Biathlon | Bilanz vom Start in Östersund "Noch ein paar Dinge zu tun" im Biathlon-Team

Stand: 29.11.2021 14:41 Uhr

Der Olympia-Winter hat auch für die Biathleten begonnen. Die ersten Normen für Peking 2022 sind geschafft - die "Basis stimmt". Und doch muss das deutsche Team noch vermeidbare Fehler abstellen. Ein Fazit des ersten Biathlon-Wochenendes in Östersund.

Nach 251 Tagen der Warterei ging es am Samstag wieder los für die Biathletinnen und Biathleten: Der Weltcup startete in Östersund/Schweden durch. Die ersten vier Wettbewerbe sind absolviert. Und während die Sieger bislang aus Tschechien, Schweden oder Norwegen kommen, hat das deutsche Team immerhin einen Podestplatz vorzuweisen.

Ein erstes Fazit über die Leistungsfähigkeit kann also schon mal gezogen werden. "Licht und Schatten", attestiert Sportschau-Reporter Christan Dexne der Mannschaft, der Frauen-Disziplintrainer Florian Steirer sagt: "Es hätte ein bisschen mehr sein dürfen, war aber auch ganz okay."

Denise Herrmann schafft ersten Podestplatz

Gemischter geht’s kaum, schlichte Unzufriedenheit wäre jedoch Jammern auf äußerst hohem Niveau. Schließlich durfte das Team des Deutschen Skiverbandes (DSV) im hohen Norden in Person von Denise Herrmann auch an der ersten Siegerehrung der Saison teilnehmen. Sie lief am Samstag (27.11.2021) im Einzel über 15 Kilometer auf Rang drei.

Tags darauf war sie dann zwar nur 25., relativierte aber: "Ich bewerte die Rennen jetzt nicht so extrem. Das ist für mich noch Teil der Vorbereitung, da muss ich erst noch reinkommen." Sie ist dieses Jahr zurückhaltender als in den Vorsaisons eingestiegen, ihr Fokus gilt den Olympischen Winterspielen im Februar.

Gerade beim Schießen müsse sie sich daher noch Zeit lassen im Wettkampf – und verliere so Zeit. Erwartungen, ihren Podestplatz schnell zu wiederholen, hegt sie daher erst einmal keine. Trotzdem ist ihr auch am zweiten Östersund-Wochenende ab Donnerstag (im Sportschau-Livestream) wieder eine gute Platzierung zuzutrauen.

Neben ihr haben auch Philipp Nawrath, nach jahrelanger Pendelei zwischen Welt- und IBU-Cup nun fest in der Oberklassen-Mannschaft, als Sprint-Sechster sowie Franziska Preuß als -Siebte am Sonntag (28.11.2021) bereits die Olympia-Norm für Peking 2022 eingesackt. "Grad' das Läuferische passt schon wirklich gut", findet die Vorjahres-Dritte des Gesamtweltcups Preuß. "Die Basis stimmt. Man merkt, ich kann mitlaufen und eine Rolle spielen. Das ist eine super Ausgangssituation."

Nawraths sechster Platz - "im Anschluss zur Weltspitze"

Gerade Nawraths Entwicklung besticht. In der Vergangenheit wurde er in der Vorbereitung oft von Verletzungen oder der Ausbildung gebremst. Nun konnte er richtig trainieren – und legte gleich ordentlich los: "Das ist ein Fingerzeig, was wir leisten können", sagt der Bundestrainer Mark Kirchner.

"Da sind wir im Anschluss zur Weltspitze dabei. Das kann auch der Benni." Nur, auch das gehört zur Wahrheit, der angesprochene Benedikt Doll lieferte die Ergebnisse als 32. und 18. zu Beginn noch nicht, weil er auf der Loipe offenbar noch hinter der Topform zurückhängt. "Die Beine wollen noch nicht" sagt er. "Das ganze System ist noch nicht auf Vollgas getrimmt." Auf der Strecke dominieren bei den Männern noch die Skandinavier.

Die Deutschen erfreuen sich dagegen an hoffnungsvollen Aufrückern, die so langsam an die Weltspitze anklopfen: Der 24-jährige Justus Strelow und Roman Rees schafften immerhin die halbe Olympia-Norm bei den Männern. Bei den Frauen schrammte Anna Weidel, 24, am Samstag als Neunte nur um 0,9 Sekunden an der Norm für Peking vorbei, am Sonntag im Sprint wurde sie 16.

Auch da schnupperte sie also an der Qualifikation, einmal Top 8 oder zweimal Top 15 würden reichen. Als einzige Athletin hat sie am ersten Wochenende alle 30 Schüsse ins Ziel getroffen. Auch Vanessa Voigt, 25, setzte als Zwölfte am Samstag ein Ausrufezeichen.

Am Samstag sammeln fünf Männer 20 Strafminuten

"Wir sind auf einem richtigen Weg, das passt. Wir haben aber logischerweise noch ein paar Dinge zu tun", sagt der Sportliche Leiter Bernd Eisenbichler. Vermutlich wäre sein Fazit noch etwas differenzierter ausgefallen, wenn man ihm am Samstag befragt hätte. Denn da überdeckte Herrmanns Podestplatz bei den Frauen die Schießleistung der Männer: Insgesamt 20 Strafminuten sammelten die fünf Deutschen – und der sechste DSV-Athlet Erik Lesser war noch nicht mal am Start.

"Es hat mich leider bei der Anreise hierher so ein bisschen erwischt", sagte der nach dem Rücktritt des Sportschau-Experten Arnd Peiffer verbliebene Teil des berühmtesten deutschen Biathlon-Doppelzimmers am Sonntag über seine Erkältung.

Erik Lesser will in die Top Ten

Sein Ausfall zu Beginn war eine Vorsichtsmaßnahme, am Sonntag wollte er dann jedoch wieder starten und wurde mit zwei Schießfehlern 44. Zufrieden war er damit nicht, schließlich setzt sich der 33-Jährige am Saisonende einen Platz unter den Top 10 im Gesamtweltcup zum Ziel.

Vorne mitlaufen, mehr Licht als Schatten erleben, das ist so der Wunsch der gesamten DSV-Mannschaft – und dürfte auch den realistischen Leistungshorizont der Deutschen in dieser Olympia-Saison widerspiegeln.