Timo Boll jubelt

Tischtennisspieler will zu Olympia "Phänomen" Boll trotzt Verletzung und Alter

Stand: 26.01.2024 12:06 Uhr

Timo Boll ist zurück - an der Platte, in der Weltrangliste und auch im Kampf um eine Olympiateilnahme. Bundestrainer Jörg Roßkopf nennt den 42-Jährigen ein "Phänomen".

Was für ein Comeback - und das mit 42 Jahren: Nach seinem unerwarteten Sieg beim WTT-Contender-Turnier in Doha hat sich Timo Boll in der Weltrangliste von Rang 182 auf 45 verbessert.

"Das ist natürlich ein großer Sprung, aber für mich ist eher entscheidend, dass ich wieder Tischtennis auf einem hohen Niveau spielen kann", sagte der Profi von Borussia Düsseldorf, der in seiner Karriere bereits dreimal an der Spitze der Weltrangliste stand. Im vergangenen Jahr aber fiel er wegen einer Schulterverletzung weit zurück.

Erster Sieg bei Topturnier seit 2021

Monatelang konnte der Rekord-Europameister keinen Schläger in die Hand nehmen. Sogar ein unfreiwilliges Ende seiner über zwei Jahrzehnte dauernden Laufbahn schien plötzlich denkbar. Doch Boll kämpfte sich zurück. Verbesserte sich nach und nach wieder in Sachen Fitness, sammelte Spielpraxis und gewann an Selbstvertrauen. Doch mit dem, was am vergangenen Wochenende passierte, hatte wohl niemand so schnell gerechnet: Boll feierte in Doha sensationell seinen ersten Sieg bei einem internationalen Topturnier seit 2021.

Überwältigt von seinen Gefühlen riss der Tischtennis-Methusalem die Arme in die Höhe und genoss sichtlich den Moment: "Ich bin sehr dankbar dafür, noch einmal das Gefühl des Turniersiegs zu verspüren", sagte der 42-Jährige, der sich damit gleichzeitig zum ältesten Gewinner eines WTT-Turniers krönte. Mit einem solchen Erfolg gerechnet hatte auch Boll selbst nicht - noch eine Woche vor seinem Coup hatte er beim ersten der beiden WTT-Turniere in Katar erstmals gegen seinen Nationalmannschaftskollegen Benedikt Duda verloren. Umso imponierender besiegte der Düsseldorfer nun die Selbstzweifel und drehte scheinbar die Zeit zurück.

Bundestrainer adelt "Phänomen" Boll

In 4:3 Sätzen gewann Boll sensationell das Endspiel gegen den 22 Jahre jüngeren Tomokazu Harimoto, der in seiner Heimat Japan den Beinamen "Wunderkind" trägt. Zuvor hatte er bereits die beiden Südkoreaner Jang Woojin und Lee Sang Su sowie Taiwans Toptalent Lin Yun-Ju aus dem Turnier geworfen. "Timo ist ein Phänomen und wie Phönix aus der Asche zurückgekehrt", sagte ein sichtlich beeindruckter Jörg Roßkopf. Der Bundestrainer betonte: "So etwas gelingt nur den ganz großen Sportlern."

Vor allem die Siege gegen die beiden Weltklasse-Spieler Lin und Harimoto sind ein Zeichen dafür, dass Boll trotz seines Alters und der schweren Verletzung noch immer ein ernsthafter Kandidat für die Olympischen Spiele im Sommer in Paris ist. Daran teilzunehmen, ist sein großes Ziel, dafür arbeitete Boll zuletzt unermüdlich. Der Turniersieg hat dieses Ziel nicht nur mit einem Schlag realistischer gemacht, es hat Boll auch den Glauben an Olympia zurückgegeben. Denn der 42-Jährige begann zunehmend zu zweifeln: "Mir läuft schon etwas die Zeit weg", hatte er noch Anfang des Jahres gesagt.

Allerdings muss sich Boll im Kampf um ein Olympia-Ticket im deutschen Team gegen starke Konkurrenz beweisen. Aus Roßkopfs Kader kommen für das dreiköpfige Paris-Aufgebot auch Europameister Dang Qiu, Dimitrij Ovtcharov und Patrick Franziska in Betracht. 

Team-WM als erster Fingerzeig

Timo Boll ist nach seinem Turniersieg in Katar jedenfalls auch in das deutsche Aufgebot für die Mannschafts-Weltmeisterschaften im Februar in Südkorea berufen worden. Der 42-Jährige gehört genau wie Einzel-Europameister Dang Qiu (beide Borussia Düsseldorf), der Olympia-Dritte Dimitrij Ovtcharov (TTC Neu-Ulm) sowie Patrick Franziska (1. FC Saarbrücken) und Benedikt Duda (TTC Schwalbe Bergneustadt) zum deutschen Team für die WM vom 16. bis 25. Februar in der Hafenstadt Busan.

Bundestrainer Jörg Roßkopf nominierte damit am Freitag zum ersten Mal seit den Olympischen Spielen in Tokio wieder seine Bestbesetzung für eine große internationale Meisterschaft. Bei der Team-WM 2022 oder der Team-EM 2023 hatte er jeweils aus Verletzungs- oder Termingründen auf mehrere Top-Spieler verzichtet.