Harry Kane bei einem seiner letzten Auftritte für Tottenham Hotspur

Ablöse für Harry Kane Mehr als 100 Millionen Euro: Chronik der Rekordsumme

Stand: 11.08.2023 11:31 Uhr

Der neue Rekordtransfer des FC Bayern heißt Harry Kane: Mehr als 100 Millionen Euro müssen die Münchner an Tottenham überweisen, sofern der Deal offiziell perfekt wird. Dabei hatte man in München eigentlich ausgeschlossen, jemals so viel zu bezahlen.

Von Raphael Weiss

"Kein Spieler der Welt ist 100 Millionen Euro wert", es ist nicht lange her, dass Uli Hoeneß dieser Meinung war. Es war der Januar 2019. "Ich möchte keinen Spieler für 100 Millionen Euro kaufen, auch wenn ich sie hätte. Dafür ist mir das Geld zu schade", erklärte Hoeneß vor viereinhalb Jahren weiter. Dass diese Aussage vielleicht auch damals schon ein wenig populistisch wirkte und als Seitenhieb auf den ehemaligen BVB-Spieler Ousmane Dembélé zu verstehen war, der kurz zuvor für 135 Millionen Euro nach Barcelona gewechselt war, zeigte sich auch daran, dass der FC Bayern kurz darauf die Verpflichtung von Lucas Hernández bekannt gab. Kostenpunkt: 80 Millionen Euro.

Hoeneß über Kane: "Das wäre kein Transfer für den FC Bayern"

Klar, 80 Millionen sind keine 100 Millionen, aber die Transfermarkt-Schelte war auch damals aus Hoeneß Mund nur wenig überzeugend. Vier Jahre, einen Rücktritt aus dem operativen Geschäft und ein Comeback später sprach Hoeneß erneut über die 100 Millionen-Euro-Transfers: "Ich kann mir schon vorstellen, dass ein Spieler kommt, der 100 Millionen Euro kostet", sagte Hoeneß im Frühling dieses Jahres - und hatte allerdings eine wichtige Einschränkung: Dieser Spieler sollte, wenn es nach Hoeneß ging, nicht den Nachnamen Kane tragen. "Der ist fast 30 Jahre alt. Letztes Jahr hat Tottenham ein Angebot von City über 160 Millionen Euro abgelehnt. Deshalb habe ich gesagt, das wäre kein Transfer für den FC Bayern."

Kane: Zweitteuerster Ü30-Spieler der Geschichte hinter Ronaldo

Nun ist er wohl da, der erste 100-Millionen-Transfer in der Ära des FC Bayern und trägt - aller Voraussicht nach - den Namen Kane. Mit dem Kauf tragen sich die Münchner in die Geschichtsbücher ein. Zum 16. Mal in der Geschichte des Profi-Fußballs wurde die Transfersumme von 100 Millionen Euro geknackt. Allerdings wurde diese Summe erst zum zweiten Mal in der Geschichte für einen Spieler jenseits der 30 gezahlt. Einzig der damals 33-jährige Cristiano Ronaldo war Juventus Turin im Sommer 2018 117 Millionen Euro wert. Zudem ist es das erste Mal, dass ein Spieler, der nur noch ein Jahr Vertrag hat, so viel Geld kostet wie Harry Kane - ein Rekord, der allerdings noch gebrochen werden könnte, sollte Kylian Mbappe noch diesen Sommer wechseln.

Dabei wollte der FC Bayern die magische 100-Millionen-Euro-Marke eigentlich auch für Kane nicht brechen. Doch in langen Verhandlungen, dafür in großen Schritten, kamen die Münchner den Forderungen von Tottenham näher und näher. 70 Millionen war das Einstiegsangebot des Rekordmeisters, 117 Millionen die Forderung aus London. 80 Millionen lautete das zweite Gebot, London blieb bei 117 Millionen. 95 Millionen Euro war der letzte verzweifelte Versuch - inklusive Deadline und dem Pochen darauf, dass es wirklich das letzte Angebot sei - den Transfer unter 100 Millionen Euro zu halten. In London blieb man bei 117 Millionen. Es brauchte ein viertes Angebot und nun sind es also, so berichten es die meisten Medien, mehr als 100 Millionen Euro fix und bis zu 117 Millionen Euro inklusive Boni. Und der FC Bayern ist endgültig in der Realität des aufgeblähten Transfermarktes angekommen.

Makaay, Martinez, Ribéry und Hernández - die Annäherung an die 100 Millionen

Der Weg zur 100-Millionen-Marke begann mit einem ähnlich langwierigen Transfer vor genau 20 Jahren. Damals wechselte Roy Makaay von Deportivo la Coruña zum FC Bayern. Nach zähen Verhandlungen zahlte man die damals astronomische Summe von 19,75 Millionen Euro. Vier Jahre sollte diese Rekordsumme halten, ehe ein gewisser Franck Ribéry für 30 Millionen Euro von Marseille nach München wechselte. Fünf Jahre später gab Ribéry die Pole-Position an Javi Martínez ab, der 2012 für 40 Millionen aus Bilbao kam. Corentin Tolisso war 2017 nur unwesentlich teurer (41,5 Millionen) und durfte sich anschließend für zwei Jahre "Rekordeinkauf" nennen, ehe der Hernández-Transfer die Martínez-Summe verdoppelte.

Seither waren Transfers jenseits der 40 Millionen-Marke Münchner Alltag: Mit Leroy Sané (49 Mio.), Dayot Upamecano (42 Mio.), Matthijs de Ligt (67 Mio) und Min-jae Kim (50 Mio.) hat der FC Bayern in jeder Saison seit 2019 für mindestens einen Spieler mehr als 40 Millionen Euro ausgegeben. Dabei ist auffällig, dass der FCB vor allen Dingen für Defensiv-Spieler tief in die Tasche greift. Kane ist mit Sané und Mario Götze (37 Mio. / Platz 10) nur einer von drei Offensiv-Spielern in der Top10 der teuersten FC-Bayern-Spieler.

Kanes Auftrag: Champions-League-Sieg

Ob sich dieser neue Rekord-Transfer lohnen wird, bleibt abzuwarten. Es ist ein hohes Risiko, das die Münchner mit Kane eingehen. Einen hohen Wiederverkaufswert wird es wohl kaum geben, sollte Kane in einigen Jahren München wieder verlassen wollen. Auch ein hoher Erlös durch Trikotverkäufe - vergleichbar mit denen von Ronaldo, Lionel Messi oder Neymar - ist ebenfalls nicht zu erwarten, dazu fehlt Kane der Marketing-Wert. Der Engländer muss also sportlich zu einhundert Prozent überzeugen. Der Auftrag ist klar: Mit Kane will der FC Bayern wieder einmal die Champions League gewinnen. Dann hat sich der Transfer gelohnt. Nicht nur für den FC Bayern, sondern auch für Kane.

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Quelle: BR24Sport 10.08.2023 - 18:30 Uhr