Pernille Harder

Nations-League-Gegner Dänemark Pernille Harder und ihr besonderer Antrieb

Stand: 22.09.2023 10:15 Uhr

Viel Anerkennung schwang mit, als Britta Carlson über die erste Aufgabe in der neu geschaffenen Nations League für die deutschen Fußballerinnen sprach. Dass die DFB-Frauen zuerst auf Dänemark (Freitag 18 Uhr/live in der ARD und im Sportschau-Livestream) treffen, sei eine "schöne Herausforderung", meinte die Interimscheftrainerin.

"Dänemark ist ein Top-Gegner: eine robuste, defensivstarke Mannschaft, aber auch mit Qualitäten in der Offensive.“ Und da steche sicherlich "Pernille Harder als Topspielerin" heraus.

Carlson weiß aus ihrer langjährigen Zeit als Assistentin beim VfL Wolfsburg natürlich am besten, was insbesondere Harder an guten Tagen verkörpert: Weltklasse. Ebenso geschmeidig wie elegant behauptet die seit diesem Sommer beim FC Bayern unter Vertrag stehende Starstürmerin den Ball, kaum jemand hat im Strafraum einen solchen Instinkt und solch präzisen Abschluss.

Der besondere Bezug zum Spielort Viborg

Dass dieses Länderspiel in Viborg stattfindet, erinnert die 30-Jährige an ihre Anfänge als Fußballerin. Für sie ist das jetzt ein besonderes Heimspiel: Die dänische Kapitänin stammt aus der dänischen Kleinstadt Ikast. Mit zehn Jahren kam Pernille Harder gemeinsam mit ihrer Schwester Louise in die Jugendakademie von Midtjylland - als die beiden einzigen Mädchen. "Meine Schwester wurde eingeladen, und im Grunde wollte ich das machen, weil meine Schwester es tat. Ich habe immer zu ihr aufgesehen."

Bald zeigte sich, dass sie sogar mehr Talent hatte. Drei Jahre spielte sie fürs Team Viborg, ehe sie 2010 mit 17 Jahren zu IK Skovbakken wechselte. Zwei Jahre später ging sie zum schwedischen Klub Linköpings FC, wo sie bereits Tore am Fließband schoss. Ende 2016 wechselte sie zum VfL Wolfsburg, denn der heutige Frauenfußball-Direktor Ralf Kellermann hatte ihren Werdegang seit längerem verfolgt.

Pernille Harder: Als Deutschlands Fußballerin des Jahres nach England

Die Verpflichtung sollte sich lohnen, denn mit Harder holte der Werksklub viermal in Folge das Double, scheiterte nur zweimal knapp im Finale der Champions League, ehe Harder als Deutschlands Fußballerin des Jahres vor drei Jahren zum FC Chelsea wechselte. Bis dahin hatte sie oft genug für die "Wölfinnen" den Unterschied gemacht.

"Selbst wenn sie bei weniger als 100 Prozent ist, spürt man ihre Anwesenheit. Wenn man diesen einen Moment braucht, um den Unterschied zu machen, ist sie die Spielerin dafür, egal in welchem Zustand sie sich befindet", sagte ihr früherer Trainer Stephan Lerch, der inzwischen die TSG Hoffenheim trainiert.

Auch in England erfreute sich die Dänin höchster Wertschätzung, wie Chelseas charismatische Teamchefin Emma Hayes verriet, die den Abgang nach München sehr bedauerte: "Sie ist einer der exzentrischsten Charaktere, die ich je trainiert habe. Ich werde ihre Exzentrik vermissen, keine Frage, ihre Liebe zum Detail, ihren Durst nach Siegen."

Bei der WM scheiterte Dänemark im Achtelfinale an Australien

Sichtbar war das erst wieder bei der WM in Australien und Neuseeland. Dänemark hatte sich in der Gruppe mit England, China und Haiti durchgesetzt, als es im riesigen Australia Stadium von Sydney zum stimmungsvollen Achtelfinale gegen Gastgeber Australien ging. Am Ende wirkte nach der verdienten 0:2-Niederlage niemand so enttäuscht wie die dänische Spielführerin, die in der Anfangsphase die "Matildas" mehrfach in Verlegenheit gebracht hatte.

Doch irgendwann wirkte es so, als stemme sich Harder alleine gegen das Ausscheiden. Ihre Enttäuschung war mit Händen zu greifen, Trost spendete Superstar Sam Kerr, mit der Harder bei Chelsea zusammengespielt hatte. Ihr Wechsel nach München gemeinsam mit ihrer Lebensgefährtin Magdalena Eriksson stand bereits seit dem vergangenen Jahr fest. Ein Ausrufezeichen auch für die um internationale Aufmerksamkeit ringende Frauen-Bundesliga.

Früh hatte sich Bayerns Sportdirektorin Bianca Rech um die beiden ablösefreien Topspielerinnen Harder und Eriksson bemüht. Dass der Coup klappte, verrät einiges über die internationalen Ambitionen auf dem Bayern-Campus. "Das sind zwei gestandene Persönlichkeiten, die uns sehr weiterhelfen – auf und neben dem Platz", lobt Rech.

Wer die dänische Stürmerin aus dem Spiel nimmt, hat viel gewonnen

Harder bringt sicherlich den höheren Bekanntheitsgrad und vielleicht auch größeren Glamourfaktor mit. In Dänemark ist sie eine große Persönlichkeit, deren größter Erfolg im Nationalteam sicherlich das Erreichen des EM-Finales 2017 gegen die Niederlande war. Zwar ging das stimmungsvolle Endspiel in Enschede gegen die damals noch von Sarina Wiegman trainierten "Oranje Leuwinnen" mit 2:4 verloren, doch auf dem Weg dorthin hatten die Däninnen immerhin im Viertelfinale gegen Deutschland mit 2:1 gewonnen. Harder erzielte im Turnier ihr 50. Länderspieltor. Klar, dass sie längst auch Dänemarks Rekordtorschützin ist, die nach 145 Länderspielen bei 71 Treffern steht.

Und doch muss sie im Nationalteam, wo der Schwede Andrée Jeglertz nach der WM den Job von Lars Søndergaard übernommen hat, oft genug um Unterstützung kämpfen. Wer Harder aus dem Spiel nimmt, hat schon viel gewonnen. So drehten die DFB-Frauen bei der EM in England dann auch im ersten Gruppenspiel wieder den Spieß um, den Schwung vom 4:0-Sieg gegen das chancenlose Team um die abgemeldete Angreiferin nahm Deutschland mit durchs ganze Turnier. Carlson erwartet jetzt ein Spiel auf Augenhöhe. Oder wie die 45-Jährige sagte: "Eine schöne Herausforderung."