Darts-WM Hype um Darts-Spielerin Sherrock: Sie will nur Fallon sein

Stand: 19.12.2021 09:00 Uhr

Mit Fallon Sherrock kehrt die "Queen of the Palace" bei der Darts-WM zurück. Ihre Sonderbehandlung als weltbeste Darts-Spielerin nervt sie zunehmend - aber sie profitiert auch vom Hype.

Es war eine gelernte Friseurin aus Milton Keynes, die vor zwei Jahren im Alexandra Palace in London Dartsgeschichte schrieb: Fallon Sherrock gewann damals als erste Frau überhaupt eine Partie bei der Darts-WM. Erst in der dritten Runde endete ihr Höhenflug.

Sherrock wurde zur "Queen of the Palace", die Fans im Alexandra Palace widmeten ihr ein eigenes Lied. Unter lauter Männern etablierte sich die zierliche Engländerin, aber die Qualifikation zur WM verpasste sie im Vorjahr.

Sherrocks Gegner ist zum 31. Mal dabei

Nun ist die 27-Jährige wieder dabei – und trifft in der 1. Runde ausgerechnet auf Rekordmann Steve Beaton. Beaton, Spitzname "The Bronzed Adonis", ist zum 31. Mal bei der Darts-WM dabei, mehr als jeder andere Spieler zuvor. Sherrock, die Senkrechtstarterin, gegen Dauerbrenner und Darts-Legende Beaton: Das ist auch ein Duell der Generationen, ein Sinnbild des Wandels des Sports. Sherrock selbst gibt sich selbstbewusst: "Natürlich sind die Erwartungen an mich hoch, aber ich versuche das alles auszublenden. Wenn ich in Form bin, kann ich jeden schlagen."

Zwei Jahre nach ihrem Coup im "Ally Pally" steht fest: Fallon Sherrock war eine Sensation, aber sie ist keine Eintagsfliege. Vor kurzem erreichte sie beim hochkarätig besetzten Grand Slam of Darts das Viertelfinale. Kurz zuvor stellte sie mit 101,55 Punkten im Schnitt einen Weltrekord bei den Frauen auf. Ihre Nervenstärke ist gefürchtet – bei den entscheidenden Würfen auf die Doppel ist sie absolute Weltspitze. "Ich fühle mich als bessere Spielerin als noch vor zwei Jahren", sagt die Engländerin.

"Jeder spricht über sie"

Für Vermarkter ist Sherrock ein Traum, denn sie gibt sich auch in Interviews offen, schlagfertig, charismatisch. "Sie ist ein Segen für den Sport", findet deshalb nicht nur Rekordweltmeister Phil Taylor. "Jeder spricht über sie. Mir wurden vor der WM mehr Fragen über Fallon gestellt als über Gerwyn Price als Weltmeister."

Das Problem der Fallon Sherrock ist nur: Ein Großteil dieser Fragen dreht sich noch immer darum, warum und wie eine Frau im Darts einen Mann bezwingen kann.

"Ich bin eine professionelle Darts-Spielerin und keine Kuriosität. Ich will einfach nur Fallon, die gute Darts-Spielerin sein, und nicht die Frau, die die Männer im Darts bezwingt", sagte die Engländerin zuletzt. Sie will ernstgenommen werden. "Letztendlich nehme ich an Darts-Veranstaltungen teil, die für alle offen sind und nicht als Frau an einem Männer-Event."

Startplatz über reines Frauenturnier

Ihren Startplatz für die WM sicherte sich Sherrock aber über ein reines Frauenturnier. Zusammen mit Landsfrau Lisa Ashton setzte sie sich in der "PDC Womens Series" durch - für die beiden Siegerinnen sind zwei WM-Plätze reserviert.

Über die Weltrangliste hätte es für Sherrock nicht gereicht, hier liegt sie nur auf Rang 94. Zu unkonstant sind ihre Leistungen. Eine Tour-Karte, um bei allen wichtigen Turnieren automatisch dabei zu sein, verpasste sie mehrfach deutlich.

Kandidatin für Premier League

Trotzdem ist sie eine heiße Kandidatin für die Premier League, eine wöchentliche Dartsliga, so etwas wie die Champions League des Darts. Hier werden nach der WM die höchsten Preisgelder verteilt - einen der zehn Startplätze zu erhalten, gilt als Ritterschlag.

Der frühere Profi und heutige TV-Experte Wayne Mardle schrieb nach ihren starken Leistungen beim Grand Slam of Darts im November auf Twitter: "Im Interesse des Sports sollte sie eine Einladung für die Premier League erhalten. Sie ist derzeit das größte Marketinginstrument, das wir in unserem Sport haben."

Die Antwort von Weltmeister Gerwyn Price kam postwendend: "Ist er völlig verrückt geworden? Ich habe ihn immer für einen guten Kommentator gehalten, aber manchmal erzählt er einfach kompletten Blödsinn." Und auch der Weltranglistenzweite Peter Wright schaltete sich ein. "Diese Frau verdient einen Platz in der Premier League", so Wright. "Sie inspiriert Frauen-Darts und den Nachwuchs in den Schulen."

Fernsehsender sprechen sich für Sherrock aus

Die Diskussion dreht sich im Grundsatz darum, ob Sherrock sportlich die Premier League verdient hätte – und was ein Startplatz für sie für die Außendarstellung und Vermarktung des Sports bedeuten würde.

Für die Verantwortlichen scheint Letzteres mehr zu zählen. "Wenn ich meine kommerzielle Brille aufsetze, denke ich, dass Sherrock eine Option für die Premier League ist", sagt Eddie Hearn, Geschäftsführer der Dartsvereinigung PDC. Hearn hat die Geschäfte vor kurzem von seinem geschäftstüchtigen Vater Barry übernommen, der im englischen Fernsehen sogar Minigolf und Angeln erfolgreich vermarktet hat. Die Fernsehsender haben sich wenig überraschend schon für eine Teilnahme Sherrocks ausgesprochen.  

Drittrundenduell mit dem Weltmeister?

Nun aber erstmal die WM. In der Auslosung erwischte die Engländerin zunächst machbare Gegner. Steve Beaton und dann möglicherweise Kim Huybrechts sind für sie schlagbar – beide sind schon lange dabei, haben ihre besten Jahre aber hinter sich.

In der dritten Runde könnte es dann ausgerechnet zum Duell gegen den Weltranglistenersten Gerwyn Price kommen. Der Showdown gegen Price, der so vehement gegen ihre Premier League-Teilnahme gewettert hatte, ist für Sherrock das große Ziel. Sollte sie den Weltmeister schlagen, hätte Fallon Sherrock erneut Darts-Geschichte geschrieben - und ein Platz in der Premier League wäre ihr dann wohl auch sicher.