Protest gegen Rassismus Niederknien gegen Rassismus - UEFA ermutigt Spieler, russische Fans pfeifen

Stand: 13.06.2021 12:25 Uhr

Bei mehreren Spielen der EURO 2020 haben sich Spieler hingekniet, um gegen Rassismus zu protestieren. Die UEFA bestraft das nicht - sie findet stattdessen ermutigende Worte. Russische Fans pfiffen kniende belgische Spieler aus. Trainer Tschertschessow will das nicht kommentieren.

Alle belgischen Spieler sowie das Schiedsrichter-Team gingen vor dem Anpfiff des Gruppenspiels in Sankt Petersburg zwischen Russland und Belgien auf die Knie. Das Niederknien gilt als Solidarisierung mit der "Black Lives Matter"-Bewegung, die sich gegen rassistische Polizeigewalt und Rassismus im Allgemeinen wendet.

Russische Fans pfeifen kniende belgische Spieler aus

Die Spieler Russlands blieben stehen, die russischen Fans pfiffen die Geste lautstark aus. Das Argument der Gegner: Das Niederknien sei eine politische Geste, die im Fußball verboten ist. Die Disziplinar-Regularien der UEFA, die auch bei der EM gelten, untersagen "die Verwendung von Gesten, Worten, Gegenständen oder anderen Mitteln zur Übermittlung von provokativen Botschaften, die nicht zu einem Sportereignis passen, besonders provokante Nachrichten politischer, ideologischer, religiöser oder beleidigender Art."

Für die UEFA als Ausrichterin der EURO 2020 fällt die Geste nicht in diese Kategorie. "Die UEFA tritt mit null Toleranz gegen Rassismus ein", teilte der Verband auf Anfrage der Sportschau mit. "Jeder Spieler, der eine Gleichstellung von Menschen fordert, indem er sich niederkniet, hat die Erlaubnis dazu."

Russlands Trainer Tschertschessow zeigte sich auf der Pressekonferenz nach dem Spiel genervt. Auf die Fragen der Journalisten antwortete er: "Das ist keine Frage, die mit Fußball zu tun hat. Wenn Sie eine haben, stellen Sie sie."

Ungarn mit deutlicher Positionierung gegen das Niederknien

Ungarns Verband MLSZ positioniert sich am deutlichsten gegen das Hinknien. "Die Regeln von UEFA und FIFA erlauben keine Politik auf dem Spielfeld und im Stadion. Der MLSZ akzeptiert das nicht nur, sondern stimmt dem auch zu. Die Nationalmannschaft wird ihre Verurteilung jeglicher Form von Hass nicht durch Knien vor den Spielen zum Ausdruck bringen", hieß es in einer Mitteilung.

In Ungarn kam es kürzlich zum Konflikt, als kniende irische Spieler in einem Testspiel vor der EM vom Publikum niedergebuht wurden. Irlands Trainer Stephen Kenny nannte das "unverständlich", das Bild Ungarns sei "beschädigt". Ungarns rechts-nationalistischer Ministerpräsident Viktor Orban sagte daraufhin: "Wenn du zu Gast bist in einem Land, dann provoziere nicht die Einheimischen." Die Geste der Iren sei eine "unhöfliche Provokation" gewesen. "Mit dieser Niederknierei sympathisiere ich in keiner Weise. Derlei gehört nicht auf die Sportplätze."

"Das Verhöhnen der Spieler ist auch das Verhöhnen dessen, wofür die Geste steht"

Auch in England wurden Spieler vor dem Turnier für ihr Niederknien ausgebuht, sogar vom eigenen Publikum. Die UEFA schreibt: "Wir fordern die Fans auf, Respekt für Teams und Spieler zu zeigen, die auf die Knie gehen." Auch englische Fangruppen forderten, dass die Fans den Spielern für ihr Verhalten besser applaudieren sollten statt zu buhen. Das Knien stehe für den Kampf gegen Rassismus, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung mehrerer Bündnisse. "Das Verhöhnen der Spieler ist auch das Verhöhnen dessen, wofür die Geste steht."

Englands Trainer Gareth Southgate sorgte angesichts der Buhrufe der eigenen Fans für Klarheit, dass die Spieler weiter knien werden: "Wir sind dazu entschlossener als je zuvor." Der englische Verband kündigte an, dass die Spieler weiter aus Protest gegen Rassismus knien werden und teilte mit: "Wir fordern diejenigen auf, die gegen die Geste sind, sich der Botschaft bewusst zu werden, die sie an die Spieler aussenden, die sie unterstützen."

Ungarn in einer Gruppe mit Deutschland

Die Niederlande, Tschechien und Kroatien haben angekündigt, die Geste nicht zu nutzen. Man wolle sich auf andere Art gegen Rassimus einsetzen, teilten die Verbände mit. Schottlands Spieler wollen aus Solidarität mit den ausgebuhten englischen Spielern zumindest im Spiel gegen England knien. In Baku knieten die Spieler aus Wales und der Schweiz gemeinsam mit dem Schiedsrichter-Team - ohne Pfiffe der Fans. Österreichs Spieler knieten in der Vorbereitung gegen England. Auch einige Einzelspieler haben in Vorbereitungsspielen die Geste gezeigt: beispielsweise der Franzose Paul Pogba.

Pogba wird mit Frankreich in Budapest bei Ungarn antreten. Ungarn ist zudem in einer Gruppe mit der deutschen Mannschaft und wird in München spielen. Die Haltung der deutschen Mannschaft ist noch nicht bekannt.