Der deutsche Biathlet Benedikt Doll im 10 km Sprint

Gelassenheit und Leader-Qualitäten Biathlon - Die Entwicklung des Benedikt Doll

Stand: 15.12.2022 11:18 Uhr

Nach den Karriereenden von Arnd Peiffer und Erik Lesser findet sich Biathlet Benedikt Doll in dieser Saison in einer neuen Rolle wieder - der Schwarzwälder ist jetzt Anführer und sportlicher Hoffnungsträger im deutschen Männer-Team. Druck, dem Doll mit Gelassenheit entgegentritt. 

Es regnet in Le Grand-Bornand. Und regnet. Die Biathletinnen und Biathleten sind beim Training umgeben von Grau in allen Tönen, dazu ist es seifig und matschig im extra für den Biathlon-Weltcup errichteten Stadion. Von Winterwonderland keine Spur in den französischen Alpen.

"Ein großes Spiel" - entspanntes Zwischenfazit von Doll

Sportschau Wintersport

So ungemütlich das Ambiente anmutet, so prima gelaunt erscheint Benedikt Doll zum Interview. "Meine Grundstimmung ist auf jeden Fall gut", sagt der 32-Jährige, "mittlerweile sehe ich es doch schon ein bisschen gelassener. Am Ende ist alles ein großes Spiel und entweder es klappt, oder es klappt nicht."

Doll tritt in große Fußstapfen

Es ist eine Gelassenheit, die nicht von ungefähr kommt - und die vor allem in dieser Saison wichtig für den Schwarzwälder sein wird. Seine elfte Weltcup-Saison ist eine besondere - Benedikt Doll ist nach dem Karriereende von Arnd Peiffer vor anderthalb Jahren und Erik Lesser im vergangenen März der Anführer und auch der sportliche Hoffnungsträger des deutschen Männer-Biathlons.

Auf Dolls Schultern lastet enormer Druck. "Zum Glück habe ich noch nicht so viele Falten wie Erik und Arnd - da habe ich mich wesentlich besser gehalten", schmunzelt Doll, "mir taugt die Rolle des Leaders ganz gut. Wenn es mal was anzusprechen gibt, dann mache ich das auch. Aber wir ergänzen uns im Team echt gut. Und ich brauche da gar nicht so viel zu leaden."

"Er ist ein echter Kapitän"

Doll wirkt gefestigt. Er ruht in sich. Zwei olympische Medaillen hat er gewonnen, ist Weltmeister geworden, stand bei 34 Weltcuprennen allein oder mit der Staffel auf dem Podest. "Er ist ein echter Kapitän", bringt Männer-Co-Trainer Uros Velepec es auf den Punkt. "Es ist wichtig, eine starke Persönlichkeit im Team zu haben. Wir sind froh, dass er dabei ist, und es macht großen Spaß, mit ihm zusammenzuarbeiten." 

Verheißungsvoller Saisonstart

Der erfahrenste Sportler im deutschen Team ist bekannt für stotternde Saisonstarts - er braucht meist einige Rennen, um in Schwung zu kommen, sagt Velepec. Aktuell ist Doll jedoch in guter Frühform. "Das hat mich, aber auch Benni selbst, wahrscheinlich etwas überrascht", zeigt sich Velepec zufrieden. Doll ist 13. in der Weltcup-Gesamtwertung - lief mit der Staffel in beiden Weltcup-Wochen dieses Winters auf das Podium. Vor allen Dingen Dolls Laufzeiten sind ansprechend.

Während immer wieder zu viele Schießfehler noch bessere Platzierungen verhinderten, gehört Doll in der Loipe regelmäßig zu den fünf Schnellsten. "Man kann einem erfahrenen Athleten wie Benni nicht mehr wirklich etwas beibringen", erklärt Uros Velepec. "Man kann Dinge aber immer unterschiedlich angehen. Das ist mein Job: neue Trainingsmethoden anzubieten, für die sich dann auch langjährige Spitzenathleten interessieren." Anders formuliert, bietet Velepec auch einen Perspektivwechsel. 

Apropos Perspektive: Die hat sich bei Benedikt Doll ohnehin in den vergangenen Monaten drastisch verändert. Die größte Errungenschaft in diesem Jahr hat nämlich mit dem Biathlon nichts zu tun. Im August ist Doll erstmals Vater geworden. Und somit haben sich auch die Prioritäten in seinem Leben verschoben. Damit schließt sich der Kreis zur Gelassenheit, die Doll momentan ausstrahlt. "Ich hab ein Kind und eine Frau daheim. Ich denke an die und kann dann ein schlechtes Rennen besser abhaken."

Karriereende? Noch nicht in Sicht

Nichtsdestotrotz hat sich an Dolls Ehrgeiz nichts geändert. Nach wie vor strebt der 32-Jährige nach Erfolgen - auch im französischen Le Grand-Bornand. Hier möchte er anknüpfen an die guten Rennen der vergangenen Jahre. Im Jahr 2019 gelang ihm ein Sieg im Sprint. "Es hilft nichts: Am Ende muss man hart trainieren und voll aggressiv in ein Rennen reingehen", resümiert Doll. "Mit nur 90 Prozent erreicht man einfach nichts. Und diese Einstellung hat sich bei mir noch nicht geändert. Und solange das so ist, brauche ich auch noch nicht aufhören." Klare Worte. Und so entschwindet Benedikt Doll mit einem Lächeln im Gesicht wieder ins französische, nasskalte Grau von Le Grand-Bornand.