Carabao Cup Trophäe im Wembley Stadion

Fußball | England Englands Ligapokal - die möglichen Folgen einer Abschaffung

Stand: 29.12.2021 09:10 Uhr

In Englands Fußball wird angesichts der Terminnot in der Coronavirus-Pandemie die Abschaffung des Ligapokals gefordert. Das hätte allerdings weitreichende Folgen.

Reihenweise fallen derzeit in England Spiele aus. Ralf Rangnick, Trainer von Manchester United, legte daher eine Abschaffung des Ligapokals nahe. "England ist die einzige der Top-5-Nationen in Europa, die zwei Pokal-Wettbewerbe spielt", sagte Rangnick: "Wenn wir darüber sprechen, dass wir einen engen Kalender haben und zu viele Spiele austragen müssen, dann sollten wir darüber diskutieren."

Der Ligapokal ist ein leichtes Ziel. Schon oft wurde er in Frage gestellt, treten doch viele große Teams teilweise mit B-Mannschaften an. Der Carabao-Cup, wie der Pokal derzeit heißt, wurde oft als "Wertlos-Pokal" verspottet. Aber wertlos ist er für viele Teams keineswegs.

Der Ligapokal sichert viele kleinere Klubs ab

119 Millionen Pfund (derzeit rund 140 Millionen Euro) erhält die English Football League (EFL) aus der britischen Inlandsvermarktung vom TV-Sender "Sky" pro Saison. In den Bereich der EFL fallen die 2. bis 4. englische Liga. Ein großer Teil der Zahlungen des Senders basiert auch auf dem Recht, Spiele aus dem Ligapokal zeigen zu dürfen. Hinzu kommt der Eintrittskartenverkauf.

"Wir gehen davon aus, dass wir ein Drittel der Einnahmen verlieren könnten, die wir an unsere Klubs verteilen", sagte Rick Parry, der Vorsitzende der EFL, im Frühjahr. Damals stand der Ligapokal ebenfalls zur Debatte, weil die UEFA ihre Champions League ab 2024 um hundert Spiele erweitern wird. Der Ligapokal ist durch die Champions-League-Reform ohnehin in Gefahr. "Das könnte eine sehr reale Bedrohung für die Existenz unserer Klubs darstellen", sagte Parry damals in einer Veranstaltung des europäischen Ligenverbandes.

Ralf Rangnick bei der Ankunft in Newcastle

Ralf Rangnick

Die Gründung der Premier League 1992 hatte eine Bedingung: den Ligapokal

Parry erinnerte an das Jahr 1992. Damals lösten sich die größten Klubs Englands aus dem System der Football League und gründeten die Premier League in einem Akt, der der Ausrufung der Super League in Europa zumindest ähnelt.

Dass die unteren Ligen der Gründung der Premier League zustimmten, hatte laut Parry eine Bedingung: die großen Klubs sollten weiter am Ligapokal teilnehmen und auch die Kleinen mit Geld versorgen. Parry kennt diese Geschichte aus einem guten Grund so genau. 1992 war er der erste Geschäftsführer in der Geschichte der Premier League.

Riesige Unterschiede zwischen Premier League und dem Rest

Vor der Gründung der Premier League bekam die 1. Liga in England 50 Prozent des Geldes, die 2. Liga 25 Prozent und die beiden darunter je 12,5 Prozent. Heute erhält die Premier League alleine in England aus der TV-Vermarktung 1,6 Milliarden Pfund, also mehr als das 13-fache der drei unteren Ligen zusammen. Die Auslandsvermarktung ist da noch gar nicht berücksichtigt.

Die Schnittstelle zwischen Premier League und EFL ist durch diese gewaltigen Unterschiede in beide Richtungen schwer zu überwinden. Die Premier League leistet ihren Absteigern drei Jahre lang hohe Hilfszahlungen, damit sich diese in dem massiv verkleinerten finanziellen Umfeld zurechtfinden.

Der FC Fulham, Cardiff City und der FC Huddersfield erhalten in dieser Saison nach ihrem Abstieg aus der Premier League jeweils mehr als 42 Millionen Pfund - es sind die sogenannten "Fallschirmzahlungen", von denen derzeit acht Klubs profitieren. Hinzu kommen 100 Millionen Pfund aus der Premier League an "Solidaritätszahlungen", die sich 64 Klubs in der 2. bis 4. Liga teilen müssen.

Unattraktiv? Der Ligapokal schuf große Momente

Der Wettbewerb wird oft als unattraktiv kritisiert. Doch auch der Ligapokal schuf große Momente. 2006/07 lieferten sich der FC Chelsea und der FC Arsenal eine legendäre Rüpelei im Finale, bei dem Kolo Toure, Emmanuel Adebayor und John Obi Mikel vom Platz flogen. Die 0:3-Niederlage von Manchester United 1995/96 gegen den Viertligisten York City bleibt eine große Erinnerung des Pokals und Bradford City gelang es in der Saison 2012/13, als Viertligist insgesamt drei Teams aus der Premier League rauszuwerfen.

Bradfords Rory Mcardle nach seinem zweiten Treffer gegen Aston Villa im Halbfinale des Capital One Cups

Bradfords Rory Mcardle nach seinem zweiten Treffer gegen Aston Villa im Halbfinale des Capital One Cups

Der Ligapokal wird weiter wackeln

Doch auch im Fußball ist nichts für die Ewigkeit, gerade in der Coronakrise wird der Ligapokal weiter wackeln, die Champions-League-Reform bleibt zudem die Gefahr in der Ferne ab 2024.

Als er eine "Diskussion" über die Abschaffung forderte, sagte Rangnick: "Ich weiß, dass der Ligapokal erhalten wurde, um die finanzielle Situation der Teams aus der 3. und 4. Liga zu verbessern." Eine Diskussion darüber, wie das ohne Ligapokal laufen könnte, steht allerdings noch aus.