Sven Mislintat

Mögliche Rückkehr zum BVB Wo für Sven Mislintat alles begann - auch der Ärger

Stand: 02.04.2024 15:56 Uhr

Sven Mislintats Expertise als Talentscout ist unbestritten, seine Laufbahn ist aber auch geprägt von Konflikten - und dem Desaster bei Ajax Amsterdam.

Sollte Sven Mislintat zu Borussia Dortmund zurückkehren, wie mehrere Medien übereinstimmend berichten, wäre das für beide Seiten eine logische Entscheidung. Mislintat ist vor den Toren Dortmunds in Kamen aufgewachsen, den BVB nennt er "Heimat". Und der Klub bekäme einen Fachmann zurück, der ihm einst viele Top-Talente beschert hat.

Gleichzeitig wäre die Personalie für die Borussia nicht ohne Risiko, denn Mislintats jüngere Vergangenheit ist geprägt von vorzeitigen Abschieden im Streit mit dem Tiefpunkt Ajax Amsterdam. Ihren Anfang hatten die Schwierigkeiten aber schon in Dortmund - wo er heftig mit Thomas Tuchel aneinandergeriet.

Kagawa, Lewandowski, Dembélé ...

Damals, 2016, genoss Mislintat in der Szene bereits einen ausgezeichneten Ruf. Als Scout und Chefscout gestaltete er die Meistermannschaften 2011 und 2012 mit, lotste Spieler nach Dortmund, die erst dort zu Stars wurden: etwa Shinji Kagawa, Robert Leandowski, Ousmane Dembélé, Jadon Sancho oder Pierre-Emerick Aubameyang.

Seit dieser Zeit wird Mislintat auch "Diamantenauge" genannt. Sein Erfolgsrezept: eine Mischung aus intensiver Datenanalyse und klassischem Scouting.

Sven Mislintat in seiner ersten Zeit bei Borussia Dortmund

Sven Mislintat in seiner ersten Zeit bei Borussia Dortmund

Streit mit Tuchel

Doch mit Tuchel, der 2015 Jürgen Klopp als Trainer beerbte, geriet er früh aneinander, weil der lange vorbereitete Wechsel des Spaniers Oliver Torres platzte. Die beiden sprachen monatelang nicht miteinander, Tuchel verbannte Mislintat sogar vom Trainingsgelände.

Zwar hielt der BVB weiter zu seinem Chefscout, beförderte ihn Anfang 2017 sogar zum Direktor Profifußball, obwohl Tuchel noch im Amt war. Doch Ende 2017, da war Tuchel dann schon weg, trennten sich trotzdem die Wege. "Ich wäre wahrscheinlich nie auf die Idee gekommen, mich mit anderen Klubs und Angeboten zu beschäftigen, wenn nicht passiert wäre, was eben passiert ist", sagte Mislintat "Reviersport" mit Blick auf den Streit mit Tuchel.

BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke bezeichnete es als seinen "persönlichen Fehler, es zugelassen zu haben, dass Sven Mislintat, ein verdienter Mitarbeiter von Borussia Dortmund, anderthalb Jahre so behandelt worden ist".

FC Arsenal zahlt Ablöse

So trennten sich die Wege und Mislintat wurde zum ersten Talentscout, für den ein Klub Ablösesumme zahlte, angeblich sogar eine siebenstellige. Bei seinem neuen Klub FC Arsenal sollte Mislintat als Leiter der Scouting-Abteilung Teile der riesigen Fußstapfen ausfüllen, die der langjährige Manager Arsene Wenger hinterlassen würde.

Doch nach Wengers Abschied im Sommer 2018 kam es zu Meinungsverschiedenheiten mit dem neuen Führungspersonal, zudem war Mislintats Erfolgsquote bei den Zugängen schlecht. So verlor er im Februar 2019 nach nur 14 Monaten seinen Job.

"Diamantenauge" funktioniert in Stuttgart

Es folgte die Rückkehr in die Bundesliga, der VfB Stuttgart holte Mislintat im April 2019 als Sportdirektor. Das "Diamantenauge" schien fortan wieder besser zu sehen: Sasa Kalajdzic, Wataru Endo, Gregor Kobel, Konstantin Mavropanos, Waldemar Anton, Enzo Millot, Chris Führich, Serhou Guirassy ... viele Zugänge aus Mislintats Amtszeit brachten dem VfB Geld und Erfolg ein.

Mit einigen der genannten Spieler in Schlüsselrollen legt Stuttgart derzeit eine kaum für möglich gehaltene Saison hin, ist als Tabellendritter klar auf Champion-League-Kurs. Kritiker weisen aber darauf hin, dass der Aufschwung erst nach Mislintats Entlassung im November 2022 gekommen sei. Der VfB sicherte sich anschließend über die Relegation so gerade noch den Klassenerhalt und spielt jetzt unter dem neuen Trainer Sebastian Hoeneß Zauberfußball.

Fiasko in Amsterdam

Bei seiner nächsten und jüngsten Station hatte Mislintat keine geringere Aufgabe, als den niederländischen Rekordmeister Ajax Amsterdam wieder in die Spur zu bringen. Er versuchte es mit seinem Erfolgsrezept, holte Spieler mit Potenzial, gab dabei aber mehr Geld aus als etwa in Stuttgart. Sein Ansatz scheiterte kläglich: Schon nach 128 Tagen musste er am 24. September 2023 gehen, kurz darauf fiel Amsterdam sogar bis ans Tabellenende der Liga zurück - ein historisches Desaster mit entsprechend heftiger Kritik in den Niederlanden.

Hinzu kamen Vorwürfe eines möglichen Interessenkonfliktes beim Transfer des früheren Stuttgarters Borna Sosa nach Amsterdam. Mislintat musste gehen, bevor es, wie üblich, einen Monat später auch den Trainer Maurice Steijn traf.

Mislintat: "Es fühlt sich komplett unfertig an"

"Es fühlte sich komplett unfertig an, Ajax zu einem Zeitpunkt zu verlassen, wo man gerade erst die Mannschaft gebaut hat und Werbung dafür gemacht hat, dass diese Mannschaft drei, vier Monate Zeit braucht, sich zu finden", sagte Mislintat im Februar bei "Sky". Er übernehme aber auch die Verantwortung für das schlechte Abschneiden und dafür, den Trainer ausgesucht zu haben, "der nicht erfolgreich in die Saison gestartet ist".

Unter Steijns Nachfolger John van't Schip hat sich Ajax mittlerweile stabilisiert, ohne zu glänzen - Tabellenplatz fünf ist weiter indiskutabel. Mislintats mittelfristige Transferbilanz wird erst in einigen Monaten bewertbar sein.

Offen für Rückkehr nach Dortmund

Was aus Stuttgart wie aus Amsterdam bleibt, ist die Kritik daran, dass Mislintat zu viel Macht angehäuft habe und vor allem bei Ajax Transfers ohne Rücksprache mit dem Trainer getätigt habe. So stellt sich auch mit Blick auf das wahrscheinliche Engagement in Dortmund die Frage, wie er sich ins Gefüge einordnet.

Gefragt danach, ob er sich hypothetisch auch eine Zusammenarbeit mit dem aktuellen BVB-Sportdirektor Sebastian Kehl vorstellen könne, sagte Mislintat im Februar bei "Sky": "Ich habe mit Michael Zorc ausgezeichnet Hand in Hand zusammengearbeitet und habe das mit Thomas Hitzlsperger getan. Ich glaube, dass es immer unfassbar wichtig ist, sehr starke Gruppen zu bauen, die zusammenhalten, die unterschiedliche Expertisen einbringen und in einer gesunden Streitkultur bestmögliche Ergebnisse zu erzielen."

Einer Rückkehr nach Dortmund stehe er jedenfalls offen gegenüber, sagte Mislintat: "Klubs, die im Herzen sind und wo man geboren ist, wo man gearbeitet hat und Wertschätzung erfahren hat, sind immer Arbeitsmöglichkeiten." Sein Vertrag bei Amsterdam sei aufgelöst, von daher wäre Mislintat frei für neue Aufgaben.