Eishockey | NHL Leon Draisaitl - besser als der beste Gretzky

Stand: 11.11.2021 10:48 Uhr

Bei den Edmonton Oilers läuft es. Das Team aus Kanada ist in der nordamerikanischen Eishockey-Profiliga NHL so gut gestartet wie nie. Das liegt an Leon Draisaitl, Kapitän Connor McDavid, einigen Neuzugängen - und ein bisschen an einem Lied.

Die Spieler der Edmonton Oilers haben in dieser Saison ein neues Lieblingslied. Nach jedem Sieg tönt "La Bamba" von Los Lobos durch die Kabine. Zwar war das Gros der heutigen Oilers-Profis noch nicht auf der Welt, als der Song 1987 in die Charts kam, dennoch singen Leon Draisaitl und Co. stets begeistert mit - und sie dürfen häufig singen derzeit.

Hinter dem fröhlichen Song steckt jedoch eine traurige Story. Es war das Lieblingslied von Joey Moss, der in den Achtzigern durch Klub-Legende Wayne Gretzky zu den Oilers kam und mehr als 30 Jahre ihr Kabinenwart war. Moss wurde mit Down Syndrom geboren und starb im Oktober 2020 im Alter von 57 Jahren. "Er war ein super Typ, hat uns allen sehr viel bedeutet. Und er hat zu dem Lied öfter mal eine Tanzeinlage rausgehauen", sagt Draisaitl im Gespräch mit der Sportschau.

"Haben wirklich gut gespielt bis jetzt"

Zu Ehren von Moss wird nun also "La Bamba" gespielt. Und es wird oft gespielt. Denn die Oilers gewinnen regelmäßig. Mit neun Siegen aus den ersten zehn Spielen haben sie einen neuen Vereinsrekord aufgestellt. Ihre Bilanz war sogar besser als die von Gretzkys angeführten Meister-Mannschaften in den Achtzigern. Derartige Vergleiche werden in Edmonton gerne als Messlatte bemüht, wenn es besonders gut läuft.

"Wir haben wirklich gut gespielt bis jetzt, verschiedene Wege gefunden, um Spiele für uns zu entscheiden", erklärt Draisaitl. Natürlich, fügt er umgehend an, müsse man schauen, trotzdem noch besser zu werden und weiterhin Punkte zu sammeln. Letzteres hat er bereits getan - und zwar so reichlich wie bislang noch in keiner seiner vorangegangenen sieben Spielzeiten.

Draisaitl und McDavid Topscorer - mal wieder

Nach elf Partien sind es 23 Zähler (zehn Tore, 13 Vorlagen). Damit führt der 26-Jährige mit Teamkollege Connor McDavid die Scorerwertung der Liga an. Mal wieder. Denn der Kölner und der Kanadier waren in den vergangenen beiden Spielzeiten bereits die Profis mit den meisten Punkten. McDavid gewann 2020/21 mit 105 Zählern als Topscorer die Art Ross-Trophy vor Draisaitl (84). Eine Saison davor lautete die Reihenfolge: Draisaitl (110), gefolgt von McDavid (97).

Und nun kommt das Duo nach elf Spielen zusammen bereits auf 46 Zähler. "Kann irgendjemand mit Connor McDavid und Leon Draisaitl mithalten?", fragte die "Sports Illustrated" unter der Woche. Wenn die beiden gemeinsam auf dem Eis stehen, bedarf es nicht vieler Worte. Mitunter reicht sogar ein kurzer Blickkontakt, damit der eine weiß, was der andere gleich machen wird. “Wir haben über die vergangenen Jahre einfach so viel zusammengespielt, antrainiert, dass da nicht viel geredet werden muss. Das ist alles so ein bisschen automatisch", erklärt Draisaitl.

Unmöglich, in jedem Spiel zwei Punkte zu haben

Beim Blick auf seine Statistik muss er ein wenig lachen und lässt sich ein "bislang relativ gut gelaufen" entlocken. Draisaitl führt die gute Bilanz auch auf Neuzugänge wie die von Stürmer Zach Hyman, Warren Foegele und Derek Ryan sowie den 38-jährigen Verteidiger Duncan Keith zurück, der mit Chicago dreimal den Stanley Cup gewann. "Wirklich super Jungs, super Typen", sagt Draisaitl. Jeder der Neuzugänge habe seine Rolle "sehr, sehr schnell gefunden." Genau so etwas habe man gebraucht.

Und genau das habe eben zum guten Auftakt geführt, der wiederum ihm geholfen habe. Die Selbstsicherheit sei einfach da, wenn er das Eis betrete, sagt Draisaitl. Doch dann lässt sich an seinem Tonfall schon erahnen, dass da gleich eine Einschränkung kommen wird. Ein "aber", das alles etwas relativiert: "Ich bin lange genug in der Liga, dass ich weiß, dass es auch Spiele geben wird, wo es einfach nicht läuft. Und das gehört einfach dazu. Die Liga ist zu gut, als dass man da jedes Spiel zwei Punkte macht."

Seit mehr als vier Jahren kein Spiel verpasst

Doch um Tore zu schießen oder welche vorzubereiten, muss man natürlich auf dem Eis stehen. Und das macht Draisaitl seit mehr als vier Jahren so zuverlässig wie nur ganz wenige Spieler in der Liga. Seit dem 24. Oktober 2017 hat er kein Spiel verpasst, war in allen 295 Partien dabei. Dabei hätte er gerade zum Ende der Punkterunden hin sicher eine Pause bekommen, wenn er sie denn gewollt hätte, um vor den Playoffs Kräfte zu sammeln. Doch Draisaitl war immer dabei. Nie verletzt. Nie krank. Nie überlastet. "Ich spiele halt einfach gerne Eishockey", meint er und schmunzelt.

Derzeit gibt es noch etwas, das ihn fröhlich stimmt - der Ausblick auf die Olympischen Winterspiele. Draisaitl ist in seiner Heimat als erster Eishockeyspieler "Sportler des Jahres" geworden. Er hat Deutschland fünfmal bei einer Weltmeisterschaft vertreten und war auch im Sommer 2016 dabei, als in einem Qualifikationsturnier in Lettland das Olympia-Ticket für Pyeongchang gebucht wurde.

Olympiatraum wird endlich war

Da die NHL ihre Profis 2018 dann aber nicht zu den Winterspielen ließ, musste Deutschlands bester Eishockeyspieler vier weitere Jahre auf seine Olympia-Premiere warten. "Ich freue mich da enorm drauf. Das einmal mitzuerleben, ist für mich was ganz Besonderes", betont Draisaitl. Deutschland spielt zum Turnierauftakt gegen Kanada. Draisaitl trifft somit auf seinen Kumpel und Oilers-Kapitän Connor McDavid. Sticheleien, sagt er, habe es noch nicht gegeben, aber das werde kommen, keine Frage.

Vorerst liegt der Fokus der beiden Stars auf dem Liga-Alltag. 40 Partien sind bis zur Olympiapause Anfang Februar noch zu spielen. Die Oilers wollen den guten Saisonstart mitnehmen in den Spätherbst und Winter. Und sie wollen nach den Spielen so oft es geht "La Bamba" hören.