Legenden unter sich: Almuth Schult und Birgit Prinz im Gespräch

BR24 Sport Profi-Bedingungen in der Bundesliga? "Noch weit davon entfernt"

Stand: 20.07.2023 12:12 Uhr

Almuth Schult blickt zum Start der Fußball-Weltmeisterschaft der Frauen auf die Entwicklungen im Frauenfußball. Man sei auf einem guten Weg, doch auch in Deutschland müssen einige Bundesliga-Spielerinnen noch Nebenjobs nachgehen.

Von BR24Sport

32 Mannschaften kämpfen bei der Fußballweltmeisterschaft in Australien und Neuseeland um den Titel - zumindest offiziell. Denn bei einigen Mannschaften dürfte das Motto "Dabei sein ist alles" an erster Stelle stehen. Ob der Frauenfußball schon bereit ist für so ein großes Teilnehmerinnenfeld? "Diese Frage werden wir erst hinterher beantworten können", sagt die ehemalige Nationalspielerin und heutige ARD-Expertin Almuth Schult im Interview mit BR24Sport. "Ich habe sie mir auch gestellt - gerade wenn man manche Mannschaft liest, ob es die Philippinen oder Haiti sind, kommt man ins Zweifeln. Aber die Vorbereitung war gar nicht so schlecht. Ich bin sehr gespannt und man muss sagen, dass in den letzten vier Jahren viel passiert ist."

Das bekam auch die deutsche Nationalmannschaft zu spüren. Die Spielerinnen von Martina Voss-Tecklenburg, eigentlich Mitfavoritinnen auf den Titel, zeigten sich vor dem Turnier noch nicht in Bestform: Ein knapper 2:1-Sieg über Vietnam, eine 2:3-Niederlage gegen Sambia: "Die Ergebnisse waren nicht zufriedenstellend. Man kann immer argumentieren, dass es nur die Vorbereitung war und man noch nicht bei hundert Prozent ist. Aber der Anspruch ist dann doch ein anderer", sagte Voss-Tecklenburg.

Schult über Frauenfußball: "Es hat sich viel getan"

Doch allzu große Sorgen macht sich die ehemalige Nationaltorhüterin, die Deutschland weiter zu dem großen Favoritenkreis zählt, nicht: "Bei der Europameisterschaft im vergangenen Jahr ist ja auch nicht alles rund gelaufen. Das Turnier ist dann ja doch sehr, sehr gut ausgefallen." Am Ende scheiterte Deutschland im Finale an England. Durch die Vorbereitungsspiele und den überraschenden Auftaktsieg Neuseelands über Norwegen dürfte das DFB-Team gewarnt sein, vermeintlich kleine Mannschaften nicht zu unterschätzen.

Dass nun auch im Frauenfußball die alte Weisheit gilt: Es gibt keine kleine Mannschaften mehr, liegt laut Schult auch an den Entwicklungen in den vergangenen Jahren. Seit der WM vor vier Jahren habe sich sehr viel getan: "Es gibt deutlich mehr Investitionen, deutlich mehr Infrastruktur - ob in den nationalen Ligen oder den Verbänden. Es gibt deutlich mehr Zuschauer, mehr Medieninteresse. Da hat sich viel getan."

270.000 Dollar für den Weltmeister-Titel - Prämien stark gestiegen

Dennoch gibt es auch laut Schult noch viel zu tun. Auch was das Dauerthema Bezahlung angeht. Von den Männer-Gehältern sind die Fußballerinnen noch weit entfernt. Doch das ist weder Forderung noch Ziel von den Spielerinnen. Die große Hoffnung ist deutlich bescheidener: "Ich hoffe, dass immer mehr Spielerinnen tatsächlich professionell Fußballspielen können und nicht noch nebenbei arbeiten müssen", sagt Schult. Ein erster Schritt: Die Fifa hat die Prämien für die Spielerinnen bei der WM deutlich in die Höhe geschraubt.

Die Spiele der DFB-Elf in der Radio-Livereportage:

30.000 Dollar bekommen alle Spielerinnen für die Teilnahme an der Gruppenphase. Der WM-Titel brächte jeder Fußballerin 270.000 Dollar ein. Eine Erhöhung um 415 Prozent im Vergleich zum Turnier vor vier Jahren. dennoch: Bei den Männern ist die Prämie der Fifa ungefähr zehnmal so hoch. Dennoch gibt es eine deutliche Steigerung. Und auch in der Bundesliga steigen die Gehälter seit Jahren. Doch abseits der großen Vereine - allen voran FC Bayern und VfL Wolfsburg - gibt es auch in Deutschlands höchster Spielklasse noch viele Spielerinnen, die von ihrem Sport nicht leben können. Von dem Status der Profiliga ist man noch weit entfernt.

Schult über England: "In Deutschland sind wir noch weit davon entfernt"

Diesen gibt es in Europa aktuell nur in England. Die Women`s Super League ist eine Profiliga. Dort schafft es Spitzenverdienerin Sam Kerr (Australien) auf ein Jahresgehalt von rund 500.000 Dollar. Das liegt auch an den Bestrebungen des englischen Fußballverbandes FA: "In England gibt es einen Tarifvertrag. In Deutschland sind wir noch weit davon entfernt", erklärt Schult und verweist darauf, dass auch Trainingsgelände und Infrastruktur deutlich höhere Standards erfüllen muss, als das in Deutschland der Fall ist.

Ist die Super League als das große Vorbild für die Bundesliga? "Auf der einen Seite ist es zwar gut, wenn es den Vereinen selbst überlassen ist, sie eine eigene Motivation haben, sich weiterzuentwickeln. Auf der anderen Seite sind Auflagen gut, um Standards zu etablieren", sagt Schult. So wie der FC Bayern, der es immer wieder schafft, auch Stammspielerinnen von englischen Vereinen abzuwerben - was sicherlich nur mit einem guten Gehalt funktioniert. Doch kleinere Vereine haben dafür aktuell nicht die nötigen Mittel - "oder nicht den Mut, Investitionen zu tätigen", sagt Schult. Mit einem guten Abschneiden bei der Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland würden die deutschen Fußballerinnen weitere gute Argumente sammeln, um einen ähnlichen Schritt wie in England irgendwann unausweichlich zu machen.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!

Quelle: BR24Sport im Radio 20.07.2023 - 11:54 Uhr