotz eines Raketen-Angriffs in Dschidda fahren

Stand: 26.03.2022 10:59 Uhr

Trotz eines Raketen-Einschlags in der Nähe der Rennstrecke von Dschidda will die Formel 1 an der planmäßigen Austragung des Rennens in Saudi-Arabien festhalten.

Dies bestätigten die Formel 1 und der Automobil-Weltverband FIA am Samstagmittag (26.03.2022/Ortszeit) "nach Gesprächen mit allen Teams und Fahrern". Die saudischen Behörden hätten versichert, dass der Grand Prix wie geplant stattfinden könne, hatte die Rennserie zuvor mitgeteilt. "Wir werden in engem Kontakt mit den Behörden und allen Teams bleiben und die Situation eng beobachten", hieß es in einer Stellungnahme.

Zuvor hatten am Ende des ersten Formel-1-Trainings eine Explosion und eine riesige Rauchwolke in wenigen Kilometern Entfernung neue Sorgen im Fahrerlager ausgelöst. Jemenitische Huthi-Rebellen hatten nach eigenen Angaben bei einer weiteren Raketen-Attacke erneut eine Anlage des Ölkonzerns Aramco ins Visier genommen. Auch das saudische Staatsfernsehen bestätigte eine "feindliche Operation" von Huthi-Rebellen nahe Dschidda.

"Schwieriger Tag für die Formel 1"

Die Fahrervereinigung GPDA sprach in einer Stellungnahme von einem "schwierigen Tag für die Formel 1 und einem stressigen für die Formel-1-Fahrer". Mit der Rauchwolke vor Augen sei es schwierig gewesen, voll fokussiert auf das Rennfahren auf der anspruchsvollen Hochgeschwindigkeitsstrecke zu bleiben. Deswegen habe man am Freitag bis in die Nacht diskutiert. Dabei sei eine "Vielzahl von Optionen" besprochen worden. Nachdem saudi-arabische Regierungsvertreter erklärt hätten, die Sicherheitsmaßnahmen würden "auf ein Maximum hochgefahren", seien die Piloten letztlich zum Schluss gekommen, am Samstag und Sonntag ins Auto zu steigen. Die Fahrer äußerten ihre Hoffnung, man werde den saudi-arabischen Grand Prix wegen eines guten Rennens in Erinnerung behalten und nicht wegen des Vorfalls vom Freitag.

Formel-1-Chef: "Zusicherung, dass Sicherheit an erster Stelle steht"

Nach dem zweiten freien Training hatten Formel-1-Geschäftsführer Stefano Domenicali, FIA-Präsident Mohammed Ben Sulayem und die lokalen Behörden die Fahrer und Teamchefs empfangen. "Wir haben die volle Zusicherung erhalten, dass für das Land die Sicherheit an erster Stelle steht", erklärte Domenicali nach diesem Treffen. Automobil-Weltverbandschef Ben Sulayem versuchte zu beschwichtigen: "Worauf zielen die Huthis? Auf die wirtschaftliche Infrastruktur, nicht auf Zivilisten und nicht auf die Rennstrecke." Man habe "die Fakten geprüft und auf hoher Ebene die Zusicherung, dass dieser Ort sicher ist. Die Sicherheit ist gewährleistet, also lasst uns Rennen fahren", fügte der 60-Jährige hinzu.

Erst am vergangenen Sonntag hatten die Rebellen Angriffe gegen Saudi-Arabien mit einer Rakete und Drohnen gestartet. Dabei war auch eine Anlage von Aramco in Dschidda getroffen worden, an einem Öltank brach Feuer aus.

Saudi-Arabien kämpft im Jemen gegen die Huthi-Rebellen. Der Krieg hat eine der größten aktuellen humanitären Katastrophen ausgelöst. Aramco ist Hauptsponsor der Formel 1 und auch wichtiger Geldgeber des britischen Rennstalls Aston Martin, für den Sebastian Vettel fährt. Vettel hatte auf die Reise nach Dschidda wegen einer Corona-Infektion verzichten müssen. Als Ersatz sprang wie beim Auftakt in Bahrain sein Landsmann Nico Hülkenberg ein.

Leclerc Schnellster

Die sportliche Vorbereitung auf den zweiten Saisonlauf geriet aber durch die Geschehnisse abseits der Strecke zur Nebensache. Charles Leclerc, der Ferrari in der Vorwoche zu einem Doppelerfolg geführt hatte, verwies Champion Verstappen in beiden Trainings auf Platz zwei. Für die Qualifikation am Samstag sind die beiden 24-Jährigen erneut die Favoriten - wenn denn gefahren wird.

Saudi-Arabien gilt im Vergleich zu anderen Ländern der Region als recht sicher, auch dort kam es aber mehrfach zu Terroranschlägen. Ende 2020 hatte die Terrormiliz Islamischer Staat etwa einen Anschlag auf eine Zeremonie in Dschidda für sich beansprucht, bei dem zwei Menschen verletzt wurden. Bei Großveranstaltungen wie Sport-Events im Land gelten meist strenge Sicherheitsvorschriften.

Kritik an Saudi-Arabien

Die Auswahl Saudi-Arabiens als Formel-1-Gastgeber hatte schon vor dem Debüt des Rennens im vergangenen Dezember heftige Kritik ausgelöst. Dem Königreich werden schwere Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen. Zuletzt hatte das Land 81 Menschen an einem Tag hingerichtet.

In einem Interview der Deutschen Presse-Agentur vor dem Grand Prix warf Klima-Aktivistin Luisa Neubauer der Formel 1 Inkonsequenz gegenüber Menschenrechtsverletzungen vor. "Sie ziehen den Sport auch in eine Ecke, wo er nicht sein muss, und damit auch die Fans und Sportbegeisterten", sagte Neubauer, die einer der führenden Köpfe der Bewegung Fridays for Future ist.

Formel-1-Chef Domenicali hatte die Berichte über die Massen-Hinrichtungen als "alarmierend" bezeichnet. Er sagte aber auch: "Der Fakt, dass wir vor Ort sind, richtet das Scheinwerferlicht auf Themen, die sonst an anderer Stelle in den Nachrichten auftauchen würden."