Biathlon | Saisonrückblick Einige Fragezeichen nach einer Biathlon-Saison mit Höhen und Tiefen

Stand: 22.03.2022 16:59 Uhr

Einige Höhen, aber auch zahlreiche Tiefen haben die Saison des deutschen Biathlon-Teams geprägt. Nach goldenen Momenten und tränenreichen Abschieden steht die Frage, wie es weitergeht.

Das letzte Biathlon-Wochenende der Saison war aus deutscher Sicht ein ganz besonderes und emotionales. Von Frust über Siegesjubel bis hin zu Abschiedstränen war alles dabei. Während sich die Athleten nun in die wohlverdiente Pause oder den Ruhestand begeben, stellt sich bereits die Frage, wer in Zukunft das deutsche Team anführen wird.

"Es war eine lange und anstrengende Saison. Es hat so aufgehört, wie wir es uns gewünscht haben", sagte Bernd Eisenbichler, der scheidenden Sportliche Leiter Biathlon im Deutschen Skiverband (DSV) nach dem letzten Zieleinlauf. Mit dem Sieg von Erik Lesser in seinem vorletzten Saisonrennen und dem zweiten Platz von Franziska Preuß fand die Saison aus deutscher Sicht ein mehr als zufriedenstellendes Ende.

Biathlon-WM in Oberhof das große Saison-Highlight

Die Athleten also erholen sich zunächst einmal von den Strapazen einer langen und intensiven Saison, bei den Verantwortlichen aber muss der Blick bereits nach vorne gehen. Schließlich steuert man auf einen besonderen Höhepunkt zu: die Weltmeisterschaften in Oberhof im Februar 2023.

Bei den Titelkämpfen im Thüringer Wald geht es für den DSV nicht nur darum, sich als guter Gastgeber zu präsentieren, auch sportlich will man sicherlich besser abschneiden als bei den vergangenen Großereignissen. Natürlich sollen der Sieg von Denise Herrmann bei den Olympischen Spielen und Staffel-Bronze nicht unterschlagen werden. Für das einst so dominante deutsche Team erscheint es aber doch etwas wenig - gerade bei den Männern, die in Peking ohne Beteiligung bei der Siegerehrung blieben.

Die bislang letzten deutschen Weltmeister waren Arnd Peiffer und Herrmann 2019 in Antholz. Danach gab es 30 WM-Entscheidungen, ohne dass im Anschluss die deutsche Nationalhymne gespielt wurde. Für die Männer sprang in dieser Zeit dreimal Silber, für die Frauen sprangen vier zweite und ein dritter Platz heraus. Zudem gab es eine Medaille in der Single-Mixed-Entscheidung 2020. Erst Olympiagold brachte die Bilanz der vergangenen Jahre wieder richtig zum Glänzen.

Die Medaillensammler sind auf dem Rückzug

Mit Lesser und den beiden vor einem Jahr zurückgetretenen Peiffer und Simon Schempp haben bei den Männern sichere Medaillenbringer ihre Skier und das Gewehr an den Nagel gehangen. Und auch hinter Herrmann stehen große Fragezeichen. Einer definitiven Zusage über die Karrierefortsetzung war sie zuletzt ausgewichen.

"Eine Heim-WM reizt immer. Aber es kommt drauf an: Wir schauen jetzt mal, wie sich alles so zusammenstellt und was der Körper so macht. Ich fühle mich gut, ich fühle mich gesund. Aber wir lassen erstmal die Saison zu Ende gehen", erklärte Herrmann jüngst. Nachdem sie alles auf den Saisonhöhepunkt ausgerichtet hatte und dort erfolgreich war, heißt es nun Urlaub genießen und sich dabei Gedanken machen.

Wer übernimmt die Führungsrolle im deutschen Biathlon-Team?

Nur wer geht nun voran und wer kommt nach? Bei den Männern wären sicherlich Benedikt Doll und Johannes Kühn die neuen Speerspitzen. Doll war als Achter des Gesamtweltcups bester DSV-Skijäger des Winters. Aber Norwegen und Frankreich um den Saisondominator Quentin Fillon-Maillet scheinen ein Stück enteilt zu sein.

Bei den Frauen wären wohl Franziska Preuß und Vanessa Voigt nach einem möglichen Abgang Herrmanns die geeignetsten Kandidatinnen für die Führungsrolle. Preuß kam besonders im Saisonendspurt wieder besser in die Wettkämpfe.

Voigt trumpfte in ihrer ersten vollen Weltcup-Saison auf. "Ich bin ganz begeistert von ihrer Entwicklung, weil sie sich läuferisch wirklich kontinuierlich verbessert hat. Diese Entwicklung war bei den Frauen eigentlich das Highlight der Saison", schwärmt auch Sportschau-Experte Arnd Peiffer, der am Donnerstag (24.03.2022) im Wintersport-Podcast zu Gast ist.

Von Hildebrand bis Spark - wer kommt dahinter?

Franziska Hildebrand pendelte diese Saison wie einige ihrer Kolleginnen zwischen Welt- und IBU-Cup, konnte aber bei den letzten Saisonauftritten ihre besten Leistungen abrufen - so auch Janina Hettich. Beide sind aktuell läuferisch jedoch nicht in der Lage, mit der Spitze mitzuhalten. Vanessa Hinz hatte einen eher inkonstanten Saisonverlauf, war in Peking aber Teil des Bronze-Teams.

Anna Weidel begann stark, musste dann aber eine Etage tiefer den Winter beenden. Dort konnte sie noch einmal mit einigen ordentlichen Platzierungen auf sich aufmerksam machen. Zudem erhielten Juliane Frühwirt, Hanna Kebinger, Sophia Schneider und Marion Wiesensarter ihre, abgesehen von Letztgenannter, ersten Einsätze im Konzert der Großen. Allerdings schaffte es keine von ihnen, Weltcup-Punkte zu sammeln. Wiesensarter war dies aber schon in der Vorsaison gelungen.

Lisa Maria Spark als aufstrebende Juniorin

Mit Lisa Maria Spark hatte bei den Junioren-Weltmeisterschaften eine weitere Athletin auf sich aufmerksam gemacht. Sie holte in den USA einen ganzen Medaillensatz. Aus seinen Erfahrungen in der Spitzensportförderung weiß Arnd Peiffer aber, dass eine Vorhersage der Leistungsentwicklung von Athletinnen und Athleten auf Grundlage starker Juniorenergebnisse schwierig ist:

"Da gibt es manche, die schon mit 19 super sind. Und man denkt, die werden mal was reißen. Doch auf einmal stagniert die Entwicklung. Und es gibt andere, die eigentlich weit weg waren, sich aber immer weiter entwickeln. Und dann sind sie mit 24 auf einmal Weltklasse, das ist total faszinierend zu beobachten."

Zobel, Nawrath und Rees folgen bei den Männern

Bei den Männer schob sich zuletzt David Zobel Richtung Scheinwerferlicht und lief in Oslo in allen drei Rennen unter die besten 15. Auch bei Philipp Nawrath gingen die Ausschläge bei den letzten Weltcups eher nach oben. Roman Rees gelang im abgelaufenen Winter viermal der Sprung in die Top Ten. Lucas Fratzscher und Justus Strelow, die im zweitklassigen IBU-Cup unter den besten fünf gelandet waren, durften im Saisonverlauf auch Weltcup-Luft schnuppern.

Ohne Frage wird das deutsche Team auch im kommenden Jahr wieder eine schlagkräftige Truppe an den Start bringen. Ob die Lücke zu den dominanten Nationen aber deutlich verringert werden kann, um dann bei der Heim-WM voll angreifen zu können, werden erst die kommenden Monate zeigen.