Blutprobe
Sport inside

Kampf gegen Doping Neues Verfahren - Nachweis von Steroiden auch im Blut

Stand: 24.08.2023 08:56 Uhr

Der Biologische Athletenpass (ABP) soll Dopingmissbrauch aufdecken, das gelang nicht immer. Ein neues Verfahren wird das Testsystem nun weiter optimieren, sagt der Dopingexperte Mario Thevis.

Die Welt-Anti-Doping-Agentur (WADA) hat die Neuerungen am Dienstag (22.08.2023) in ihr Programm aufgenommen. Das Verfahren soll die unzulässige Gabe von Steroiden wie Testosteron nachweisen - und könnte den Kampf gegen Dopingmissbrauch entscheidend voranbringen.

Anfang des Jahres hat die WADA ihren Jahresbericht für 2021 veröffentlicht, als Adverse analytical finding (AAF) führt sie darin positive Dopingproben. Identifiziert haben sie bei der WADA 2.197 solcher Fälle, davon entfallen 875 (40 Prozent) auf "Anabolic Agents", also auf Wirkstoffe wie anabole Steroide.

"Die Erweiterung des Biologischen Athletenpasses hat einen besonderen Mehrwert für die Anti-Dopingarbeit", sagt Mario Thevis im Gespräch mit Sport inside. Er ist bei der Deutschen Sporthochschule in Köln Leiter des Instituts für Biochemie und Professor für präventive Dopingforschung. Das neue Verfahren biete "Nachweismöglichkeiten des Missbrauchs anaboler Wirkstoffe wie beispielsweise Testosteron" und trage damit "zur weiteren Optimierung des bisherigen Testsystems bei".

Ähnlich sehen sie das bei der Nationalen Anti-Doping Agentur Deutschland (NADA). Die Fortenwicklung des Biologischen Athletenpasses stelle eine weitere Möglichkeit dar, "Doping noch gezielter aufzudecken", teilt die NADA auf Anfrage von Sport inside mit. Es müsste nun dafür gesorgt werden, dass diese Möglichkeit weltweit zum Einsatz komme. Dann sei dies "ein weiterer wichtiger Schritt für die internationale Chancengleichheit."

Aber was ist eigentlich der Biologische Athletenpass? Wie funktioniert er? Und was ist neu? Ein Überblick.

Was ist der Biologische Athletenpass (ABP)?

Den Biologischen Athletenpass gibt es seit 2009, eingeführt hat ihn die WADA. Er ist ein elektronisches Profil für Athletinnen und Athleten, das Dopingmissbrauch aufzeigen kann.

Bei Dopingkontrollen werden Daten aus Urin- und Vollblutproben dem individuellen Profil von Athletinnen und Athleten aus dem Profisport zugeordnet. So wird ein individueller Normalwert gebildet. Über einen längeren Zeitraum lassen sich daraus Auffälligkeiten und Abweichungen identifizieren. Dabei kann es sich um eine sogenannte natürliche Variabilität handeln, es kann aber auch ein Hinweis auf Doping sein.

Welche beiden Module gibt es beim ABP?

Unterschieden wurde bislang zwischen dem sogenannten hämatologischen Modul, auch bekannt als Blutpass, und dem steroidalen Modul.

Beim hämatologischen Modul wird in dafür beauftragten Laboren aus Vollblutproben ein kleines Blutbild erstellt, Auffälligkeiten dort können Hinweise geben auf die Einnahme von verbotenen Substanzen oder Eigenblutdoping. Das hämtalogische Modul kommt nicht bei jeder Dopingprobe zum Einsatz, es muss gesondert in Auftrag gegeben werden.

Das steroidale Modul wird erst seit 2014 angewendet, angewendet wird es bei Urinproben. Die Steroidwerte wurden bislang ausschließlich im Urin gemessen, doch das war kompliziert: Auffälligkeiten bei diesem Modul deuten auf Doping mit anabolen Steroiden, die auch natürlicherweise im Körper vorkommen, hin. Aber zugeführte Steroide, etwa Testosteron, ließen sich im Urin nicht so einfach von körpereigenen unterscheiden. Dazu war eine teure und aufwändige Zusatzanalyse notwendig. Das dürfte sich nun ändern.

Welche Neuerung wird nun vorgestellt?

Zum Einsatz kommt nun auch ein sogenanntes endokrinologisches Modul. Die NADA schreibt dazu: "Dies dient dazu, den missbräuchlichen Einsatz von Wachstumshormon mit größerer Empfindlichkeit in einem erweiterten Zeitfenster aufzudecken und somit auch Zielkontrollen effektiv planen zu können."

Doch noch wichtiger dürfte eine andere Neuerung sein: Das Steroidmodul wird erweitert, künftig kommen hier auch Blutproben zum Einsatz. Und das könnte Dopingmissbrauch erheblich erschweren. Durch den Einsatz von Blutproben, sagt der Dopingexperte Mario Thevis, könne Missbrauch etwa durch Testosteron präziser nachgewiesen werden. Bei Männern, aber vor allem bei Frauen.

Testosteron ist ein Sexualhormon, es kommt bei Männern und Frauen vor. Aber Männer produzieren sehr viel mehr davon, es ist das wichtigste männliche Geschlechtshormon. Testosteron wird vom Körper gebildet, kann aber auch künstlich zugeführt werden.

"Bei männlichen Athleten sind Testosterongaben durch Urinanalysen im Allgemeinen gut nachweisbar", sagt Thevis. Bei Athletinnen sei dies deutlich schwieriger. "Hier bieten Serumanalysen hinsichtlich der Aufdeckung eines Testosteronmissbrauchs eine vergleichsweise deutlich höhere Erfolgsaussicht. Dies wurde in verschiedenen Studien kürzlich belegt."