Eiskunstlaufen Eistänzerin Katharina Müller – der Frust und die Krankheit

Stand: 25.03.2022 21:44 Uhr

Nach den Olympischen Spielen brauchte Eistänzerin Katharina Müller etwas Zeit, um sich vom ihrem Frust zu erholen. Dabei hat die Dortmunderin schon ganz andere Herausforderungen gemeistert. Krankheitsbedingte Herausforderungen.

Es ist fast, als wäre Katharina Müller live dabei. Kaum hält es sie auf ihrem Stuhl, während an diesem Freitag (25.03.2022) im französischen Montpellier der Rhythmustanz der Eiskunstläufer stattfindet. Immer wieder bewegt sie sich zur Musik, tanzt mit oder geht mit ihrem Oberkörper mit den Bewegungen der Eistänzer in Frankreich mit.

Corona bei deutschen WM-Startern

Aber Eistänzerin Müller ist nicht bei der WM dabei. Aus einem Düsseldorfer Hotel verfolgt sie das Geschehen im Süden Frankreichs. Als deutsche Vize-Meister wurden Müller und ihr Partner nicht nominiert. Stattdessen gab die Deutsche Eislauf-Union (DEU) dem Oberstdorfer Duo Jennifer Jansa van Rensburg und Benjamin Steffan das Montpellier-Ticket. Was die deutschen Meister aber nach einer Corona-Infektion des 36-jährigen Chemnitzers nicht einlösen können. Plötzlich war die WM-Tür wieder offen für Müller und Dieck.

"Es gab Vorkommnisse"

"Wir haben lange überlegt, ob wir es machen", sagt Müller, die aus Düsseldorf dem Sportschau-Livestream vom Rhythmustanz mit Reporter Daniel Weiss zugeschaltet ist.

"Es gab nach den Olympischen Spielen ein paar Vorkommnisse, die uns in ein mentales Tief gebracht haben. Daher haben wir uns gesagt, wir sind mental und körperlich nicht in der Lage, Deutschland bestmöglich zu repräsentieren", erklärt Müller, die seit 2014 mit Dieck zusammenläuft, vieldeutig.

Der Frust der WM-Nichtnominierung sitzt tief. Denn der Winter lief bis dahin gut für die Dortmunder. Bei der Europameisterschaft liefen sie als Zwölfte zu ihrem besten Ergebnis, zudem stellte das Duo in dieser Saison neue persönliche Bestwerte im Rhythmustanz (69,73 Punkte) und in der Gesamtwertung auf (173,74 Punkte) auf. Bei Olympia verpassten sie als 21. nur um 0,06 Punkte das Kürfinale.

Kein Training mehr in Moskau

Dass Müller jetzt nicht in Montpellier sein kann, schmerzt: "In der Seele tut das weh", sagt die 26-Jährige. Es sind nicht die einzigen unangenehmen Gedanken in diesen Tagen. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine hat auch für Müller/Dieck ganz spürbare Folgen.

Das Training in der russischen Hauptstadt Moskau mit Trainerin Anjelika Krylowa ist nicht möglich, derzeit ist noch unklar, wie es für die dreifachen deutschen Meister weitergeht. "Es wird voraussichtlich länger dauern, bis wir wieder nach Russland können. Eine gute Lösung zu finden, wird unsere größte Aufgabe sein."

Leben mit Epilepsie

Doch Müller ist gewohnt, mit Herausforderungen umzugehen. Vor zehn Jahren hatte sie ihren ersten epileptischen Anfall, seither muss sie regelmäßig Medikamente nehmen. "Meine Krankheit wurde mit 16 Jahren festgestellt", spricht Müller in der Sportschau erstmals öffentlich über ihre Epilepsie, eine leichtere Form der Erkrankung.

Und auch darüber, dass sie es damals als 16-Jährige Leistungssportlerin mit der Medikamenteneinnahme nicht immer so genau nahm. "Ich habe gedacht: 'Was kann mir schon passieren?' Erst nach einem Anfall habe ich die Sache ernst genommen".

Schlafen, Tabletten, Sport, gesund leben

Medikamenteneinnahme ist seither kein Thema mehr, auch wenn als Nebenwirkung der Tabletten ihre Schnelligkeit auf dem Eis nachgelassen habe. Dass sie trotz ihrer Erkrankung Eiskunstlauf-Leistungssport in den europäischen Top 15 betreiben kann, macht sie zum Vorbild für viele ähnlich Erkrankte. Ihr persönliches Rezept? "Ich halte mich gesund und fit, ich muss viel schlafen, ich darf keinen Schlafmangel haben. Die Tabletten nicht vergessen und gesund leben."

"Wenn man fünf Jahre ohne Anfall ist ..."

Ihr ganz persönliches Ziel ist aber noch ein anderes: "Die Ärzte sagen, wenn man fünf Jahre ohne Anfall ist, kann man die Tabletten reduzieren. Dann kann man im besten Fall ohne die Tabletten auskommen. Das ist mein persönliches Ziel für meine Gesundheit." Sportlich könnte als großes Ziel die Weltmeisterschaft 2023 in Japan hinzukommen. Und dann hoffentlich mit weniger Frust.