Biathlon | Nachwuchs Biathletin Vanessa Voigt - Entwicklung mit Ansage 

Stand: 10.12.2021 08:00 Uhr

Die Nachwuchsproblematik im deutschen Biathlon wurde in den vergangenen Jahren viel und oft diskutiert. Immer wieder musste sich der Deutsche Skiverband (DSV) unangenehmen Fragen stellen. Umso wichtiger, dass es in der neuen Saison junge Lichtblicke wie Vanessa Voigt gibt. 

Vanessa Voigt ist eine begehrte Gesprächspartnerin im Dauerschnee von Hochfilzen. Die 24-Jährige symbolisiert in den ersten Wochen der neuen Biathlonsaison die Hoffnung auf eine erfolgreiche Zukunft - in der die Biathlonnation Deutschland bei den Frauen auch in einer Zeit nach Franziska Preuß und Denise Herrmann weiter konkurrenzfähig bleiben und um Podestplätze mitlaufen kann.

Beim ersten Weltcup in Östersund zeigte die talentierte Voigt, dass es schon jetzt weit nach vorne gehen kann. Mit zwei sehr guten Leistungen - resultierend in Rang zwölf im Einzel und einem zehnten Platz im Sprint - knackte die Thüringerin die Olympianorm. Für Außenstehende mögen diese Erfolge eine Überraschung gewesen sein, doch in Wirklichkeit sind sie Folge einer Entwicklung mit Ansage. 

Standortwechsel von Oberhof nach Ruhpolding

"Dieses Jahr ist ein Wechsel erfolgt", erzählt Voigt. "Ich trainiere und lebe zwar nach wie vor in Oberhof, aber nur noch zwei Wochen im Monat. Die anderen beiden Wochen trainiere ich in Ruhpolding mit der A-Mannschaft, also zusammen mit Maren Hammerschmidt, Franziska Preuß und Denise Herrmann", fährt die 1,75-Meter große DSV-Athletin fort.

Es ist die Trainingsgruppe der Bundestrainer Florian Steirer und Kristian Mehringer. "Das hat mir von Anfang an sehr gut getaugt. Natürlich bin ich in Oberhof ein wenig auf mich allein gestellt, da trainiere ich dann auch mal mit den Jungs. Wie man an meinem Saisonstart sehen kann, habe ich schon den ganzen Sommer über gemerkt, dass der Wechsel fruchtet."

Bundestrainer Mehringer: "Ich traue Vanessa Voigt alles zu"

Die sportliche Entwicklung von Vanessa Voigt nahm bereits in der vergangenen Saison richtig Fahrt auf. Die Schmalkalderin, die nach Anfängen im Langlauf seit 2013 Biathletin ist, gewann die Gesamtwertung im zweitklassigen IBU-Cup. Der bietet jungen Athletinnen und Athleten eine wichtige Bühne, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Der verdiente Lohn: ihr Weltcup-Debüt im tschechischen Nove Mesto im März. Doch nicht nur sportlich hat Voigt einen Sprung gemacht.

"Ich kenne sie ja schon etwas länger", beschreibt Bundestrainer Kristian Mehringer die zurückliegenden Jahre. "Sie hat eine brutale Persönlichkeitsentwicklung durchgemacht. Sie ist mental einfach sehr stark. Egal wer da rechts oder links neben ihr ist, sie macht ihr Ding. Sie hat jetzt natürlich auch mehr Selbstvertrauen, weil sie gesehen hat, dass es mit ihrer Leistung schon Richtung Top 15 im Weltcup gehen kann."

Deutscher Biathlon hat seit Längerem ein Nachwuchsproblem

Die Ergebnisse von Vanessa Voigt dürften auch Bernd Eisenbichler, den sportlichen Leiter Biathlon im DSV, beruhigen. Denn der deutsche Biathlon hat schon seit Längerem ein Nachwuchsproblem.

Bei den Männern beispielsweise ist keiner im aktuellen Weltcup-Kader jünger als 27 Jahre. Bei den Frauen machen zumindest die 24-jährige Voigt und die 25-jährige Anna Weidel, die krankheitsbedingt beim Weltcup in Hochfilzen nicht an den Start gehen kann, Hoffnung. Und das soll es noch nicht gewesen sein.

Eisenbichler: "Wir sind auf dem richtigen Weg"

Eisenbichler lächelt und erzählt, es gäbe weitere vielversprechende Talente, "die genauso durchstarten könnten, wie die Vanessa, wenn die Schritte in den nächsten zwei, drei Jahren stimmen." Angst und Bange wird ihm bei dem Blick auf die Zukunft des deutschen Biathlons also nicht. Es wird "eine große Herausforderung. Wir werden hart arbeiten und ich glaube, wir sind auf dem richtigen Weg."

Voigt: "Die Hoffnung ist noch nicht verloren"

Es ist ein Weg, den Vanessa Voigt maßgeblich mitprägen und gestalten soll. Zusätzlichen Druck empfindet sie dadurch nicht. "Ich glaube, jeder von uns muss einfach sein Ding machen", gibt sich die Thüringerin entspannt. Ihr Blick ist dabei fixiert.

"Wir messen uns jeden Tag im Training, und da sind wirklich gute Talente dabei, die das vielleicht noch nicht im Wettkampf rübergebracht haben oder noch nicht die Chance bekommen haben." Dann hält sie kurz inne: "Die Hoffnung ist da also noch nicht verloren."

Olympia im Blick

Für Voigt wird es in den kommenden Wochen und Monaten darauf ankommen, sich im Weltcup-Team zu etablieren. Am Schießstand gehört sie bereits zu den Stärksten, "da ist sie eine Bank", bringt es Trainer Mehringer auf den Punkt. Voigts Ziel sei es, zu den deutschen Top-Sechs zu gehören. Die Chancen dafür stehen momentan besser denn je.

Bei den Olympischen Winterspielen in Peking im Februar dabei zu sein, stand für Voigt vor der Saison eigentlich nicht ganz oben auf der Prioritätenliste. "Aber je näher man da ranrückt, desto präsenter wird es", sagt sie und lächelt. Immer an ihrer Seite ist ihr Zwillingsbruder Kevin, der als Fotograf internationale Biathletinnen und Biathleten mit Aufnahmen für deren Social-Media-Kanäle beliefert und zu jedem Weltcup mitreist.

"Er ist meine größte Bezugsperson", erzählt die Athletin. "Und ich hoffe, dass unsere Reise noch viel länger geht." Vanessa Voigt ist aktuell das Symbol der Hoffnung, wenn es um die nächste Generation im deutschen Biathlon geht. Sie scheint dafür gewappnet zu sein.

Sportschau-Wintersport-Podcast, 02.12.2021 12:22 Uhr