Wintersport | Skispringen Skisprung-Frauen mit neuem Wind zu neuen Erfolgen?

Stand: 15.12.2021 08:00 Uhr

Mit einigen Top-Platzierungen ist der Skisprung-Winter für die deutschen Frauen gestartet. Worin liegt das Geheimnis des neuen Erfolgs?

Der Skisprung-Winter ist erst ein paar Wochen alt - und bei den deutschen Skisprung-Frauen ist eine neue Euphorie entfacht. Mit einem Weltcupsieg, drei weiteren Podestplätzen durch Katharina Althaus und insgesamt zehn Top-15-Platzierungen in den ersten sechs Springen stehen die deutschen Frauen so gut da wie schon lange nicht. Genauer gesagt so gut wie seit drei Jahren nicht. Damals gewann die frisch gekürte Olympia-Silbermedaillengewinnerin Althaus zu Saisonbeginn gleich drei der ersten fünf Springen.

Erster Althaus-Sieg seit fast drei Jahren

Althaus' Sieg im französischen Premanon im Dezember 2018 sollte lange Zeit ihr letzter sein. Bis zum Springen in Lillehammer am ersten Dezember-Wochenende 2021. "Dass mal wieder nach einem Einzelwettkampf die Eins steht, ist wahnsinnig toll", freut sich Althaus auch mit etwas Abstand.

"Es tut gut zu wissen, dass man wieder vorn dabei sein kann." Und woran liegt es, dass die Oberstdorferin wieder in der Weltspitze mitmischen kann und zwischenzeitlich sogar das Gelbe Trikot der Weltcup-Spitzenreiterin trug? Was hat sich im Vergleich zu den Vorjahren verändert?

Was hat sich verändert?

"Wie vielleicht nicht alle mitbekommen haben, haben wir einen neuen Trainer in diesem Jahr bekommen", sagt die 25-Jährige und lacht. Stimmt, Maximilian Mechler heißt der Neue. Der 37-Jährige war selbst Skispringer, trainierte zunächst den Nachwuchs in seinem Heimatverein in Isny, übernahm 2019 den B-Kader der deutschen Frauen und beerbte im Sommer Frauen-Cheftrainer Andreas Bauer.

Und was hat Mechler anders gemacht als Bauer, der als Pionier des Frauen-Skispringens große Verdienste hat? "So viel hat sich nicht geändert", sagen Althaus aber auch Teamkollegin Juliane Seyfarth. Und auch Sportschau-Experte Sven Hannawald hat beobachtet: "Ich sehe keine großen Unterschiede. Maxi hat ebenso wie Andi Bauer eine tiefe einfühlsame Ader, die wichtigen Dinge rüberzubringen."

Große Unterschiede nicht, aber vielleicht sind es die kleinen Dinge? "Wenn ein neues Gesicht da ist, gibt das einen neuen Push. Katharina profitiert davon vielleicht im Moment am meisten", weiß  Hannawald. Bei Althaus hat Mechler beispielsweise Unsauberkeiten zwischen Anlauf und Absprung beobachtet, oder, wie Althaus sagt, "dass ich nicht ganz drübersitze in der Anfahrt und dass der Absprung dann nicht ganz ideal ist."

Mehr Athletik, mehr Technik, mehr Schanzen

Außerdem legte Mechler im Sommer den Schwerpunkt auf die Athletik und Abwechslung an den Schanzen. Pauline Hessler, die gleich im ersten Saisonspringen mit Rang zehn in Nischni Tagil zum besten Weltcupergebnis ihrer Karriere sprang, sagt:

"Wir achten mehr auf Athletik und auch auf die Technik im Allgemeinen". Althaus berichtet von einer schweißtreibenden Vorbereitung: "Ich glaube, ich habe noch nie so viel und hart trainiert wie in diesem Sommer." Und Seyfarth betont: "Wir sind auf vielen verschiedenen Schanzen gesprungen in diesem Sommer. Das war ganz cool."

Hannawald: "Neue Philosophie geht über die Physis"

Mechler betont, dass seine Arbeit lediglich die Fortsetzung eines Prozesses sei, der "unter Andi Bauer angestoßen" wurde, "ich führe ihn intensiver weiter", sagte der Bundestrainer im Sportschau-Gespräch bescheiden.

Hannawald sieht die deutschen Frauen durch diese Arbeit auf einem guten Weg. "Das ist ein gutes Gefühl, diesen Weg zu gehen", sagt der 47-Jährige ehemalige Vierschanzentournee-Sieger. "Die neue Philosophie im Skispringen geht über die Physis. Über mehr Sprungkraft, die du dann auch in die Technik reinbekommen musst."

Ein Prozess, der seine Zeit braucht und nicht in jedem Moment abrufbar ist. So wie bei Katharina Althaus in Klingenthal, als sie im ersten Springen am Freitag (10.12.2021) "nur" Siebte wurde. "Ich weiß aber, wenn es passt, bin ich ganz vorn dabei", sagt Althaus. Einen Tag später passte es, die Vierfach-Weltmeisterin sprang auf Rang drei.

Hessler: "Zeig, was Du im Training kannst"

Mechler verhalf Althaus zu neuem Selbstbewusstsein. Aus dem Mund der Oberallgäuerin klingt das so: "Er versucht, das Beste aus uns rauszukitzeln, arbeitet sehr akribisch. Das macht den Mex einfach aus."

Einen sportpsychologischen Trick, mit dem Mechler Druck von seinen Skispringerinnen nehmen will, verrät Hessler. "Zeig das, was Du im Training kannst. Und nicht noch eine Schippe drauflegen zu wollen. Das versucht er uns immer ziemlich gut zu vermitteln."

Bei Althaus und Hessler hat diese Herangehensweise schon gut funktioniert, Seyfarth ist auch schon in die Nähe der Weltspitze gesprungen. Und auch Luisa Görlich, Anna Rupprecht sowie Selina Freitag hatten bereits starke Einzelsprünge. Die deutschen Frauen scheinen im Olympia-Winter im Aufwind. Auch dank dem neuen Bundestrainer Maximilian Mechler.