Rune Dahmke

Halbfinale gegen Dänemark Deutschland braucht das perfekte Spiel

Stand: 26.01.2024 08:55 Uhr

Die deutschen Handballer hatten bei der EM ein paar Tiefs, aber auch viele Hochs - beides auch in einzelnen Spielen. Im Halbfinale gegen Dänemark brauchen sie nun das "perfekte" Spiel.

Von Robin Tillenburg (Köln)

"Wir müssen unser bestes Spiel im Turnier machen und die dürfen nicht ihr bestes Spiel machen", fasste Deutschlands Spielmacher Juri Knorr die Aussichten für das EM-Halbfinale gegen Dänemark am Freitag (26.01.2024, live in der Radio-Reportage auf sportschau.de) zusammen. Das DHB-Team hatte gerade das sportlich nicht mehr relevante letzte Hauptrundenspiel gegen Kroatien verloren, einige Spieler über weite Teile geschont und dabei in der zweiten Hälfte viel zu viele freie Würfe vergeben.

Fehler sind grundsätzlich erlaubt, gegen Dänemark aber nicht

Dabei hatten auch die zuvor im Turnier noch nicht so viel eingesetzten Nils Lichtlein, Renars Uscins oder Justus Fischer die Chancen in Halbzeit zwei hervorragend herausgespielt - es war also bei weitem nicht alles schlecht, nur der Abschluss der guten Aktionen fehlte. So wie auch beispielsweise im Spiel gegen Österreich der Angriff zwar zeitweise katastrophal spielte, Abwehr und Torhüter aber dafür gut, oder wie beim klaren Sieg gegen Ungarn der Angriff rund lief, aber in Halbzeit eins keine echte Torhüterleistung vorhanden war. So weit, so normal im Handball, gerade auf Topniveau und gerade für eine Mannschaft, in der viele junge Spieler wichtige Rollen einnehmen.

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Das Problem ist nur, dass "normale" Entwicklungsschritte und Fehler in einem EM-Halbfinale nicht mehr verziehen werden. Und schon gar nicht von Dänemark.

Ein kurzer Blick zurück: Das Erreichen des Halbfinales ist ein gigantischer Erfolg für diese deutsche Mannschaft. Bei den vergangenen drei großen Turnieren waren immer dieselben vier Mannschaften im Halbfinale, dem DHB-Team ist es gelungen, in diese Phalanx einzubrechen - und das mit einer wirklich noch sehr jungen Mannschaft, in der zum Beispiel die 23-jährigen Juri Knorr und Julian Köster nicht nur sportliche Leistungsträger sind, sondern auch zu den erfahreneren Spielern gehören.

Klein: "Haben schon gezeigt, dass sie das perfekte Spiel machen können"

Aber wenn es noch weitergehen soll über dieses Halbfinale hinaus - und das darf man bei aller Freude über das sportliche Abschneiden mit Sicherheit annehmen - müssen alle guten Ansätze, die die Mannschaft gezeigt hat, am Freitag zusammenkommen. "Sie haben schon gezeigt, dass sie das perfekte Spiel machen können", meinte Sportschau-Experte Dominik Klein und verwies auf das Duell mit Ungarn, in dem bis auf die Torhüterleistung in Hälfte eins tatsächlich ziemlich viel ziemlich perfekt lief. Auch gegen Frankreich war man einem Topfavoriten und Halbfinalisten lange Zeit auf Augenhöhe begegnet, hatte es aber eben nicht geschafft, "perfekt" zu bleiben und leistete sich in der Schlussphase zu viele Fehler, die die Spitzenmannschaft auf der anderen Seite bestrafte.

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Dänemark hat keine echten Schwächen

Das würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch am Freitagabend passieren. Dänemark hat zwar das letzte Hauptrundenspiel gegen Slowenien knapp verloren, schonte dabei aber seine beiden größten Leistungsträger im Rückraum Mathias Gidsel (Füchse Berlin) und Simon Pytlick (SG Flensburg-Handewitt). Der Gruppensieg hatte für die Mannschaft von Trainer Nikolaj Jacobsen, die zuvor 16 Spiele bei großen Turnieren in Serie gewonnen hatte, ohnehin schon vorher festgestanden. "Wir wissen, dass es morgen schwer wird", sagte der frühere Trainer der Rhein-Neckar Löwen Jacobsen auf der Pressekonferenz vor dem Spiel, lobte den deutschen Kader, ergänzte aber: "Wenn wir gut spielen, wird es für die anderen schwer, uns zu schlagen. Und das ist auch unser Motto für morgen."

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Der Weltmeister hat eigentlich keine Schwächen im Kader: die zwei herausragenden Torhüter Emil Nielsen und Niklas Landin, einen Rückraum, in dem sogar Superstar Mikkel Hansen nur noch eine kleinere Rolle spielt und ein Tempospiel, das jeden Fehler eiskalt bestraft. Dazu konnten die Dänen zuletzt wichtige Spieler schonen und haben einen Tag mehr Pause als die Deutschen - wirklich viel spricht nicht für das DHB-Team.

Das DHB-Team braucht die Halle bei 100 Prozent

Was sind die Punkte, an denen die Mannschaft von Alfred Gislason bei den Dänen ansetzen kann? Was macht Hoffnung? Zunächst ist da natürlich der Heimvorteil. Um den vollumfänglich nutzen zu können, das haben die vergangenen Spiele gezeigt, braucht es früh im Spiel die eine oder andere gelungene Aktion, um die Halle aufzuwecken. Emotionaler Jubel wie von Torwart David Späth, spektakuläre Szenen wie der "Rebound" von Rune Dahmke gegen Ungarn oder Energieleistungen von Knorr und Köster. Immer wenn die Deutschen das liefern konnten, hatten sie die Arena auf dem Siedepunkt und wurden davon auch getragen.

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Vorbild: Schwedens "Verantwortung für den Ball"

Schaut man auf die Hauptrundenpartie Dänemark gegen Schweden, die die Dänen hauchdünn in der Schlussphase 28:27 gewannen, kann man sich das eine oder andere abschauen - das Slowenien-Spiel dürfte angesichts der dänischen Besetzung nur bedingt aussagekräftiges Anschauungsmaterial liefern. Die Schweden schafften es, "Verantwortung für den Ball" zu zeigen, wie es im Handball so gerne heißt. Bedeutet: Sie leisteten sich wenige leichte Ballverluste, spielten vorne geduldig, nahmen sich keine unvorbereiteten Würfe und schlossen gegen die guten Torhüter überlegt ab - vor allem in diesem Punkt müssen die Deutschen sich im Vergleich zum bisherigen Turnier deutlich steigern.

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Dazu schaltete Schweden vor allem nach hinten blitzschnell um und formierte seine Deckung sofort. Das führte dazu, dass den Dänen nur zwei Gegenstoßtore gelangen. Wenn dann noch die eigene Defensive das Zentrum verdichtet und die Torhüter einen guten Tag haben, kann sogar gegen den Weltmeister ein Sieg gelingen. Die Schweden hatten das fast alles, aber ausgerechnet in diesem Topspiel waren, auch aufgrund der Wurfqualität der Dänen, die eigenen Torhüter nicht gut im Spiel und die Partie ging verloren. Auch sie bekamen das "perfekte Spiel" nicht ganz hin, sonst hätte es wohl zum Erfolg gereicht.