Die Hoffenheimerinnen haben sich unter anderem mit Ereleta Memeti (l.) verstärkt.

Teamcheck TSG Hoffenheim - dauerhaft in die Champions League

Stand: 09.09.2022 07:40 Uhr

Die Frauen der TSG Hoffenheim spielten vergangene Saison erstmals in der Champions League. Nach Platz fünf in der Liga wollen sie dieses Jahr die Topclubs Bayern und Wolfsburg ärgern - und erneut in die Königsklasse.

So lief die vergangene Saison

Historisch war sie allemal, die vergangene Spielzeit der TSG Hoffenheim. Erstmals qualifizierten sich die TSG-Frauen für die Champions League. Nach der erfolgreichen Qualifikation in Zürich gegen den AC Mailand und Valur Reykjavik traf man auf der ganz großen Bühne auf den FC Barcelona, den Arsenal WFC und Köge aus Dänemark. Nur um wenige Tore verpassten die Hoffenheimerinnen den Viertelfinal-Einzug, im Rückspiel schlugen sie Arsenal gar 4:1.

Doch die "Highlight-Spiele" kosteten auch Kraft. Durch die Auftritte in der Champions League hatten die TSG-Frauen zu viele Körner gelassen, um im Liga-Endspurt besser zu performen. Punktverluste wie beim 3:3 gegen Absteiger SC Sand am letzten oder die 1:2-Niederlage gegen Konkurrent Potsdam am drittletzten Spieltag ließen eine bessere Platzierung als Rang fünf nicht zu.

Wer kommt, wer geht?

Der prominenteste Abgang der Hoffenheimerinnen ist Shootingstar Jule Brand, die bei der großartigen EM im Sommer auf Einsatzminuten bei den DFB-Frauen kam. Die 19-jährige Offensivspielerin wechselte zum Deutschen Meister VfL Wolfsburg. Mit den Worten "Hoffenheim war sehr wichtig für mich. Ich bin sehr dankbar - ich bin in dem Verein zur Nationalspielerin geworden und habe Freunde fürs Leben gefunden", verließ sie die TSG. Außerdem wechselten Judith Steinert zum SC Freiburg und Celina Degen nach Köln.

Den herben Verlust in der Offensive durch den Brand-Abgang hat die TSG durch mehr Qualität in der Breite kompensiert. Neben den eigenen Nachwuchsspielerinnen Lisann Kaut und Linette Hofmann, die in den Profikader aufrücken, kam aus St. Pölten Mittelfeldspielerin Julia Hickelsberger, die bei der EM mit guten Leistungen auf sich aufmerksam gemacht hatte. Mit den Angreiferinnen Ereleta Memeti (SC Freiburg) und Melissa Kössler (Turbine Potsdam) hat die TSG der "Fußballerin des Jahres 2021", Nicole Billa, zwei Verstärkungen im Sturm zur Seite gestellt.

Die 22 Jahre alte Kössler kommt mit der Empfehlung von zehn Saisontoren aus Potsdam, wo sie auch geboren ist und - bis auf ein Jahr in den USA - immer spielte. Nun also Kraichgau statt Brandenburg. "Es ist auf jeden Fall ein bisschen hügeliger als in Brandenburg", erzählt Kössler, deren große Stärke ihre Schnelligkeit ist. Die Weinberge habe sie schon begutachten können und Heidelberg sei eine sehr schöne Stadt.

Ein Blick auf die Abschlusstabelle 2021/2022 wirft die Frage auf, warum Kössler vom Tabellenvierten aus Potsdam zum Tabellenfünften aus Hoffenheim wechselt. "Die Spielphilosophie hat mich sehr überzeugt und die Art und Weise, wie hier Fußball gespielt wird, und das Trainerteam hat mir einfach ein sehr gutes Gefühl gegeben", sagt die neue TSG-Stürmerin.

Der Trainer

Der Kopf des Trainerteams ist seit Sommer 2020 Gabor Gallai, der Cheftrainer der TSG. Der gebürtige Sachse stieß bereits 2015 zum Team und war zunächst für Videoanalysen und individuelle Trainingseinheiten zuständig. Als Nachfolger des ewigen Jürgen Ehrmann (2008 bis 2020) bringt Gallai seit zwei Jahren seine Idee von Ballbesitzfußball mit viel Spielkontrolle und spielerischen Lösungen als Cheftrainer ein.

Bereits in seiner ersten Saison schaffte es Gallai mit den Kraichgauerinnen erstmals in die Champions League. Ein Riesen-Erfolg. Den Kaderumbruch bezeichnet er als "gesunde Fluktuation", er sieht seine Mannschaft nochmal verstärkt im Vergleich zur vergangenen Saison. Gallai versteht es mit seiner Spielphilosophie und den ambitionierten Zielen für die Zukunft, immer wieder Qualitätsspielerinnen in den Kraichgau zu locken.

Erwartungen an die Saison

Zurück in die Zukunft. So könnte die Zielsetzung der TSG für diese Saison heißen. Platz drei und damit das Erreichen der Champions-League-Qualifikation soll es für die Hoffenheimerinnen am Ende wieder werden. Ein Highlight gibt es bereits am zweiten Spieltag (24. September): Dann trifft die TSG erstmals in der 30.150 Zuschauer fassenden Sinsheimer Arena auf den Meister aus Wolfsburg (17:55 Uhr, ARD).

In Hoffenheim hoffen sie, dass gerade solche Partien die tolle EM-Stimmung auch auf die Frauen-Bundesliga übertragen. Mittelfeldspielerin Isabella Hartig erzählt, dass sie nun öfter von Nachbarn oder Bekannten auf ihren Job angesprochen wird. "Zunehmend hört man den Satz: Boah, der Frauenfußball hat sich ja schon ganz schön entwickelt", so die 25-Jährige, die an der Uni Mannheim ihre Doktorarbeit in Data Science schreibt. "Ich denke mir dann immer: Hat der Frauenfußball auch, aber ihr müsst ihn auch mal anschauen, damit ihr das mitbekommt. Aber dafür war die EM natürlich super, dass man die Bühne für den deutschen Fußball genutzt hat."

Da Hoffenheim in dieser Saison nicht in der Königsklasse vertreten ist und somit nicht der Dreifachbelastung ausgesetzt ist, scheint es durchaus im Bereich des Möglichen, dass die TSG-Frauen auch Wolfsburg oder Bayern ein Bein stellen können. Dafür muss die Leistung der Mannschaft laut Trainer Gabor Gallai allerdings "konstanter und nachhaltiger" werden. Viel wichtiger sei es aber, entwicklungsfähige Spielerinnen, die zu Leistungsträgerinnen werden, langfristig an den Verein zu binden. Am besten gelingt das mit einer weiteren Saison unter den "Top 3" der Liga.