James Crawford freut sich über sein gelungenes Rennen im Super G

Ski-WM in Courchevel Kanadier Crawford überraschend Super-G-Weltmeister

Stand: 09.02.2023 17:20 Uhr

James Crawford schlägt im Wimpernschlag-Finish im Super-G der Ski-WM in Courchevel alle: Der 25-Jährige, der noch nie einen Weltcup gewonnen hat, jubelt vor einem Norweger und dem Lokalmatador.

James Crawford schwang ab, er blickte auf die Anzeigetafel im Zielraum und dann stieß er dieses laute, durchdringende "Yes" heraus. Es war die pure Freude, die man in seinem Gesicht sah, nachdem seine Fahrzeit grün aufleuchtete. Gegenüber, vor dem eigens aufgestellten Stuhl des bis dahin Führenden, winkte der Norweger Aleksander Aamodt Kilde entnervt ab. Um 0,01 Sekunden wurde er geschlagen. Mit dieser kanadischen Ski-Explosion, die Crawford schließlich bis zum Weltmeistertitel am Donnerstag (09.02.2023) führen sollte, hatte auch er nicht gerechnet. "Ich habe schon öfter gezeigt, dass ich schnell sein und in die Top zehn fahren kann. Aber diese Konkurrenten zu schlagen, das fühlt sich unwirklich an", sagte Crawford im ZDF.

Die Losung vor dem Super-G der Männer bei der Ski-WM in Courchevel war klar: Aufs richtige Timing zwischen Angriff und den nur zwei, drei Toren, in denen Taktik gefragt ist, kommt es an. Der Deutsche Andreas Sander meinte kurz und knapp: "Ich habe mir wirklich nur zwei Sachen genauer eingeprägt und den Rest versuche ich mit Gefühl und Vollgas zu fahren."

Pinturault erneut mit Heim-Medaille

Damit war er nicht allein - die Entscheidung im Super-G war viel mehr als der Kombinations-Super-G zwei Tage zuvor eine Angelegenheit für die Speed-Weltspitze. Rasanz schlug Technik, das zeigte diesmal auch die Anzeigetafel: James Crawford schnappte sich unter den Augen der beiden frisch gebackenen Weltmeisterinnen Federica Brignone (Kombination) und Marta Bassino (Super-G) WM-Gold auf der L'Éclipse in Frankreich vor Aleksander Aamodt Kilde, der damit ebenfalls erst seine erste WM-Medaille errang. Beide sind Experten der schnellen Disziplinen.

Nur der Bronzerang bestätigte als Ausnahme die Regel: Lokalmatador Alexis Pinturault holte nach Gold in der Kombination nun auch überraschend Platz drei im zweiten WM-Rennen. Das lag aber wohl mehr daran, dass der Athlet vom CS Courchevel die Übergänge, Buckel und Ecken dieses Berges so gut kennt wie niemand anderes im Feld. "Ich kann es hier zu Hause mit vielen Freunden und meiner Familie sehr genießen."

Weltmeister noch ohne Weltcupsieg - Odermatt enttäuscht

Der mit Gold-Hoffnungen gestartete viermalige Super-G-Weltcupsieger des Winters, Marco Odermatt, konnte die Schweizer Sehnsucht nach Edelmetall als Vierter dagegen nicht stillen. "Die Enttäuschung ist schon groß", sagte der 25-Jährige. "Aber es war keine schlechte Fahrt, es waren einfach drei schneller. Es ist der kürzeste Super-G im ganzen Jahr und wenn man da ein paar kleine Fehler macht, ist die Zeit schnell weg."

Weil da ein Kanadier kam - und alle überraschte: Noch nie hat Crawford ein Weltcuprennen gewinnen können, aber bei Großevents ist der 25-Jährige immer für eine Überraschung gut: Bei Olympia vor einem Jahr in Peking gewann er schon überraschend Bronze in der Kombination, wurde Vierter in der Abfahrt und Sechster im Super-G. Und nun der ganz große Coup: "Da sieht man wieder: die WM. Es ist eigentlich klar, dass es fast in jedem Rennen eine Überraschung auf dem Podest dabei ist. Heute ist es er", sagte Sander.

Crawfords Coup mit Anleihen bei Marta Bassino

Ähnlich wie die Frauen-Super-G-Gewinnerin Bassino drüben in Méribel legte Crawford bedächtig los, war bei der ersten Zwischenzeit nach 14 Sekunden noch einer der Schlechteren. Je weiter er nach unten raste, desto mehr Gegner schnupfte er dann allerdings - ehe er schließlich mit dieser einen Hundertstelsekunde Vorsprung vor Kilde die Ziellinie überquerte. Es war einer der kürzesten Super-Gs des Winters, aber für Crawford hatte er letztlich genau die richtige Länge.

Sander als Neunter bester Deutscher

Der beste Deutsche Sander landete am Ende auf dem neunten Rang und haderte etwas mit seinem Lauf, in den er zwar nur kleinere Fehler einbaute. Die erwiesen sich aber letztlich entscheidend und führten zu 0,67 Sekunden Rückstand. "Ich habe in einem kurzen Abschnitt die Bewegung vergessen, das hat mich unter der Fahrt schon geärgert in den drei, vier Toren vorm Zielhang. Wenn ich mir was vorwerfen kann, dann auf jeden Fall dort."

Sander funkte umgehend alle Streckeninfos an seine Kollegen nach oben. Gebracht hat das letztlich allerdings nicht viel: Simon Jocher verpasste die Top 20 und Josef Ferstl schied aus. Romed Baumann, vor Sander mit der im Super-G undankbaren Nummer eins gestartet, war nur knapp schneller als Jocher.