Nordische Kombination Große Abschiede und neue Gesichter
Die Saison in der Nordischen Kombination hat für einige Verschiebungen in den Ergebnislisten gesorgt – sowohl aus deutscher Sicht, als auch international. Das DSV-Team verabschiedet sich von zwei prägenden Figuren der vergangenen Jahrzehnte. Und auch wenn bei den Frauen neue Talente den Weg in die Weltspitze gefunden haben, kämpft die Nordische Kombination vor allem um ihre Zukunft.
"Time to say goodbye" heißt es am Ende der Saison 2022/23 im deutschen Team der Nordischen Kombinierer. Nach 27 Jahren als Bundestrainer beim Deutschen Skiverband (DSV) hört Hermann Weinbuch auf und zieht sich in die zweite Reihe zurück. "Es hat mir immer viel Spaß gemacht, und es hat mir viel gegeben. Ich durfte viele Highlights erleben, wir haben viele Medaillen gewonnen", erklärte der kürzlich 63 Jahre alt gewordene Weinbuch. Zu unglaublichen 59 Medaillen bei Großereignissen hat er seine Schützlinge in den knapp drei Jahrzehnten als verantwortlicher Trainer geführt. Nun will er sein Wissen noch knapp drei Jahre an den Nachwuchs weitergeben.
Sein wohl erfolgreichster Athlet ist Eric Frenzel. Der lange Zeit als "König der Kombinierer" geltende Sachse stellt die Skier nun ebenfalls in die Ecke. Ein letztes Mal ging es in Lahti noch von der Schanze und danach in die Loipe. Im Ziel bildeten seine Mitstreiter aus allen Ländern ein Spalier, durch das Frenzel fuhr, dann gab es direkt eine Sektdusche.
"Ich bin einfach nur überglücklich, das heute so erleben zu dürfen. Es ist eine große Ehre", erklärte er nach seinem letzten Rennen. Jetzt, nach 18-mal Edelmetall bei Weltmeisterschaften, drei Olympiasiegen, fünf Gesamtweltcup-Triumphen und zahlreichen weiteren Erfolgen, ist Schluss. "Zwei Lichtgestalten verlassen uns. Für uns ist das in beiden Fällen ein großer Verlust", erklärte DSV-Sportdirektor Horst Hüttel. Für das deutsche Team gehe eine Ära zu Ende.
Frenzel will sich als Trainer ausprobieren
Sportlich gesehen war Frenzel in den vergangenen Jahren nicht mehr der alles dominierende Kombinierer und selbst im eigenen Team hatten ihm andere inzwischen den Rang abgelaufen. Da muss sich man sich also keine Sorgen machen. Doch wie wird die Vakanz auf der Cheftrainer-Position behoben? "Es wird keine leichte Aufgabe sein, so einen Mann zu ersetzen", bekräftigte Hüttel. Der DSV ist aber auf der Suche - sowohl im eigenen Lager, aber auch international blickt man sich um.
Noch zu früh käme diese Verantwortung für Frenzel. Der erklärte, der Nordischen Kombination erhalten bleiben zu wollen. Auch wenn er nicht glaubt, "dass ich nach Sonntag noch einmal einen Skisprung machen werde", wie er im Vorfeld des letzten Weltcups in Finnland erklärte. Dennoch könne er sich auf lange Sicht einen Trainerposten vorstellen. "Die Nordische Kombination ist die Sportart, die ich liebe und in der ich viele Erfahrungen gesammelt habe. Es wäre schön, da Dinge weiterzugeben", sagte der 34-Jährige der Deutschen Presse-Agentur.
Und warum nicht eines Tages auch Bundestrainer? "Ich denke, dass die Athleten davon profitieren würden - ob im Nachwuchs oder weiter oben. Ich hätte kein Problem damit, das auszuprobieren." Allerdings habe es noch keinerlei Gespräche gegeben. Hüttel aber erklärte, die Tür stehe immer offen.
Julian Schmid nun ein Siegkandidat
Durch seinen Abschied nach seiner herausragenden Karriere bestimmte Frenzel zum Abschluss der Saison noch einmal die Schlagzeilen, diese hatten während des Winters aber andere gefüllt. Aus dem deutschen Team ist da in erster Linie Julian Schmid zu nennen. Der Youngster hatte sich direkt im ersten Wettkampf der Saison mit seinem ersten Weltcup-Einzelsieg ins Rampenlicht gestellt. Zwei weitere Erfolge sowie insgesamt zwölf Podestplätze sollten in diesem Winter folgen. Als Lohn sprang der dritte Platz im Gesamtklassement heraus. Dazu gesellten sich noch drei Silbermedaillen bei seiner ersten WM-Teilnahme.
Im Weltcup musste Schmid lediglich dem Österreicher Johannes Lamparter und Jens Luras Oftebro den Vortritt lassen. Erstmals seit vier Jahren hieß der Sieger in der Endabrechnung damit nicht Jarl Magnus Riiber. Der Norweger hatte im Laufe der Saison immer wieder mit Erkrankungen zu kämpfen und legte den Fokus schließlich auf die Weltmeisterschaften in Planica, wo er mit vier Goldmedaillen in vier Wettkämpfe der dominierende Athlet wurde.
Österreicher Lamparter schreibt Geschichte
Den konstantesten Winter zeigte aber Lamparter, der Doppel-Weltmeister von 2021 sicherte sich die große Kristallkugel. "Da geht ein Kindheitstraum in Erfüllung. Als Kind träumt man vom Weltmeistertitel, Olympiasieg und dem Gesamtweltcup. Es ist einfach toll, Emotionen pur im Moment", erklärte der 21-Jährige, der damit Historisches für sein Heimatland schaffte.
Als letztmals ein Österreicher den Gesamtweltcup in der Nordischen Kombination gewinnen konnte, war Lamparter noch gar nicht geboren. In der Saison 2000/01 war Felix Gottwald der beste Kombinierer des Winters gewesen. Es brauche "noch ein bisschen", um das zu realisieren, so Lamparter. "Wahnsinn" nannte er das Erreichte und hofft nun, mit seinem jungen Alter schon als Vorbild für weiteren Nachwuchs aus der Alpenrepublik zu dienen.
Talent Armbruster kämpft sich in die Weltspitze
Bei den Frauen, die weiterhin um die Anerkennung und ihre Teilnahme an Olympischen Spielen kämpfen, wurde die Weltcup-Saison einmal mehr von Gyda Westvold Hansen dominiert. Zehn Weltcup-Rennen gab es in dieser Saison, alle konnte die Norwegerin für sich entscheiden. Und auch bei der WM in Planica stand sie sowohl im Frauen-Einzel als auch im Mixed-Team ganz oben auf dem Podest. Vor allem auf der Schanze ist sie aktuell ihren Mitstreiterinnen mehr als nur eine Nasenspitze voraus.
Hinter der Ausnahmeathletin formiert sich aber eine immer breite Konkurrenz, die in diesem Winter von der erst 17-jährigen Nathalie Armbruster angeführt wird. Der deutsche Shootingstar machte im vergangenen Sommer mit starken Ergebnissen im Grand Prix auf sich aufmerksam und konnte sich im Oktober den deutschen Meistertitel sichern. Zum Auftakt des Weltcups lief sie direkt auf das Podest, das war vorher noch keiner deutschen Kombiniererin gelungen.
Mit insgesamt sieben Top-3-Platzierungen wurde sie in der Gesamtabrechnung hinter Westvold Hansen "Best of the rest". Ein weiteres Highlight waren zudem die beiden WM-Silbermedaillen. Aber nicht nur Armbruster hat in diesem Jahr aus deutscher Sicht aufhorchen lassen. Auch Jenny Nowak, die im deutschen Team die Pionierarbeit in ihrer Sportart leistete.
Nordische Kombination kämpft ums Überleben
Trotz der einmal mehr gestiegenen Leistungsdichte im erst dritten Weltcup-Winter der Frauen ist der Kampf gegen die Nichtberücksichtigung bei den Olympischen Spielen noch immer nicht zu Ende. 2026 werden nach einem Beschluss des Internationalen Olympischen Komitees aus dem vergangenen Sommer - entgegen dem olympischen Credo, dass in allen Sportarten Frauen und Männer starten sollen – nur die Männer dabei sein. Um gegen den Ausschluss zu demonstrieren, formten die Athletinnen vor jedem Start in die Langlauf-Entscheidungen mit ihren Skistöcken ein "X" über dem Kopf – "No eXception" (keine Ausnahme).
Auch die Männer beteiligten sich an dem Protest, schließlich geht es auch für sie um einen möglichen Ausschluss. Sollten die Frauen nicht ins Programm aufgenommen werden, könnten sie 2030 gestrichen werden. Ohne Olympiapräsenz werden auch die TV-Zeiten zurückgehen, was es wiederum sehr schwer macht, Nachwuchs zu rekrutieren. Trotz einer in weiten Teilen spannenden Saison kämpft die Nordische Kombination also weiter ums Überleben.