Volleyball-EM Georg Grozer: "Mein Ziel ist natürlich eine Medaille"

Stand: 02.09.2021 20:00 Uhr

Rechtzeitig zur Europameisterschaft ist der Volleyballer Georg Grozer zurück im deutschen Nationalteam. Im Sportschau-Interview spricht er über seine Rückkehr und über Arschtritte, die helfen können.

Sportschau: Herr Grozer, sie sind wieder zurück bei der Nationalmannschaft: Beschreiben sie doch bitte mal ihre Gefühlswelt.

Georg Grozer: Man kennt mich: Ich bin ein emotionaler Typ. Also bei mir fängt es schon an, das Kribbeln, das Adrenalin. Man merkt wieder, dass die Spannung kommt. Ich bin froh, dass ich wieder bei der EM dabei sein kann. Und ich hoffe, dass wir einen guten Start haben werden.

Sportschau: Was hat sie dazu bewogen, nach über einem Jahr wieder zurückzukehren?

Georg Grozer: Ich hatte letztes Jahr eine richtig miese Saison, also jetzt nicht leistungsmäßig, sondern einfach generell, die ganze Atmosphäre und was alles da passiert ist. Nach der Saison, da habe ich mal wieder bei den Jungs zugeguckt. Dieses Kribbeln war da und die Lust, mal wieder mitzumachen. Und irgendwann habe ich gesagt: Ich hätte mal wieder Bock zu zocken. Dann hat sich das schnell verbreitet und dann wurde ich angerufen, ob ich das ernst meine. Ich habe dann gesagt: Ja, wenn die Bedingungen stimmen - ich musste erstmal meine Töchter fragen, weil die natürlich in der Sommerpause immer bei mir sind. Und das war auch ein Hauptgrund, warum ich damals mit der Nationalmannschaft aufgehört habe.

Aber seitdem sind die Kinder auch größer geworden und meine eine Tochter ist Nationalmannschafts-Spielerin geworden. Die andere spielt auch Volleyball, sie begreifen jetzt alles komplett anders. Die haben mich immer gepusht: Warum spiele ich nicht mehr in der Nationalmannschaft? Warum gehe ich nicht zurück? Und so hat sich eine ganz andere  Lage entwickelt und es hat einfach gepasst.

Sportschau: Wie wurden sie von ihren Nationalmannschaftskollegen aufgenommen?

Georg Grozer: Die Mannschaft hat mich mit offenen Armen empfangen. Natürlich freuen Sie sich, dass ich zurück bin und jeder weiß, dass ich eine andere Mentalität habe. Und ich glaube, ich kann ganz viele positive Energie reinbringen und den anderen auch mal in den Arsch treten, wenn es nicht so läuft. Es ist halt eine ziemlich ruhige Mannschaft. Und deswegen glaube ich, mit meiner Art und Weise und mit meiner Persönlichkeit kann ich den Jungs helfen und sie voranbringen.

Sportschau: Bei der EM 2019 hat es für die deutsche Mannschaft nur für den enttäuschenden 8. Platz gereicht. Was für Ziele haben sie sich für dieses Turnier  gesetzt?

Georg Grozer: Eine Medaille holen und die Mannschaft voranbringen. Das sind meine Ziele. Ob das klappt oder nicht, das kann man nie sagen. Aber ich war mein ganzes Leben so. Ich komme jetzt nicht zur Nationalmannschaft zurück, um Halli Galli machen oder um einfach nur dabei zu sein, sondern ich glaube an die Mannschaft. Und ich glaube an uns. Aber jedes Turnier ist ganz anders. Natürlich ist es mein Ziel, eine Medaille zu holen - sonst wäre ich nicht hier.

Sportschau: In der Gruppenphase geht es unter anderem gegen den starken Gegner Frankreich. Ist ein Gruppensieg trotzdem möglich?

Georg Grozer: Mein Ziel ist es, die Gruppenphase zu gewinnen, gar keine Frage. Aber kann man auch bei uns sehen, dass wir im ersten Testspiel gegen Holland eine Superleistung bringen und das dann zwei Tage später nicht mehr schaffen. Da müssen wir im Kopf besser vorbereitet sein. Und ich hoffe, dass das ein Signal war für die Mannschaft. Viel wird davon abhängen, wie wir morgen in das Turnier starten. Weil die anderen Mannschaften auch sehr, sehr unangenehm sind. Man darf keinen unterschätzen. Jedes Spiel wird ein Kampf für uns.

Sportschau: Worauf wird es beim ersten Spiel gegen die Kroaten besonders ankommen?

Georg Grozer: Es hängt an unserer eigenen Performance, ob wir das liefern können, was wir können oder ob wir nervös in das Turnier starten. Das ist immer Kopfsache, weil ich glaube, in den letzten zwei Spielen gegen Holland haben wir schon unser Können gezeigt. Die Frage wird sein, wie wir das abrufen können.

Sportschau: Wen zählen sie zu den Favoriten auf den Titel?

Georg Grozer: Das ist ganz schwer zu sagen. Es gibt da einige Mannschaften: Serbien und Polen. Frankreich wieder, auch Russland. Belgien könnte ich auch noch nennen, die sind auch stark in ihrer Art und Weise. Auch wir sind stark. Es ist alles offen – es ist ein Turnier, in dem alles passieren kann. 

Sportschau: Ist diese EM ihr letztes großes Turnier?

Georg Grozer: Ich mache solange weiter, wie ich dieses Kribbeln habe und dieses Verlangen zu spielen. Solange ich der Mannschaft helfen kann und solange, wie Deutschland mich auch noch braucht, meine Erfahrung noch braucht. Gucken wir mal.

Sportschau: Aber sich mit einem EM Sieg zu verabschieden, das wäre doch perfekt, oder?

Georg Grozer: Ja, natürlich. Aber wenn ich auch jetzt den Titel gewinnen würde, wer weiß, ob ich nicht nächstes Jahr Lust hätte auf die WM. Mein Abschied ist noch weit entfernt, glaube ich. Es kann sein, dass es mir nächstes Jahr körperlich schlechter geht. Aber gerade geht es mir gut. Gerade fühle ich mich in einer guten Phase, in einer guten Periode. Und das möchte ich gerne ausnutzen, solange ich das kann.

Das Interview führte Paul Materne.