Erfolgreiche Ulmer Basketballer

BBL-Finals | Meinung Hart erarbeitet: Das "Basketball-Wunder von Ulm" ist kein Zufall

Stand: 16.06.2023 22:33 Uhr

Die Ulmer Basketballer sind nach dem 74:70 im vierten Finalspiel gegen Bonn zum ersten Mal Deutscher Meister. Für SWR-Sportreporter Kersten Eichhorn ein sensationeller aber verdienter Erfolg des Außenseiters, der vor einigen Wochen nicht zu erwarten war.

Ulm ist Deutscher Basketballmeister...Ulm ist Deutscher Basketballmeister...Ulm ist Deutscher Basketballmeister...Noch brauche ich diese Dauerschleife, muss es mir immer wieder einreden um es zu glauben. Was ein unvergleichlicher, völlig unerwarteter Triumph!

Zittern um die Playoffs

Bestens kann ich mich noch an den zähen Saisonstart oder auch an die Wochen vor den Playoffs erinnern. Im April und Anfang Mai war`s. Und Zittern war angesagt in der Basketball-Hochburg Ulm. Zittern um die K.o.-Runde, um das Highlight der Saison. Reicht es für einen Platz unter den besten acht Teams der Bundesliga? Oder geht die eher durchwachsene Runde für die Orangenen unterm Korb vorzeitig zu Ende?

Erst nach dem vorletzten Spieltag der Hauptrunde waren die Playoffs endlich gebucht. Das Team von Trainer Anton Gavel konnte gerade noch die Kurve kratzen, platzierte sich nach der Vorrunde auf Platz sieben von acht Teams. Aber von wegen: Dabeisein ist alles. Ulm startete ab jetzt phänomenal durch.

Nach Berlin auch die Bayern ausgeschaltet

Erst schalteten die "Uuulmer" Außenseiter im Viertelfinale völlig überraschend Meister Berlin aus, dann düpierten sie im Halbfinale in nur drei Spielen Pokalsieger Bayern München. Die beiden sportlichen und finanziellen Hochkaräter des deutschen Basketballs einfach mal kurz und schmerzlos rausgekegelt aus dem Meisterrennen. Schon das war sensationell. Aber längst noch nicht genug: Finalseriee gegen Champions-League-Sieger Bonn? Jetzt sollte doch Schluss sein mit dem grandiosen Ulmer Lauf, glaubten viele Experten. Aber denkste.

Bereits mit dem Auftaktsieg im Rheinland kippten die Schwaben den Heimvorteil auf ihre Seite. Und spätestens nach dem begeisternd-berauschenden 112:84 im dritten Finalspiel letzten Mittwoch war auch den größten Zweiflern klar: Dieses Ulmer Team steht unmittelbar vor dem ersten Meistertitel der Vereinsgeschichte.

Anton Gavels Meisterstück an der Linie

Der Triumph, das "Ulmer Basketball-Wunder", ist aber beileibe kein Zufall. Er ist das Ergebnis harter und strukturierter Arbeit des Teams und des Trainergespanns um Chefcoach-Neuling Anton Gavel mit seinem Assistenten Tyron McCoy und von Sportdirektor Thorsten Leibenath. Gavel, der frühere Nationalspieler und Ulmer Nachwuchstrainer, schaffte bereits in seinem ersten Jahr als Verantwortlicher an der Linie einen ebenso famosen wie historischen Triumph. Der 38-jährige ist zweifellos der Macher des Erfolgs, Gavel führte eine Gruppe hochtalentierter Basketball-Individualisten, darunter zahlreiche Neuzugänge, binnen weniger Monate zu einem bestens funktionierenden Kollektiv zusammen.

Leibenath ergänzte das Team während der Runde mit Volltreffern wie Paul und Caboclo. Spieldisziplin wurde gebündelt mit Spielfreude. Dafür sprechen auch die nackten sportlichen Zahlen: Ulm erzielte in den Playoffs die meisten Punkte, die meisten Dreier, hatte die meisten Assists.

Ulms Integrationsfigur Per Günther musste ersetzt werden

Nicht vergessen bei der Entwicklung dieser Mannschaft darf man auch das Fehlen der jahrelangen Ulmer Integrationsfigur Per Günther, der Playmaker hatte seine Karriere letzten Sommer beendet. Neue Hierarchien im Ensemble mussten erst gebildet, neue Führungsspieler gefunden werden. Nach dem hakeligen Rundenverlauf, zeigten sich die Ulmer mit dem Beginn der Playoffs auf die Minute pünktlich in Überform. Nationalspieler Karim Jallow übernahm in den Playoffs mehr und mehr das Zepter, der gerade erst 19-jährige spanische Wunderknabe Juan Nunez verteilte neben dem quirligen Brasilianer Yago die Bälle.

Hinzu kam die überragende Unterstützung der 6.000 euphorisierten Ulmer Basketball-Fans in den Heimspielen. Die Tickets für die vierte Finalpartie waren binnen 60 Sekunden ausverkauft. Eine Tollhaus-Arena in Orange, hilfreich gerade in den schwierigen Phasen des vierten Finalspiels, ehe der knappe und entscheidende 74:70-Erfolg unter Dach und Fach war. Wunderbar.

Auf Platz sieben zur Basketball-Meisterschaft - das gab es noch nie

Und auch diese Fakten des Favoritenschrecks sind einzigartig und verdeutlichen die meisterliche Leistung: Ulm ist das erste lediglich auf Platz sieben gesetzte Meisterteam der Bundesliga. Noch nie gelang es einer Mannschaft, die an eins, zwei und drei topgesetzten Konkurrenten wie Berlin, Bayern und Bonn auszustechen. Und: Ulm ist der erste Basketball-Champion seit 14 Jahren, der nicht aus Berlin, München oder Bamberg kommt. Verdient ist er allemal, schließlich spielt die Vorrundenleistung im Playoff-System nur bedingt eine Rolle.

Man muss es sich immer wieder vorsagen, um es zu glauben: Ulm ist Deutscher Basketballmeister...Ulm ist Deutscher Basketballmeister...Ulm ist Deutscher Basketballmeister...