Wintersport Zweifel an Rücktritt von FIS-Präsident Eliasch bei Skihersteller Head

Stand: 14.03.2022 15:45 Uhr

Einträge in Firmenregistern lassen Zweifel aufkommen, dass FIS-Präsident Johan Eliasch tatsächlich wie verkündet als Geschäftsführer des Skiherstellers Head zurückgetreten ist. Zudem gibt es Verunsicherung bei den Vermarktungsrechten - und beim Rennkalender.

Kurz nachdem der schwedisch-britische Milliardär Johan Eliasch im Juni 2021 überraschend deutlich zum Präsidenten des internationalen Skiverbands FIS gewählt worden war, löste er ein Wahlversprechen ein. Die FIS verkündete, dass Eliasch mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der Sportartikelfirma Head zurücktrete.

Eliasch weiter Besitzer von Head

"Es war ein Privileg, Head 25 Jahre lang zu führen, aber jetzt ist es Zeit für eine neue Herausforderung", wird Eliasch in der Mitteilung vom 8. Juni 2021 zitiert: "FIS hat enormes Potenzial und meine neue Rolle als Präsident wird mein Fokus sein. Ich lasse Head in sehr fähigen Händen mit einem außergewöhnlich starken Management-Team."

Allerdings blieb Eliasch Besitzer des Unternehmens, sodass eine fragwürdige Konstellation entstand. Head ist einer der erfolgreichsten Ski-Hersteller mit prominenten Sportlern unter Vertrag, zum Beispiel Lindsey Vonn und Alexis Pinturault. Gleichzeitig prägt Eliasch nun als FIS-Präsident den Kurs des größten Skisportverbandes, der demokratische Strukturen hat. Interessenkonflikte sind so kaum vermeidbar.

Firmenregister listen Eliasch weiterhin auf

Umso heikler sind die aufkommenden Zweifel daran, wie konsequent Eliaschs Rückzug aus der Geschäftsführung des Unternehmens wirklich ist. Sport inside hat in mehrere Firmenregister geschaut. Dort wird Eliasch auch im März 2022, neun Monate nach der Rücktritts-Meldung, immer noch als aktiver Geschäftsführer oder Direktor geführt – sowohl bei der übergeordneten Holding in Großbritannien als auch bei Tochterfirmen, zum Beispiel in Österreich.

Statt zu versuchen, die Einträge zu erklären und die Zweifel zu beseitigen, äußerte sich Eliasch nicht. Die Fragen von Sport inside ließ er unbeantwortet.

Eliaschs Führungsstil in der Kritik

In der Skisport-Szene wächst zudem die Kritik an Eliaschs Führungsstil. Der 60-Jährige will eine zentrale Vermarktung auch der TV-Rechte einführen - eine gängige Praxis in der Sportwelt. Allerdings stehen diesem Plan bestehende Verträge im Weg. Denn bisher besaßen die nationalen Skiverbände die Weltcuprechte und beauftragten meist Fremdfirmen mit der Vermarktung. Diese vergaben die Übertragungsrechte an TV-Stationen. Viele dieser Verträge laufen noch mehrere Jahre.

"Die Frage ist: Wie verhandeln Sie diese Verträge?", sagt Richard Bunn. Er arbeitete 20 Jahre lang als TV-Berater der FIS, bis sich die Wege unter Präsident Eliasch trennten: "Warten Sie, bis die Verträge auslaufen? Versuchen Sie, zu verhandeln mit den Rechteinhabern wie Infront und EBU? Oder gehen Sie einfach aggressiv vor? Ich halte es für riskant, den aggressiven Ansatz zu wählen."

Sorgen wegen des Weltcup-Kalenders

Derzeit stelle Eliasch die Verträge grundsätzlich infrage, sagt Stefan Krauß. Der ehemalige deutsche Skirennfahrer ist Vizepräsident Wintersport bei der Schweizer Firma Infront, die einen Großteil der Skisport-TV-Rechte vermittelt – auch an ARD und ZDF. Krauß bemängelt vor allem die Umgangsformen an der FIS-Spitze: "Trotz intensiver Bemühungen auf unserer Seite gab es seit der Wahl von Herrn Eliasch keinen persönlichen Kontakt. Insofern kommt auch keine wirklich sinnvolle Diskussion zustande."

Der Streit um die Rechte wird wohl vor Gericht entschieden. Bis dahin herrscht Ungewissheit - aktuell auch über den Weltcup-Kalender. Dieser steht normalerweise schon im Januar weitgehend fest, damit Detailplanungen beginnen können. Derzeit ist selbst Mitte März noch vieles unklar. "Man spürt es aktuell, dass zum Beispiel mit Blick auf die nächste Saison aktuell Chaos herrscht", sagt Krauß: "Niemand weiß genau, womit man zu rechnen hat. Diese Situation ist nicht zufriedenstellend, gefährlich und für den Skisport sicherlich schädlich."

"Sport ist nicht das gleiche, wie ein Unternehmen zu führen"

Marketingexperte Bunn berichtet von mangelnder Kommunikation seitens des Präsidenten auch an anderen Stellen. Dies führe zu einer Verunsicherung innerhalb der FIS-Mitgliederverbände: "Sport ist nicht das gleiche wie, ein Unternehmen zu führen. Ich denke, der neue Präsident hat leider nicht verstanden, wie wichtig Beziehungen sind - zu den nationalen Ski-Verbänden, zu den Sponsoren. Sie müssen informiert bleiben. Wenn das nicht der Fall ist, ist die Zukunft eher düster."

Noch mehr Hintergründe zum FIS-Präsidenten Eliasch, seinen hochtrabenden Zielen und seinem fragwürdigen Vorhaben, die FIS schon in diesem Jahr "klimapositiv" nennen zu wollen, zeigt Sport inside in dem Film: Ein Milliardär wird Präsident - Kulturschock im Skiverband.