
Niederlage bei Manchester City Tuchel-Effekt verpufft: Bayern-Bosse unter Druck
Nach drei Wochen ist die Bilanz von Thomas Tuchel ernüchternd: Heimpleite im DFB-Pokal, auch in der Champions League droht nach der Niederlage bei Manchester City das Aus. Die Kritik an den Bayern-Bossen wächst.
Nicht nur der Himmel über Manchester übergoss sich am Dienstagabend über dem FC Bayern. Das Team von Thomas Tuchel kassierte auch sportlich eine kalte Dusche, das 0:3 im Viertelfinal-Hinspiel bei Manchester City erstickte die Titelträume in der Champions League im Keim. Nach dem zweiten Nackenschlag in Tuchels junger Bayern-Ära gerät nun auch die Führung der Bayern unter Druck.
Denn Tuchel war von Vorstandsboss Oliver Kahn und Sportvorstand Hasan Salihamidzic vor drei Wochen geholt worden, um alle drei großen Titel mitzuspielen. "Da wir die Ziele für diese und die nächste Saison gefährdet gesehen haben, sind wir zu dem Schluss gekommen, dass wir Julian (Nagelsmann, Anm. d. Red.) freistellen."
Tuchel hatte bei seinem Antritt betont, dass Nagelsmann dafür gesorgt habe, "dass wir Ende März noch in der Lage sind, alle Titel zu gewinnen". Mitte April ist klar: Von drei möglichen Titeln ist nur noch die deutsche Meisterschaft ein realistisches Ziel. Im DFB-Pokal wurde der Rekordmeister vom SC Freiburg düpiert, in der Champions League waren Pep Guardiola und City eine Nummer zu groß.
In den ohnehin schon angespannte Lage platzte dann noch die Nachricht, dass Sadio Mané seinen Mitspieler Leroy Sané in der Kabine nach der Niederlage in Manchester geschlagen haben soll. Die Klubführung beriet nach Medienberichten am Mittwochabend über Konsequenzen für den Stürmer.
City verpasst FC Bayern "drei Ohrfeigen"
Die Partie in Manchester war lange Zeit ausgeglichen und die Bayern spielten eine Stunde lang gut mit. Doch nach dem Blackout von Dayot Upamecano und dem 0:2 (70.) geriet das gesamte Bayern-Team mächtig ins Wanken – Erling Haaland (76.) erzielte den 0:3-Endstand, der durchaus höher hätte ausfallen können.
"Ein Wirbelsturm" sei über die Bayern hinweggezogen, titelte die spanische Zeitung Marca. Die AS sprach von einer "Zerstörung" und die italienische Gazzetta dello Sport von einer "einer Fußball-Lektion und drei Ohrfeigen für Bayern".
Tuchel ist "schockverliebt"
"Wir stehen nun mit einem ganz bitteren Ergebnis da. Aber ich weigere mich, die Leistung schlecht zu reden", stellte Tuchel nach dem Spiel klar und ließ ein flammendes Plädoyer für sein Team folgen: "Ich habe mich schockverliebt in meine Mannschaft. Wir waren emotional, haben uns gewehrt und haben dann auch noch mal nach der Pause zugelegt. Ich finde, dass wir schon ein gutes Ergebnis verdient hätten, auch wenn es jetzt blöd klingt."
Die Aussagen von Tuchel sorgten für Verwirrung – unter anderem bei den Bayern-Fans im Netz. "Also wenn ein Trainer mit einer 0:3-Pleite zufrieden und schockverliebt ist, was soll man dazu sagen?", schrieb "Fliegenfischer". "Lugh3" pflichtete bei: "Statt eine Epoche mit dem talentiertesten Trainer durchzuziehen, wird total kostspielig versagt. Der Fisch stinkt vom Kopf."
Kritik an Führung wächst: "Debatte birgt Zündstoff"
Gemeint ist die Führung des FC Bayern. Ist der viel diskutierte Trainerwechsel schon nach vier Spielen und zwei Niederlagen verpufft? "Da könnt ihr Hasan fragen. Dazu werde ich ich mich nicht äußern. Die Debatte birgt Zündstoff", sagte Bayern-Star Thomas Müller auf die Frage.
Die Frage an Salihamidzic, der hauptverantwortlich für die Trainer-Entscheidung ist, wurde vom Sportvorstand reserviert beantwortet: "Die Ergebnisse im Pokal und in der Champions League haben nicht gestimmt. Trotzdem haben wir gesehen, dass wir guten Fußball spielen. Wir brauchen ein bisschen Zeit."
Schweinsteiger über Trainer-Wechsel
Trotz guten Fußballs - die gesteckten Ziele wurden verfehlt. "Die Idee war klar, die neue Bayern-Führung wollte das Triple", sagt Sportschau-Experte Bastian Schweinsteiger. "Sie waren nicht zufrieden mit der Entwicklung der Mannschaft unter Nagelsmann und mit Tuchel war ein erfahrener Trainer auf dem Markt. Der Tausch war mutig und manchmal wird Mut auch nicht belohnt, zumindest noch nicht."
Die vor drei Wochen noch so großen Titel-Ambitionen wurden von Vorstandschef Oliver Kahn noch am Abend nach unten korrigiert: "Wir haben die große Möglichkeit, deutscher Meister zu werden. Es ist alles sehr, sehr eng." Für das Rückspiel gegen die Citizens "sieht es nicht so gut aus". Eine Brandrede oder Kampfansage vom Bayern-Boss blieb bei der traditionellen Bankett-Rede aus: "Wir haben die Pflicht, in diesem Rückspiel noch mal alles, was möglich ist, reinzuwerfen."
Schweinsteiger: "Spiele werden nicht auf der Tribüne entschieden"
Auch Schweinsteiger sieht die Führungsriege der Bayern zunehmend in der Bringschuld: "Nach dem Ausscheiden von Hoeneß und Rummenigge muss die neue Bayern-Führung ihren eigenen Weg finden. Kahn und Salihamidzic standen ja beide für das 'Mia san Mia' als Spieler, jetzt müssen sie es noch in bessere Ergebnisse umsetzen als Manager des Vereins."
Gleichwohl dürfe der Fokus aber nicht nur auf den Verantwortlichen am Spielfeldrand liegen. "Man darf die Mannschaft nicht aus der Pflicht lassen", so Schweinsteiger. "Die Spiele werden nicht auf der Tribüne entschieden."
Fokus auf Bundesliga und CL-Rücklspiel
Der Fokus liegt vor dem Rückspiel am 19. April (21 Uhr / Livereportage zum Hören) nun auf der letzten realistischen Titelchance und dem Bundesliga-Heimspiel gegen die TSG Hoffenheim am Samstag (15.30 Uhr / Livereportage zum Hören).