Sportkletterer Yannick Flohé in Aktion

European Championships Klettern bei der EM - mit Kopf und Kraft

Stand: 10.08.2022 18:16 Uhr

Lead, Bouldern, Speed - alles schon mal gehört. Aber wie funktionieren die Kletterwettbewerbe bei den European Championships in München? Und was ist Bouldern & Lead? Ein Überblick.

Bei den European Championships werden im Klettern Wettbewerbe (11.-18. August 2022) in vier verschiedenen Formaten ausgetragen. Die Varianten Lead, Bouldern und Speed sind nicht neu, der Kombinationswettbewerb Bouldern & Lead schon. Sportklettern bei den Europameisterschaften ist eine komplizierte Angelegenheit.

Ein Überblick über die Formate, über Unterschiede und Gemeinsamkeiten, über Ziele und Regeln.

Speedklettern:

Um sich einer komplizierten Angelegenheit zu nähern, kann es hilfreich sein, mit dem Naheliegenden zu beginnen. Etwa mit dem Speedklettern, hier verrät schon der Name, worum es geht. Es geht natürlich um Schnelligkeit. Die Route ist genormt, sie ist überall auf der Welt identisch: 15 Meter geht es nach oben, Griffe und Tritte haben immer dieselbe Position. Gesichert wird im sogenannten Toprope, mit einem Seil und von oben.

Der Ablauf der Wettkämpfe ist ein komplizierter. Es gibt eine Qualifikation, hier starten Frauen und Männer getrennt voneinander. Zwei Bahnen, auf denen zwei Athletinnen oder Athleten starten, nur treten sie nicht gegeneinander an. Es geht nur darum, eine möglichst gute Zeit zu erzielen. Die besten sechzehn Athletinnen und Athleten erreichen die Finalrunde. Die besteht aus Achtelfinale, Viertelfinale, Halbfinale, es folgt ein kleines und anschließend ein großes Finale.

Die Finalrunde findet im K.o.-System statt, es scheidet immer ein Teilnehmer aus. Es gewinnt, wer zuerst 15 Meter in die Höhe geklettert ist und anschließend den Buzzer drückt.

Leadklettern:

Der Grundsatz beim Lead: "Je höher, desto besser". Entweder wird das Ergebnis des Laufs in einer Zahl ausgedrückt - die bedeutet, bis zu welchem Griff der Athlet gekommen ist. So zeigt zum Beispiel 42 an, dass der Kletterer bis zum Griff Nummer 42 gekommen ist. Dazu werden Punkte je nach Schwierigkeitsgrad der Griffe vergeben. Das Wunschergebnis der Profis ist "Top". Dann haben sie die ganze Wand bezwungen und das Seil oben in den Haken eingehakt.

Eine Route hat mindestens 15 Meter. In der Qualifikation gibt es zwei mögliche Routen, in den Halbfinals und Finals eine. Dann müssen auch die Zwischensicherungen selbst eingehängt werden, sonst wird der Sportler aus dem Rennen genommen. Außerdem gibt es noch einen Unterschied in den Modi zwischen Vorrunde und Finals: In der Qualifikation kennen die Profis die Route bereits vorher und können diese im Video studieren, in den K.o.-Runden geht das nicht mehr. Dann wird ohne Kenntnis "onsight" geklettert - oft auch die "Königsdisziplin an der Wand" genannt.

Frauen und Männer starten getrennt. Die jeweils besten 26 Athleten sind im Halbfinale dabei, dort wird nochmal weiterselektiert: Acht Frauen und Männer sind im jeweiligen Finale am Start. Übrigens: Sechs Minuten Zeit stehen maximal auf der Uhr, um eine Route zu schaffen. Danach kann man weiterklettern, die gemachten Griffe werden jedoch nicht mehr gezählt.

Bouldern:

Bouldern klingt auf den ersten Blick kompliziert. Es gibt Kletterhindernisse, die "Boulder" genannt werden. Jeder Athlet hat pro Hindernis ein gewisses Zeitkontingent, in der er oder sie das Problem bewältigen muss. Zur Verfügung steht ein Zonengriff und ein Topgriff. Als "Zone" bezeichnet man eine Art Zwischenlösung, als "Top" das obere Ende der Route. Die beste Wertung, die man erreichen kann, ist: "1t 1z 11". Diese heißt, man konnte sowohl den Zonen- als auch den Topgriff im ersten Versuch erreichen und halten. Zum Halten am Topgriff ist eine stabile Körperhaltung nötig, bei der Zone reicht die Hand. Am Ende ist es das Beste, möglichst viele Topgriffe zu erreichen. Doch auch die Zwischenwertungen sind wichtig, denn nicht jeder Boulder wird von jedem Kletterer und jeder Kletterin auch absolviert.

In der Qualifikation gibt es fünf Boulder, jeder Athlet hat für einen Boulder fünf Minuten Zeit. Die Startreihenfolge ergibt sich aus dem Weltranglistenranking. Die besten 20 sind anschließend im Halbfinale dabei. Dort gibt es dann vier Boulder bei jeweils fünf Minuten. Je mehr Boulder letztlich absolviert sind, desto besser. Frauen und Männer starten parallel. Die besten sechs bestreiten das Finale. Alle Durchgänge werden "onsight" geklettert, das heißt die Athletinnen und Athleten kennen die Route vorher nicht.

Das Besondere am Bouldern sind die extremen Körperhaltungen, Sprünge und spekatulären Aktionen, mit denen Routen meist relativ seitwärts bezwungen werden müssen. Dadurch wird die Disziplin immer beliebter bei Zuschauerinnen und Zuschauern.

Bouldern & Lead:

In der Kombination werden die beiden Disziplinen getrennt voneinander ausgetragen. Für Bouldern und für Lead gibt es jeweils eine Punktzahl, die addiert wird. Ganz neu ist die Kombination nicht. Bisher waren Bouldern, Lead und Speed als "Olympic Triple" zusammengefasst worden. Nun hat man jedoch die Speed-Disziplin aus der Kombination herausgenommen. Insofern feiert die Zweier-Kombination in München Premiere. Bei Olympia 2024 in Paris ist Bouldern & Lead in dieser Form dann das erste Mal olympisch.