Horst Huettel (Deutschland, DSV Sportdirektor Skisprung und Nordische Kombination)

Nordische Kombination DSV-Sportdirektor Hüttel - "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht"

Stand: 12.10.2023 14:23 Uhr

Die japanische Stadt Sapporo verzichtet auf eine Bewerbung um die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele 2030. Das könnte auch Auswirkungen auf die um ihre Zukunft kämpfende Nordische Kombination haben. DSV-Sportdirektor Horst Hüttel ordnet die Lage ein.

Droht der Nordischen Kombination 2030 das Olympia-Aus? Diese Befürchtung erhielt am Mittwoch (11. Oktober) zumindest neuen Nährboden, nachdem die japanische Stadt Sapporo ihren Verzicht für eine Bewerbung der Spiele in sieben Jahren erklärt hatte. Japan kann einige Erfolge in der Nordischen Kombination aufweisen und gehörte in den vergangenen Jahren im Weltcup zur erweiterten Spitze. Die Sportart hätte wohl ihren festen Platz bei möglichen Spielen in Sapporo gehabt. Dagegen sind die übrigen drei Bewerber USA (Salt Lake City), Schweden (Stockholm) und Frankreich (Provence-Alpes-Cote d'Azur und Auvergne-Rhone-Alpes) nicht als große Nationen in der Nordischen Kombination bekannt.

Nordische Kombination am Scheideweg

Sapporos zurückgezogene Bewerbung aufgrund massiver Korruptionsskandale im Zusammenhang mit den Olympischen Spielen in Tokio im Sommer 2021 hat auch den Deutschen Skiverband (DSV) aufhorchen lassen. "Japan ist sicher die Nation der Bewerber, die am engsten mit der Nordischen Kombination verbunden ist", sagt DSV-Sportdirektor Horst Hüttel im Gespräch mit Sport im Osten. "Wieviel es am Ende ausmacht, ist aber schwer einzuordnen. Aber bei der sogenannten 'Host Nation' wird auch auf Wünsche und Anträge eingegangen."

Der DSV kämpft wie viele andere Nationen und Athleten um das Überleben der Nordischen Kombination. Der Sportart droht ein Olympia-Aus auf Raten. Zu wenig Leistungsdichte, fehlende Vielfalt in den Wettbewerben und nicht zufrieden stellende Einschaltquoten – so lauten die Kritikpunkte des Internationalen Olympischen Komitees (IOC). Die Nordischen Kombiniererinnen haben keinen Platz bei den Winterspielen 2026 in Mailand und Cortina d'Ampezzo. Auch den Männern droht das Aus. Die gestoppten Olympiapläne Sapporos verheißen daher nichts Gutes.

Die Zweitplatzierten aus Deutschland mit (vorne l-r) Nathalie Armbruster und Jenny Nowak aus Deutschland ; (hinten l-r) Julian Schmid und Vinzenz Geiger aus Deutschland jubeln im Ziel über Silber.

Jenny Nowak (r.) und Nathalie Armbruster holten gemeinsam mit Julian Schmid und Vinzenz Geiger WM-Silber in Planica. Eine Teilnahme bei Olympischen Spielen blieb ihnen bisher versagt.

Hüttel: "Die Zahlen stehen für uns"

Entscheidender werden aber die Nordische Ski-WM 2025 und die Olympischen Winterspiele 2026 sein, meint Hüttel. Diese beiden Großevents gelte es so "positiv wie möglich zu gestalten", wenn das IOC im Anschluss eine Entscheidung fällen will. Argumente für eine Fortführung der "Königsdisziplin" gebe es laut Hüttel zur Genüge. "Die Zahlen stehen für uns", sagt der 55-Jährige. Bei den vergangenen drei Ausgaben der Olympischen Spiele habe man die Zahl der teilnehmenden Nationen sukzessive auf 17 steigern können. "Das heißt, die Anzahl der Nationen ist da", so Hüttel.

Auch das Prinzip "nations help nations" wonach sportlich stärkere Nationen wie Deutschland, Norwegen und Österreich Kooperationen mit anderen Ländern eingehen, laufe gut an. Der DSV gibt sein Know-how beispielsweise an die Schweiz, die Niederlande und Tschechien weiter. Schon in der anstehenden Saison sollen zwei tschechische Athletinnen ins Weltcup-Team integriert werden.

"Positive Resonanz" auf neues Wettkampfformat

Auch mit dem neu eingeführten Compact-Format sieht sich der DSV gut aufgestellt. Dabei legt das Ergebnis im Sprung lediglich die Startreihenfolge der Athleten beim Langlauf fest. Enorme Zeitabstände, die dem Rennen bereits vor dem Start oftmals die Spannung nahmen, sollen damit zumindest in diesem Format der Vergangenheit angehören.

"Die Dramaturgie ist dadurch sofort dabei", erklärt Hüttel. Die Resonanz von Athleten, Verbänden und Zuschauern auf den neuen Wettbewerb war beim Anfang September ausgetragenen Grand Prix im österreichischen Villach "ausnahmslos positiv". Daher werde es in der kommenden Weltcupsaison auch eine kleine Kristallkugel im Compact-Format geben. "Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht", meint Hüttel.

Kritik an FIS-Präsident Eliasch

Deutlich mehr Unterstützung wünscht er sich hingegen vom internationalen Dachverband FIS. Diese könnte in Person ihres nicht unumstrittenen Präsidenten Johan Eliasch noch "stärker auftreten und ein noch klareres Bekenntnis nach Außen gegenüber dem IOC und der Öffentlichkeit" für die Nordische Kombination geben. Eliasch sei "nicht wirklich ein Kämpfer der kleineren Disziplinen", kritisiert Hüttel. Zudem habe die FIS mit Blick auf die Herausforderungen durch den Klimawandel und eine Modifizierung des Wettkampfkalenders "im Moment eher mit sich selber zu tun".

red