Skispringer Philipp Raimund lächelt

Vierschanzentournee Newcomer Raimund – lässiger Typ mit doppelter Sprungkraft

Stand: 30.12.2022 12:43 Uhr

Der 22-jährige Philipp Raimund springt beim Auftaktspringen der Vierschanzentournee auf Platz 14 und feiert damit sein bislang bestes Weltcup-Ergebnis.

Von Vanessa Sieck (Oberstdorf)

Philipp Raimund liebt es, Videospiele zu spielen. Wenn er Lust darauf hat, streamt er das auch ab und zu mal live. Was er aber noch viel mehr liebt, ist Skispringen: "Das Fluggefühl ist einfach etwas Atemberaubendes, wenn man meterhoch in der Luft steht und man aber weiß: Man hat alles unter Kontrolle."

Beim Auftaktspringen in Oberstdorf gelingen dem Deutschen Sprünge auf 118,5 und 124 Meter – Raimund wird damit drittbester Deutscher und ist anschließend fast so gefragt wie die Top-Springer. In der Mixed Zone wird er von den Journalistinnen und Journalisten minutenlang interviewt, einige Fans wollen Autogramme und Selfies. Dabei heißt es: genießen, aber auch den Fokus nicht verlieren.

Skisprung-Fans zaubern Grinsen aufs Gesicht

Philipp Raimund bezeichnet sich selbst als "sehr aufgeweckt" und "chaotisch". Er ist ein lockerer Typ, der über sich selbst schmunzeln kann. Bei der Eröffnungsfeier am Dienstag im Oberstdorfer Kurpark erzählt er von seinem Tournee-Erlebnis von vor zwei Jahren. Damals ist er Teil der nationalen Gruppe, springt im Duell gegen Karl Geiger.

Doch das ist nicht die einzige Herausforderung: Vor lauter schwarz-rot-goldenem Fahnenmeer kann er vom Balken der Schattenbergschanze nicht erkennen, ob sein Trainer ihn bereits abgewunken hat. "Ich bin nicht blind, aber da waren so viele Fahnen und dann habe ich mir gedacht: Gut, jetzt sind schon acht Sekunden grün rum, jetzt sollte ich langsam mal losfahren." Die Fans lachen los, Philipp Raimund lacht mit und Bundestrainer Stefan Horngacher schlägt scherzhaft die perfekte Lösung vor: "Wir müssen mal schauen, ob wir am Flughafen noch Leuchtstäbe finden."

Die braucht es dann aber doch nicht – trotz tausender Fans, die für Gänsehautstimmung sorgen. "Man sitzt da oben, kriegt ein Grinsen aufs Gesicht und denkt sich so: Geil, so viele Fans, so gute Stimmung. Und dann geht man auf den Balken und hört das Beben im Stadion", erzählt Raimund und irgendwie wird man das Gefühl nicht los, dass er das alles selbst noch nicht ganz glauben kann.

Familienmensch Raimund mit speziellem Spitznamen

Seine Familie fiebert im Stadion mit Philipp - oder besser gesagt mit "Hille". Den Spitznamen verdankt er seiner kleinen Schwester. Sie konnte früher seinen Namen nicht richtig aussprechen, nannte ihn "Hille". "Irgendwie hat sich das eingebürgert, viele wissen gar nicht, dass ich Philipp heiße", erzählt Raimund.  

Insgesamt hat er drei Geschwister. Sein großer Bruder motiviert ihn mit fünf Jahren, mit dem Skispringen anzufangen. "Ich wollte immer besser sein als er", erinnert sich Philipp Raimund. Sein Vater trainiert ihn eine Zeit lang. Raimunds Erfolg ist also auch eine Familiensache. Im Gespräch ist das dem 22-Jährigen auch anzumerken: "Ich bin meiner Familie sehr dankbar. Sie geben mir so viel Selbstbewusstsein, die sagen einfach: Hille, wir wissen, dass du es kannst. Glaub einfach an dich, und das ist was sehr Befreiendes."

Raimund überzeugt mit seiner enormen Sprungkraft

In der Vorbereitung auf diese Saison ist Philipp Raimund bei allen Lehrgängen des A-Kaders dabei. Der Oberstdorfer beißt sich im Team von Bundestrainer Stefan Horngacher fest. "Er ist ein hochintelligenter, sympathischer, akribischer Bursche, der doppelt mit Sprungkraft gesegnet worden und auch so voll in Ordnung ist und gut ins Team passt", sagt Horngacher.

Für Philipp Raimund ergibt sich eine neue Situation: Plötzlich ist er gemeinsam unterwegs mit den deutschen Skisprung-Stars. "Ich habe mich erst etwas zurückgehalten, aber dann habe ich relativ schnell rausgefunden: Sie sind auch nur Menschen", erzählt Raimund. Vor allem Karl Geiger habe es ihm extrem leicht gemacht, "weil er mich mit seiner bodenständigen Art miteingeschlossen hat. Da habe ich direkt einen Ansprechpartner gehabt".

Ziel für Garmisch-Partenkirchen: Spaß haben

In dieser Saison sammelt er beim Auftakt im polnischen Wisla Weltcup-Punkte und feiert anschließend zwei Siege im zweitklassigen Continental-Cup. Dank der starken Leistungen springt er jetzt seine erste komplette Vierschanzentournee. Ziele für das nächste Springen in Garmisch-Partenkirchen habe er keine: "Nur Spaß haben", sagt er und läuft lachend zum nächsten Interview.