Alexandra Popp aus Deutschland jubelt über ihr drittes EM-Tor.

DFB-Team vor dem Viertelfinale Kapitänin Popp brennt - "All in" gegen Österreich

Stand: 17.07.2022 13:07 Uhr

Drei Spiele, drei Tore - nach schwieriger Vorbereitung hat Alexandra Popp ihren Wert für die deutsche Nationalmannschaft in der EM-Vorrunde eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Im Viertelfinale erwartet sie Österreich als "ganz heißes Pflaster".

Von Florian Neuhauss (Milton Keynes) und Ines Bellinger

Alexandra Popp rieb sich nach ihrem Kopfballaufsetzer zum 2:0 ein bisschen die Nase, bedankte sich bei den Vorbereiterinnen Nicole Anyomi und Kathrin Hendrich und zeigte es dann mit drei hochgestreckten Fingern an: drittes Tor im dritten Spiel. Damit ist die DFB-Kapitänin bei ihrem EM-Debüt sogar noch im Rennen um die Torjägerkrone - hinter der bislang überragenden Engländerin Beth Mead (5) und gleichauf mit der Französin Grace Geyoro.

Kapitänin lobt Qualität von der Bank

Viel wichtiger noch als ihre Torausbeute aber war, dass die 31-Jährige beim 3:0-Sieg gegen Finnland zum Abschluss der Vorrunde erstmals seit ihrer Corona-Infektion wieder 90 Minuten durchhielt. Kurz vor Schluss, als sie hinter die eingewechselte Laura Freigang ins Mittelfeld gerückt war, legte sie noch einen 40-Meter-Sprint bis zur Grundlinie hin, um der Frankfurterin auch noch eine Torchance zu ermöglichen. Freigangs Abschluss ging nicht rein, aber irgendwie verdeutlichte Popp mit ihrem Kraftakt auch ihre Wertschätzung für diejenigen, die meistens auf der Bank ausharren und das Team dennoch bedingungslos unterstützen.

"Es ist einfach ein gutes Gefühl und auch ein gutes Zeichen, dass du Qualität auf der Bank hast, die ein Spiel noch mal verändern kann", sagte Popp der Sportschau und lobte insbesondere die Verteidigerinnen Sophia Kleinherne und Anyomi, die gegen Finnland jeweils ihr erstes Länderspieltor erzielten.

Popp herzt Anyomi und Kleinherne - und denkt an Schüller

Popp steht nun bei 56 Toren in 117 Länderspielen - eine Wahnsinnsquote, auch wenn man bedenkt, dass die Wolfsburgerin lange Verletzungspausen hatte und in England ihre erste EM spielt. Als Erfahrenste im Team trägt sie aber natürlich auch eine besondere Verantwortung für die anderen, die erstmals dabei sind. Kleinherne und Anyomi herzte die Anführerin im Finnland-Spiel daher besonders innig. Und auch ihre Konkurrentin im Sturmzentrum vergisst sie nicht. Nach dem 2:0 gegen Spanien hatte sie sich das Trikot der Corona-Infizierten Lea Schüller extra verkehrt herum angezogen, damit Rückennummer und Schriftzug der in Isolation ausharrenden Bayern-Stürmerin zu sehen waren.

Nur allzu gut weiß Popp, wie es sich anfühlt, nicht dabei sein zu können. Die EM 2013 verpasste sie wegen eines Bänderrisses im Sprunggelenk, vier Jahre später fehlte sie wegen einer Knieverletzung. Im April 2021 riss ein Stück Knorpel von der rechten Kniescheibe ab. Dass sie auf dem langen Weg zurück dann auch noch eine Corona-Infektion wegstecken musste, passt zu ihrer Geschichte aus großen Erfolgen und Rückschlägen und steht für die Willensstärke des "Mentalitätsmonsters".

Voss-Tecklenburg: "Poppi ist bereit für das vierte Tor"

Dass Popp trotz ihrer schweren Verletzung jetzt im entscheidenden Moment abliefert und vorangeht, ist der vielleicht entscheidende Baustein im DFB-Team. Ihr Joker-Tor beim 4:0 gegen Dänemark sei der Knackpunkt gewesen, sagt sie. Da habe sie gemerkt, dass sie nicht mehr so viel nachdenken müsse über ihr Knie und ihren strapazierten Körper.

So war sich Bundestrainerin Martina Voss-Tecklenburg denn auch sicher, dass Popp gegen Finnland "mindestens einen reinköpft. Poppi hat das gezeigt, was wir von einer Mittelstürmerin erwarten - mit ihrer Präsenz und Kopfballstärke. Wir haben ihr bewusst 90 Minuten gegeben. Und jetzt ist Poppi auch bereit für das vierte Tor."

Österreich mit unglaublichem Teamspirit

Wenn ihr das am kommenden Donnerstag (21.07.2022 / 21 Uhr MESZ/ live im Ersten und bei sportschau.de) gegen Österreich gelingen würde, käme das deutsche Team dem EM-Halbfinale ein ganzes Stück näher. Dass die Spielerinnen sich so gut kennen, weil viele Österreicherinnen in der deutschen Bundesliga kicken, kann in Popps Augen ein Vor-, aber auch ein Nachteil sein. "Sie haben einen unglaublichen Teamspirit und das kann ganz, ganz viel bewirken", sagt sie über das Überraschungsteam der Vorrunde. "Das wird ein ganz heißes Pflaster, was da auf uns zukommt."

Siegen oder fliegen - Popp freut sich auf K.o.-Spiele

Dass es von jetzt an in der K.o.-Runde "siegen oder fliegen" heißt, darauf freut sich die Draufgängerin: "Das sind die Spiele, die am meisten Spaß machen", sagt sie und heizt die Stimmung für das Nachbarschaftsduell schon ein bisschen an. "Da muss man nicht viel motivieren. Jeder ist bewusst, dass es ein All-in-Spiel ist."

Dieses Thema im Programm: Das Erste | Sportschau | 15.07.2022 | 20:15 Uhr