Major League Soccer Hany Mukhtar in der MLS - Der Baumeister aus Berlin

Stand: 23.11.2021 10:42 Uhr

Er gewann Titel in Deutschland, Portugal, Österreich und Dänemark. Die USA sind die fünfte Station in der Fußball-Karriere des Hany Mukhtar. In Nashville ist der Berliner ein Star - und hat bereits MLS-Geschichte geschrieben.

Sein erster Auftritt in den USA hatte einen Hauch von Hollywood. Hany Mukhtar jettete im August 2019 in einem Privatflieger in Nashville ein. Im dortigen Hangar wartete unter anderem John Ingram. Der Besitzer des Nashville SC und Multi-Milliardär hatte drei Millionen Dollar an Bröndby Kopenhagen für den Mittelfeldmann überwiesen und den ersten internationalen Neuzugang seines Klubs nach Tennessee einfliegen lassen.

"Die haben sich sehr, sehr bemüht um mich. Am meisten hat mich beeindruckt, dass die auf mich zukamen und meinten, 'wir bauen ein Team um dich herum.' Das gibt's in der Fußballbranche nicht so oft", sagt Mukhtar im Gespräch mit der Sportschau. Als der Berliner im Sommer 2019 erstmals nach Nashville kam, hatte der Liganeuling mit ihm gerade mal sechs Spieler - und das ein knappes halbes Jahr vor dem Debüt in der Major League Soccer (MLS).

Vorrundensiebter, nun Playoffs gegen Orlando

Nun gehört das Team aus Tennessee in seiner zweiten Saison zur erweiterten Spitzengruppe, beendete die Vorrunde als Siebter von 27 Mannschaften und startet heute Nacht mit einem Heimspiel gegen Orlando City in die Playoffs. "Schwerer Gegner, gute Einzelspieler", meint Mukhtar über die Mannschaft aus Florida. "Aber wir sind diese Saison daheim noch unbesiegt."

Der 26-Jährige ist ein sogenannter "Designated Player". Diese spezielle Rolle wurde 2007 erfunden, als David Beckham zu Los Angeles Galaxy wechselte. Der Superstar bekam zwar ein Jahresgehalt von 6,5 Millionen Dollar, wurde in der Gehaltsliste aber nur mit 400.000 Dollar geführt. Ohne diese "Beckham-Regel" wäre der Engländer aufgrund der fest vorgeschriebenen Gehaltsobergrenze von damals 2,1 Millionen Dollar pro Verein nicht finanzierbar gewesen.

Schweinsteiger in Chicago, Mukhtar in Nashville

Mittlerweile darf jeder Klub drei dieser "Designated Player" verpflichten. Viele nutzten dies, um internationale Größen jenseits der Dreißiger zu holen. So kamen Weltmeister wie Bastian Schweinsteiger (Chicago), Andrea Pirlo (New York City FC), Alessandro Nesta (Montreal) oder Thierry Henry (New York Red Bulls) in die MLS. Nashville hingegen setzte im Sommer 2019 nicht auf Glanz und Glamour, sondern auf den damals 24-jährigen Hany Abubakr Mukhtar.

Der Deutsche ist längst der erwartete Eckpfeiler des Vereins geworden. Er lenkt und leitet die Offensive, ist torgefährlich (16 Treffer, 12 Vorlagen in 31 Spielen) und einer der fünf Finalisten zur Wahl des "wertvollsten Spielers der Saison" (MVP). Mukhtar spielt fast schon zu gut, um nicht das Interesse von Klubs in Europa auf sich zu ziehen. "Genießt Mittfelfeldstar Hany Mukhtar, solange ihr könnt", schrieb die Tageszeitung, "The Tennessean", im Sommer.

Schnellster Hattrick der MLS-Geschichte

Da hatte es Mukhtar gerade auf die MLS-Rekordliste geschafft. Beim 5:1-Heimsieg gegen Chicago Fire am 19. Juli hatte er zwischen der zehnten und 16. Minute drei Tore geschossen - es war der schnellste Hattrick der Liga-Geschichte. "Mein erster Hattrick als Profi", erinnert sich Mukhtar. "Cooles Erlebnis."

Nashville gilt als "Music City USA". In den zahlreichen Honky Tonk-Bars entlang des berühmten Broadway mitten im Stadtzentrum gibt es zu fast jeder Tageszeit Live-Countrymusik. Mukhtar waren diese Klänge zunächst fremd, mittlerweile findet er sie "cool und entspannt". Beim Outfit hingegen bleibt er konsequent. Cowboyhut und Cowboystiefel? "Sind nicht so mein Ding, da setze ich aus."

Fünfte Profistation im fünften Land

In Nashville will Mukthar "langfristig etwas erreichen und aufbauen." Er kennt zwar die Bedenken vieler Landsleute und Weggefährten, die die MLS eher belächeln. Und er verstehe sie sogar, betont er. Dennoch findet der Berliner die Liga "cool, interessant und unterhaltsam" und prognostiziert, dass sie in den nächsten Jahren "nur noch besser" werde.

Die MLS ist seine fünfte Profi-Station, im fünften Land. "Wer kann das überhaupt von sich nach seiner Karriere behaupten - und ich bin erst 26", betont er mit stolzem Unterton. Bei Hertha BSC hatte es Mukhtar durch alle Nachwuchsteams bis zu den Profis geschafft. Nach anderthalb Jahren und nur zehn Bundesliga-Einsätzen löste er im Dezember 2014 seinen Vertrag auf und wechselte zu Benfica Lissabon. Ein halbes Jahr später folgte Red Bull Salzburg. Und im Sommer 2016 Bröndby.

Siegtorschütze im U19-EM-Finale

Auf seinen ersten vier Stationen hat der Sohn eines Sudanesen und einer Deutschen stets Titel gewonnen. Mit Hertha BSC wurde er 2012 Deutscher B-Jugendmeister. Im Finale besiegten die Berliner den VfB Stuttgart (mit Joshua Kimmich und Timo Werner) 2:0. Bei Benfica kam Mukhtar zwar nur zu einem Profi-Einsatz, doch das reichte zum Zusatz "Portugiesischer Meister." Das Double in Österreich 2016 und der Pokalsieg 2018 mit Kopenhagen runden seine Vereins-Vita ab.

Er hat noch einen Titel geholt. Im Sommer 2014 hatte nicht nur Mario Götze für Deutschland in einem wichtigen Endspiel zum 1:0-Sieg getroffen, sondern auch Hany Mukhtar. Im Finale der U19-Europameisterschaft drückte er am 31. Juli in Budapest gegen Portugal eine Rechtsflanke von Levin Öztunali zum einzigen Treffer aus Nahdistanz ins Netz. "Riesenerlebnis, schöne Erinnerung", meint er. Aber er sei niemand, der ständig auf diesen Erfolg zurückblicke, sondern lieber nach vorne schaue.

Einstige Weggefährten spielen Champions League

Neben Mukhtar waren im Finale von Budapest unter anderem auch Joshua Kimmich und Julian Brandt, sowie André Silva bei Gegner Portugal dabei. Sie alle spielen mit ihren jetzigen Klubs (Bayern, Dortmund, Leipzig) Champions League. Mukhtar kämpft um den Einzug ins Viertelfinale der MLS-Playoffs. Neid? Nein, sagt er mit überzeugender Stimme. "Ich wünsche denen maximalen Erfolg. Jeder hat seinen eigenen Weg." Sein Weg, sagt Mukhtar, sei "ein bisschen speziell." Dennoch sei er "happy", ihn gegangen zu sein.