Das Maskottchen Youhuu präsentiert einen volständigen Medaillensatz aus Silber-, Gold- und Bronzemedaille.
analyse

Busemanns WM-Kolumne Burkina Faso, das DLV-Team und die zwei Seiten der Medaille

Stand: 23.08.2023 00:37 Uhr

Hinter Burkina Faso im Medaillenspiegel? Sieht nicht gut aus für Deutschland. Aber das ist nur die eine Seite der Medaille, meint ARD-Leichtathletik-Experte Frank Busemann. Auf der anderen ist den DLV-Athleten kein Vorwurf zu machen.

Es gibt immer mehrere Sichtweisen, sozusagen zwei Seiten der Medaille. Ich komme also aus dem Stadion und denke: Was ist das für eine tolle Sportart! Gute Stimmung, tolle Ergebnisse, spannende Wettkämpfe. Vielleicht mag jemand anderes aber aus dem Stadion kommen und denken: schon wieder keine Medaille. Recht habe ich. Recht hat der andere. Toller Sport mit wenig messbarem Erfolg für die deutschen Athletinnen und Athleten.

Die Krux ist ja immer, dass dieser seltsame Medaillenspiegel eine Goldmedaille über 124 Silbermedaille oder 2.353 Bronzemedaillen sortiert. Burkina Faso zum Beispiel, diese leichtathletische Großmacht aus Westafrika, vernascht Deutschland mit einmal Gold ganz locker. Okay, Silber und Bronze haben wir auch noch nicht. Aber brauchen wir die?

Antwort: Ja! Deshalb machen wir Sport. Weil wir wissen wollen, wer gewinnt, wer Zweiter wird, wer Dritter wird und wer Vierter wird. Und Fünfter. Und Sechster. Und gewinnen ist einfach geiler, als Letzter werden. Das ist eine ganz klare Einordnung der individuellen Fähigkeiten der Sportlerinnen und Sportler. Das Doofe ist nur, dass einzelne Athleten herangezogen werden, um eine Summe zu bilden und die Durchschlagskraft einer Sportnation darzustellen. Anhand von drei Zahlen: Gold, Silber, Bronze. Hat man keine, taucht man da nicht auf. So wie wir. Und das wirkt schlecht.

Alle, die hier sind, wollen bestmöglich performen

Aber es gibt noch die andere Seite der Medaille. Schaffen es Sportler an ihre eigenen Leistungsgrenzen zu gehen? Beim Saisonhöhepunkt. Dann, wenn es drauf ankommt? Wenn sie das schaffen, dann sind sie gute Wettkampftypen. Und die anderen sind trotzdem besser? Dann ist das so. Keiner der anwesenden Nationalmannschaftsangehörigen ist absichtlich nicht gut oder lässt sich abziehen, weil er oder sie auf Schmerzen steht oder sozial veranlagt ist. Alle, die hier sind, lieben ihren Sport, kämpfen dafür und wollen bestmöglich performen. Für sich. Und sie sind selbst ihre härtesten Kritiker.

Claus Lufen fragte Shanice Craft, ob es nicht belastend sei, als Diskuswerferin sozusagen die Hoffnung der Nationalmannschaft zu sein, endlich eine Medaille holen zu müssen. Nein, die wollte sie ja auch gewinnen. So muss das sein! Die sind nicht da, um ein bisschen Sport zu machen. Die sind hier, um im High-End-Bereich alles aus sich herauszuholen. Und auch wenn wir das im Medaillenspiegel gerade nicht ablesen können - das gelingt gerade ganz vielen Athletinnen und Athleten hier in Budapest in ihrem persönlichen Bereich.

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Vor einem Jahr Eugene war das verschwindend gering. Trotzdem hatten wir am Ende zwei Medaillen. Es kann passieren, dass es dieses Jahr keine wird. Das ist natürlich nicht der Anspruch eines Verbandes. Der schaut auch auf eben diese Platzierungen bis Platz acht. Da machen wir Burkina Faso nämlich fertig. Die haben gar nicht so viele Athleten am Start, dass die bei uns mithalten können.

Ja, wir wollen Medaillen

Grundsätzlich lässt sich aber festhalten: Ja, wir wollen Medaillen. Wenn wir die nicht wollten, dann würden wir an alle Teilnehmerurkunden verteilen und ob sich damit Glück und Zufriedenheit herstellen lässt, ist zu bezweifeln. Ja, wir müssen die individuelle Klasse eines jeden Athleten erkennen und respektieren und ja, wir müssen es schaffen, dass nächste Generationen Bock auf Leistung haben, dass sie die Schönheit diese Sports erkennen und merken, dass es sich lohnt da ganz viel reinzustecken, weil man ganz viel wieder rausbekommt.

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 20.08.2023 | 07:00 Uhr